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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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angewiesen wie du. Ohne Karen hätte ich niemals ins Leben zurückgefunden. Du hast mich von Anfang an abgelehnt. Aber Karen … Ihr Blick hat gesagt, dass ich leben soll. Sonst hätte ich es nicht getan. Ich wäre einfach gestorben.“ Sie hatte es nie zuvor ausgesprochen. Es war ihr auch nie bewusst gewesen. Aber es stimmte. „Ich verdanke ihr mein Leben“, flüsterte sie ergriffen.
    „Da hast du recht“, sagte Arvin kalt. Sein Mund war verzerrt, dadurch wirkten seine Worte, als würde er sie Livia vor die Füße spucken. „Du verdankst Karen dein Leben. Und deshalb werde ich auch nie verstehen, warum du es ihr nicht gedankt hast. Warum du nicht da warst, als sie Hilfe brauchte. Warum du nicht mal einen Arzt gerufen hast.“
    Livia begann zu zittern. „Sie war schon tot, als ich sie fand, Arvin. Und das war … Es war richtig so!“
    „Nein, es war nicht richtig so“, fuhr Arvin sie an. „Der Tod ist niemals richtig!“
    „Richtig ist vielleicht das falsche Wort“, wand sich Livia. „Aber Karen war bereit zu sterben. Oh, wenn du nur ihr Gesicht gesehen hättest, dann wüsstest du, was ich meine. Der Tod war … wie soll ich sagen … in Ordnung für sie.“
    „War er nicht!“, brüllte Arvin. „Weil sie nicht gefragt wurde. Gott hat es entschieden. Einfach so. Er hat sie mir weggenommen. Wie er mir alles wegnimmt, was ich liebe.“ Arvin verstummte so abrupt, dass die Stille, die nun entstand, eine eigene Sprache sprach.
    Livia wusste sofort, dass er etwas gesagt hatte, was er niemals hatte sagen wollen. Als läge das Gewicht dieser Tatsache schwer auf seinen Schultern, begann er zu taumeln und musste sich für einen Moment am Grabstein festhalten.
    „Du hast genauso wenig Frieden mit Gott wie ich“, stellte Livia überrascht fest.
    Arvin schloss die Augen. Dieses Mal konnte er nicht widersprechen.
    „Mach wenigstens Frieden mit mir“, sagte Livia leise. „Kein Mensch kann mit allem und jedem im Krieg leben. Und kein Mensch kann für immer allein sein. Wir haben beide den Menschen verloren, der uns von allen am meisten bedeutet hat. Lass uns gemeinsam damit fertig werden.“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu, streckte ihre Hand aus und griff vorsichtig nach der seinen.
    Aber er entriss sie ihr. In seinen Augen blitzte eine eisige Kälte auf. „Du bist es nicht wert, Livia. Du bist es nicht wert, dass ich dir eine dritte Chance gebe. Sieh zu, wie du allein klarkommst.“ Und damit ließ er sie stehen, machte einen großen Bogen um sie herum und ging einfach davon. So als würde es ihm nicht einmal etwas ausmachen …
    Seine Schritte hallten gespenstisch über den Friedhof, vermischten sich mit Spikes Winseln und drangen wie Pfeile in Livias Rückenmark. Aber sie wurden leiser und waren schließlich gar nicht mehr zu hören.
    Für Livia war das, als wäre das letzte bisschen Leben davongegangen. Und sie blieb allein zurück. Auf einem Friedhof.

Kapitel 36
    Als Arvin am nächsten Morgen erwachte, war es ungewöhnlich still im Haus. Und diese Tatsache war umso erstaunlicher, als er durch einen Blick auf seine Uhr feststellte, dass es bereits nach neun war.
    Er richtete sich auf und spitzte die Ohren. Normalerweise hatte er einen sehr leichten Schlaf. Wenn Livia bereits aufgestanden war und mit Spike einen Spaziergang unternommen hatte, hätte er das bestimmt mitbekommen.
    Die Erinnerung an die gestrige Nacht überfiel ihn so plötzlich, dass er sich nicht dagegen wappnen konnte, und versetzte ihm fast so etwas wie einen Schlag in die Magengegend. Glücklicherweise gelang es ihm sofort, die Gedanken zu vertreiben und durch andere zu ersetzen. In der Firma wartete man bestimmt schon auf ihn. Gestern hatte er den ganzen Tag nicht gearbeitet. Frau Baumann lief wahrscheinlich schon im Kreis und würde ihn mit einer Liste von zehn bis zwanzig Telefonnummern empfangen, die dringend abtelefoniert werden mussten. Zum Glück hatte sie sich bereit erklärt, ausnahmsweise auch mal am Samstag zu arbeiten.
    Er stand auf, ging unter die Dusche und zog sich an. Für ein ruhiges Frühstück war es schon zu spät. Deshalb beschloss er, sich nur ein Brot zu schmieren und es im Auto zu essen.
    Als er in die Küche kam, fand er den Esstisch sauber und leer vor. Das war seltsam. Entweder schlief Livia noch oder sie hatte abgeräumt, weil sie wegen gestern Nacht wütend auf ihn war. Eigentlich kein Wunder …
    Er war damit beschäftigt, die Butter hervorzukramen, als es plötzlich an der Tür klingelte.
    Ohne es zu

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