Als ich vom Himmel fiel
Gelände unter Naturschutz zu stellen. Zwar hieß es nun, noch einmal von vorne zu beginne n – immerhin hatte ich bereits einen Antrag an die ursprüngliche Naturschutzbehörde gestell t –, aber ich sah, dass es sich lohnte, die ganze Arbeit erneut und noch detaillierter zu machen. Denn inzwischen konnten wir dank unserer Sponsoren das bislang 18 6 Hektar umfassende Gelände auf 70 0 Hektar erweitern. Wir haben es neu vermessen lassen und hoffen, es nun so bald wie möglich in ein privates Naturschutzgebiet verwandeln zu können. Denn dann hat unser Bemühen um die Erhaltung des Geländes einen neuen, offiziellen Status, sowohl der umliegenden Bevölkerung gegenüber als auch bei den Behörden. Es wird noch mehr respektiert werden, denn es gibt leider heute noch viel zu viele, die nur den kurzfristigen Gewinn erstreben. In Panguana leben eine Menge Tiere, und leider gibt es auch Menschen, die in ihnen nur das Wild sehen, das man jagen könnte. Aber das kommt für uns natürlich nicht in Frage. Außerdem enthält unser Wald eine Menge Edelhölzer, und es gibt Prospektoren, die auf der Suche nach Mahagonibäumen durch die Regenwälder ziehen. Haben sie einen gefunden, versuchen sie, ihn dem Besitzer für 5 0 Dollar oder weniger abzuschwatzen, um ihn dann mit einem vielfachen Gewinn weiterzuverkaufen. So ein Baum braucht mehr als 10 0 Jahre, um eine Größe zu erreichen, die ihn für die Holzhändler interessant macht, und bei uns in Europa endet er dann als Fensterkreuz. Die wundervollen Lupuna-Bäume, denen die Indianer magische Kräfte zuschreiben, werden zu Sperrholz verarbeitet.
Moro ist es durch seinen Einsatz gelungen, all die Jahre unsere Tiere und Pflanzen zu schützen. Mit Sicherheit wird es für ihn einfacher sein, wenn Panguana den offiziellen Status eines Naturschutzgebietes erhält. Auch unsere indianischen Nachbarn, die in einigen Kilometern Entfernung leben, haben verstanden, worum es uns geht, und haben versprochen, dass sie das Gelände respektieren. Auch sie binden wir in unsere Pläne mit ein, und im Gegenzug unterstützen wir sie in ihren Anliegen, damit aus der ganzen Sache ein Miteinander wird, was langfristig für alle Beteiligten nur von Vorteil sein kann. Denn das haben viele Menschen inzwischen begriffen: Ist der Wald erst zerstört, dann braucht es Jahrhunderte, bis er wieder nachgewachsen is t – wenn dies überhaupt geschieht. Inzwischen ändert sich das Klima, und die Flüsse trocknen aus. Die Jüngeren sehen das möglicherweise eher ein als die Älteren. Aber ich bin mir sicher, dass wir da viel bewegen können. Panguana hat heute schon als Forschungsstation Modellcharakter, als Naturschutzgebiet kann es das durchaus ebenfalls erreichen. Es müssen nicht immer riesige Nationalparks sein, auch kleine Flächen haben ihren Sinn, und natürlich werden wir nach und nach versuchen, das Gelände stetig zu vergrößern.
Wieder einmal packen wir unsere Koffer. Unsere Zeit in Panguana neigt sic h – für dieses Ma l – dem Ende zu. Nun geht es wieder zurück nach Pucallpa und von dort über die Anden nach Lima. Hier warten einige entscheidende Termine beim Ministerium auf mich, und ich freue mich schon darauf, einen weiteren Schritt auf unser Ziel hin machen zu können.
Alles begann hier im Urwald. Während meiner Odyssee, zwischen Tod und Leben, erhielt ich ein völlig neues Verhältnis zu den Dingen. Ich habe gelernt, dass nichts, vor allem nicht das Leben, selbstverständlich ist. Seither lebe ich jeden Tag, als sei es mein letzter. Dazu gehört auch, keine Streitigkeiten mit in die Nacht zu nehmen, so wie meine Eltern es mir vorgelebt haben. Und die Ehrfurcht vor der Natur, die hat sich bereits als Kind tief in mein Herz eingebrannt. Ich habe später festgestellt, dass nicht alle Biologen so denken. Meine Eltern haben mich nie belehrt, sie haben mir die Achtung vor der Natur als Selbstverständlichkeit vermittelt, und das ist für mich heute das wichtigste Erbe.
Das Damals ist vergangen, und doch prägte es das Heute. Und ebenso prägt dieses Heute das Morgen. Der Regenwald ist so unbeschreiblich mannigfaltig, und obwohl seit Jahrzehnten daran gearbeitet wird, begreifen wir erst einen Bruchteil dessen, was ihn ausmacht. Auch in Panguana können wir nach rund einem halben Jahrhundert wissenschaftlicher Arbeit immer noch unendlich viel entdecken. Es gibt Kollegen, die untersuchen wochenlang einen einzigen umgestürzten Baumstamm und finden gleich Hunderte neuer Insektenarten. Panguana
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