Als ich unsichtbar war
Freundschaft, die uns verband, werde ich immer in meinem Gedächtnis bewahren, und jetzt möchte ich einen Kameraden, wie sie es war. Ich möchte für ein Wesen sorgen, das sich nicht all meiner Einschränkungen und Gebrechen bewusst ist. Trotz meines Enthusiasmus gefällt meiner Mutter die Idee keineswegs. Sie will nicht noch jemanden haben, um den sie sich kümmern muss, und schon gar nicht einen großen Hund, der überall Haare und Schmutz hinterlässt.
Am Ende war es Kim, die mir zu Hilfe eilte, als sie Anfang des Jahres zu Besuch aus England kam. Sie erkannte sehr schnell, dass ich härter als je zuvor arbeitete – zeitweise buchstäblich Tag und Nacht – und manchmal nur zu vier oder fünf Stunden Schlaf kam, weil ich mit allem Schritt halten wollte.
Es ist April 2005, fast vier Jahre nach meinen ersten Tests, und seitdem habe ich nie aufgehört zu arbeiten. Es ist, als könne ich es mir nicht leisten, das Leben mal für eine Sekunde loszulassen, nachdem man mir eine Perspektive geboten hat. Ich gehe nicht aus und habe keine Hobbys. Außer Arbeit gibt es nichts, weil ich darum kämpfe, nicht nur den Anforderungen zu genügen, sondern mich immer weiter zu verbessern. Da es so lange nur Stillstand bei mir gab, möchte ich mich weiterentwickeln. Dabei kann ich immer noch nicht begreifen, dass man mir Gelegenheiten dazu bietet. Ich lebe ständig in der Angst, man könne entdecken, wie wenig Lebenserfahrung ich habe, deshalb arbeite ich so hart, um zu kompensieren, was ich als Mangel empfinde und mir das Gefühl gibt, ein Betrüger zu sein.
Nachdem man mir den Auftrag erteilt hatte, als Verantwortlicher die Webseite des Gesundheitszentrums neu zu gestalten, wurde ich von meinem dortigen Job vorübergehend in ein Wissenschaftliches Forschungsinstitut versetzt, wo ich bei der Entwicklung von behindertengerechten Internet-Ressourcen helfe. Derzeit arbeite ich drei Tage pro Woche im Kommunikations-Institut und zwei Tage im Wissenschaftlichen Forschungsinstitut.
Nach Dienstschluss arbeite ich weiter daran, den Bekanntheitsgrad von AAC zu erhöhen, und ich sitze im Vorstand einer nationalen Organisation für Menschen wie mich, die über eine geringe oder gar keine Sprachfähigkeit verfügen. Im Januar unternahm ich meine erste Flugreise im Rahmen einer Wohltätigkeits-Tour mit Kurztrips in fünf Städte, um Spenden für eine Veranstaltung zu sammeln. Ich fragte mich, weshalb Vögel überhaupt jemals auf die Erde zurückkehren, denn mein Körper fühlte sich völlig frei, als das Flugzeug vom Boden abhob.
Wenn ich nicht gerade meiner bezahlten oder freiwilligen Arbeit nachgehe, studiere ich.
All diese Aktivitäten überzeugten Kim bei ihrem Besuch, dass sich etwas ändern müsse. Sie sah, dass es in meinem Leben nichts außer Arbeit gab, deshalb redete sie mit Mam und Dad, die schließlich damit einverstanden waren, dass ich einen Hund bekam.
»Vergiss nicht, dass du dich um ihn kümmern musst«, warnte mich Mam. »Du musst ihn füttern und mit ihm spazieren gehen. Ich muss hier im Haus schon für vier Personen sorgen, der Hund ist also deine Sache.«
»Ich werde dich um keinerlei Hilfe bitten«, versprach ich ihr, obwohl ich erst noch lernen musste, was es hieß, einen übermütigen jungen Labrador im Rollstuhl auszuführen.
So hatte die Suche nach Kojak also begonnen. Obwohl mir alle einen kleinen Hund empfahlen, hatte ich mein Herz an einen goldenen Labrador verloren, da mir diese Tiere als die glücklichsten von allen erschienen. Ich schaute mir einige Würfe an, sah jedoch viele Welpen, die zu schwach wirkten, während andere physische Merkmale besaßen, die darauf hinwiesen, dass sie nicht korrekt gezüchtet worden waren. Ich konnte mir keinen Rassehund mit erstklassigem Stammbaum leisten, daher wartete ich einige Monate, um den einen zu finden, der perfekt zu mir passte. Dann erhielt ich von einer Züchterin den Tipp, es gebe da einen jungen Labrador, den sie verkauft habe, und für den werde jetzt ein neues Zuhause gesucht. In dem Moment, als ich Kojak sah, wusste ich, dass er für mich bestimmt war.
Sich um einen Wildfang wie ihn zu kümmern erweist sich als schwieriger, als ich erwartet hatte. Kaum dass er uns mit seiner Anwesenheit beglückt hatte, gab es auch schon die ersten Auseinandersetzungen. Sekunden nachdem ich die Haustür geschlossen hatte, machte er sich auf den Weg, da es in jedem Winkel seines neuen Zuhauses etwas zu schnüffeln gab, und als er ins Wohnzimmer rannte, fegte er mit seinem
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