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Als ich vom Himmel fiel

Als ich vom Himmel fiel

Titel: Als ich vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Koepcke
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Schuler, die aus Pozuzo stammte, einem Ort, der im 19 . Jahrhundert von Rheinländern und Südtirolern gegründet worden war. Ihr Mann, Don Vittorio Módena, war in Trient geboren. Die beiden bewirtschafteten mit ihrer Familie eine wunderschöne Farm direkt über der Mündung des Yuyapichis in den Río Pachitea. Dies war die Stelle, an der wir immer an Land gingen, um unseren beschwerlichen Fußmarsch nach Panguana anzutreten.
    Wie gerne kehrte ich bei Doña Josefa Schuler ein! Sie machte das beste Brot des ganzen Urwalds, das man aufgrund ihrer Abstammung »Pan Alemán« nannte, obwohl manche Zutate n – Kochbananen und Mai s – nicht gerade typisch deutsch waren. Frühmorgens um vier stand sie auf, um dieses leicht süße Brot zu backen, und ich liebte seinen Duft und seinen außergewöhnlichen Geschmack. Immer, wenn wir vorbeikamen, wurden wir herzlich eingeladen. Einmal schenkte Doña Josefa meinen Eltern sogar einen ganzen Laib, und zu meinem Entsetzen lehnten die ab, sagten, sie könnten das unmöglich annehmen. Ängstlich verfolgte ich das Hin und Her, und als am Ende das Brot dann doch, in ein Tuch eingeschlagen, in unserem Gepäck landete, atmete ich auf. Bei Doña Josefa gab es auch eine andere Kostbarkeit: süßen Rahm, den sie von der Milch ihrer Kühe abschöpfte, eine Seltenheit bei diesen heißen Temperaturen. Ich sehe mich noch vor einem Teller mit gebratenen Bananen sitzen, eine Haube Rahm darüber! Später ließ sich meine Mutter vom Brotbackvirus anstecken. In der Dschungelmetropole Pucallpa trieb sie Sauerteig auf, der auf der Heimreise durch die starke Wärme die Plastiktüte sprengte, in die er eingepackt war. In unserem Urwaldcamp pflegten wir ihn täglich, und so kamen wir zu Sauerteigbrot, das zunächst in einer Backhaube, danach auf einem Primuskocher und später, als wir noch besser eingerichtet waren, auf einem zweiflammigen Petroleumherd gebacken wurde.
    Wenn ich heute mit Moro spreche, werden mir die Veränderungen im Regenwald immer wieder deutlich. Damals waren bestellte Felder weit von den Farmen und von Panguana entfernt, heute sind sie schon gefährlich nahe gerückt. Was mit ein Grund ist, Panguana zum Naturschutzgebiet erklären zu lassen. Aber auch das Klima hat sich geändert: Heute ist es viel heißer als früher. Moro lacht dann und meint, heute könnte ich nicht mehr wie damals als Jugendliche überall mitarbeiten. Dann erinnert er mich daran, wie ich bei der Maisernte half, beim Brechen der Kolben, beim Abreiben der Körner. Auch beim Schlachten war ich immer mit dabei. Ich wurde schnell zum »Urwaldkind«, und ich war dort genauso mit allem zufrieden wie meine Eltern. Freunde, die uns besuchen kamen, erinnerten mich später immer wieder daran: »Wir haben noch nie ein Ehepaar erlebt«, sagen sie dann, »das so vollkommen glücklich war wie deine Eltern dort im Urwald.« Für viele war es gar nicht zu fassen, wie zwei Menschen so perfekt miteinander harmonieren konnten und ihr Leben als derart erfüllt empfande n – und das auch noch unter so beschränkten Bedingungen. Wir allerdings sahen es nicht so; was an Bequemlichkeit fehlte, machte der Reichtum der Natur um uns herum längst wieder wett. Wahrscheinlich war es für meine Eltern wirklich das Shangri-La, das andere ein Leben lang suchen und niemals finden: der Himmel auf Erden, ein Ort des Friedens und der Eintracht, weltabgeschieden und überirdisch schön. Meine Eltern hatten es für sich entdeckt und dort ihr Glück gefunden: Panguana, das Paradies am Río Yuyapichis.
    Und ich? Ich liebte die Selva, wie der Regenwald in Südamerika genannt wird. Und dennoch freute ich mich auch auf jeden Besuch in der Stadt, wo es meinen Eltern immer viel zu laut und zu geschäftig war. Aber ich konnte mal wieder mit meinen Freundinnen ins Kino gehen oder mit ihnen in meiner Lieblingsbar einen Milkshake trinke n – und kamen wir dann zurück, war ich wieder gerne das »Urwald-Mädchen«. Dazu gehörte: mit den Vampirfledermäusen unter einem Dach zu leben, den Kaimanen im Yuyapichis aus dem Weg zu gehen, mit dem Einbaum über den Fluss zu staken, morgens sorgfältig die Gummistiefel auszuschütteln, falls es sich eine giftige Spinne darin bequem gemacht haben sollte, auf die vielen Schlangen zu achten, weil der Wald damals noch bis an die Häuser reichte. Was mir meine Eltern in jener Zeit über das Leben in der Wildnis beibrachten, rettete mir später das Leben.
    Morgens um sechs Uhr gingen wir in den Wald, oft noch vor dem

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