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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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dem Ganzen ziemlich negativ hervorstach. Es sah völlig verwildert aus und war mit Unkraut, Laub und vertrockneten Pflanzenresten übersät. Bei näherem Hinsehen konnte man allerdings erkennen, dass hier einmal Blumen gestanden hatten, jedenfalls gab es noch zwei kleinere Hortensienbüsche, ein paar Christrosen, die sogar blühten, und ein paar saftige Blätter, die an Primeln erinnerten.
    Livia war seltsam fasziniert und betrachtete das Beet, als erzählte es ihr irgendeine Geschichte. Nellie winselte ein paarmal und zog an der Leine, um deutlich zu machen, dass sie jetzt endlich wieder reinwollte. Aber Livia reagierte nicht auf sie. Sie war wie hypnotisiert und wurde von dem Beet magnetisch angezogen. Ohne es richtig entschieden zu haben, trat sie noch ein paar Schritte näher, ging neben den Primeln in die Hocke und berührte ein paar der Blätter mit ihren Fingerkuppen. Und dann war es wieder da! Das Bild, das sie schon einmal vor Augen gehabt hatte. Das Bild mit den bunten Blumen … Sie blinzelte ein paarmal und konnte ihre Empfindungen nicht wirklich einordnen. Oder doch? War das hier der Ort, den sie da vor sich sah?
    Sie erhob sich, trat ein paar Schritte zurück und betrachtete das Beet noch einmal aus etwas größerer Entfernung. Im Grunde gab es keinen Zusammenhang mit dem Bild, das sie vor Augen hatte und das seltsamerweise auch nicht wieder verschwand. Sie sah ein Rechteck aus blauen Hyazinthen, das mit einem Herz aus Tulpen und Osterglocken gefüllt war, daneben herrliche Christrosen, Astern und Hortensien … Sie schluckte schwer. Hyazinthen, Tulpen und Osterglocken waren Zwiebeln und steckten vielleicht noch in der Erde. Um diese Jahreszeit war es jedenfalls nicht verwunderlich, dass sie nicht zu sehen waren. Aber es war möglich, dass sie im Frühjahr wieder hervorkrochen! Vielleicht … ihr Herz tat einen übermütigen Sprung … war es sogar möglich, dass sie dieses Beet wieder in Schuss brachte …? Wenn sie den Abfall entsorgte, das Unkraut ausjätete, die Stauden beschnitt und alles düngte und wässerte …
    Auf einmal gab es kein Halten mehr. Livia wirbelte so schnell herum und eilte dann mit einem solchen Tempo aufs Haus zu, dass Nellie kaum hinter ihr herkam.
    „Mutter!“, keuchte Livia, als sie ihre Eltern schließlich in der Küche aufgespürt hatte. Die beiden saßen nebeneinander am Esstisch und hatten einige Zettel vor sich ausgebreitet.
    „Das Beet da draußen“, sprudelte es aus Livia hervor. „Du weißt schon, das Blumenbeet neben den Gemüsebeeten. Gehört das mir?“
    Inge und Dieter tauschten einen Blick.
    „In der Tat hast du dort mal Blumen angepflanzt“, antwortete Dieter.
    Ich wusste es. „Könnte ich es dann wiederhaben?“, fragte Livia aufgeregt. „Ich meine … ihr braucht es doch nicht und man könnte es in null Komma nichts wieder herrichten. Ich hab schon ein paar Ideen im Kopf! Ich weiß natürlich nicht, wo sich die Blumenzwiebeln befinden, aber das merke ich dann ja im Frühjahr. Dann pflanze ich halt ein paar Sachen um. Ist gar nicht schlimm!“
    Inge verschränkte die Arme vor der Brust und sagte vorwurfsvoll: „Ich dachte, du erinnerst dich nicht an deine Vergangenheit …“
    „Bei den meisten Sachen ist das auch so!“, lachte Livia. „Aber bei den Blumen nicht! Die Anordnung der Hyazinthen zum Beispiel, die ist mir schon vor langer Zeit wieder eingefallen. Verrückt, nicht?“
    Inges Blick verfinsterte sich noch mehr. „Ja, verrückt“, nickte sie. „Vor allem, weil diese Blumen das Sinnloseste waren, was auf unserem Hof jemals angebaut wurde. Du hast sie damals weder verkauft noch verschenkt. Sie standen einfach nur so da und wuchsen. Ich durfte mir noch nicht mal welche pflücken, wenn ich irgendwo eingeladen war.“
    „Oh“, machte Livia.
    „Ja, oh“, fauchte Inge. „Und deshalb kriegst du dieses Beet auch nicht wieder. Ich werde es verwenden, um Erdbeeren dort anzupflanzen. Das hab ich schon lange vor. Unsere Marmelade hat dieses Jahr kaum gereicht. Und das, obwohl wir einer weniger waren …“
    Livia schluckte schwer. „Ich … ich lege aber gar keinen Wert auf Erdbeermarmelade …“
    „Dann pflanz ich halt Erbsen. Die isst dein Vater so gern …“
    „Aber, ich … ich möchte dieses Beet zurück“, flehte Livia. „Es ist wichtig für mich, versteht ihr? Es macht mich glücklich!“
    „Apropos glücklich“, sagte Dieter und warf seiner Frau einen auffordernden Blick zu.
    Livia hob die Augenbrauen.
    Inge warf einen kurzen

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