Als ich vom Himmel fiel
ins Katasteramt, und das muss ich jetzt natürlich alles nachholen lassen. Denn wenn ich Panguana in erweiterter Form im Umweltministerium in Lima als Naturschutzgebiet deklarieren lassen will, kann ich nicht mit solchen Papieren auftauchen.
»Hier«, sagt Moro bedrückt, »schau dir das an.«
Einer der Grundstücksbesitzer hat uns eine Parzelle als Primärregenwald verkauft. Das trifft auch für den größten Teil der Fläche zu. Ein zum Glück kleiner Rest aber ist Viehweide, die noch dazu seit Jahren vom Nachbarn genutzt wird.
Das ist ärgerlich. Doch jetzt kommt es darauf an, wie genau die Grenze verläuft und ob der Besitzer des angrenzenden Grundstücks bereit ist, sein Vieh woanders weiden zu lassen. Diese Sache zeigt, wie dringend notwendig es ist, den verbliebenen Regenwald vor der Abholzung zu schützen. Hier wird man wohl Zäune ziehen müssen. Moro schaut nicht gerade begeistert drein, weiß er doch, dass diese Aufgabe an ihm hängen bleiben wird. Schließlich ist er seit dem Jahr 2000 offizieller Verwalter von Panguana.
Unser Weg führt uns an diesem Tag zu einem Anwalt, der sich nun um die Eintragungen ins Grundbuch kümmern wird. Jedenfalls hoffe ich das. Mein Besuch im letzten Jahr bei einem Notar in der für Panguana zuständigen Provinzhauptstadt Puerto Inca hatte nämlich nicht den von mir gewünschten Erfolg. Außer einer Rechnung, die der Notar relativ flott ausstellte, passierte nichts. Aus diesem Grund bin ich ein wenig skeptisch, wie sich wohl der neue Anwalt anstellen wird. Doch nach dem schweißtreibenden Besuch in seinem winzigen Büro direkt neben einer sonnenbeschienenen Dachterrasse bin ich guter Dinge: Endlich scheine ich einen Juristen gefunden zu haben, der weiß, was er tut. Da macht es mir auch nichts aus zu erfahren, dass ich von Panguana aus nach Puerto Inca muss, um dort auf dem Rathaus eine längst überfällige Gebühr für alle acht Grundstücke zu bezahlen. Eventuell kann ich schon dort auf dem Rathaus eine der Eintragungen vornehmen. Ob das möglich sein wird, das kann mir hier in Pucallpa niemand sagen, das werden wir dort herausfinden. In Puerto Inca wohnt außerdem der Vieh züchtende Nachbar des einen neuen Grundstücks, und ich hoffe, mit ihm gleich die Frage nach der Viehweidennutzung klären zu können.
Beschwingt nehmen Moro, seine Frau Nery, mein Mann und ich zwei der zahllosen, bunten und wie wild herumflitzenden Motocars; das sind lustige, durch Motorräder angetriebene Rikschas. Sie prägen seit einigen Jahren das Straßenbild von Pucallpa, erfüllen die Stadt mit ihrem Höllenlärm und stinkenden Abgasen und machen es einem einfach, sich von einer Ecke der Stadt in die andere zu bewegen. Mir macht es Spaß, mich in diesen überdachten Zweisitzern, in die man sich auch zur Not mal zu dritt quetschen kann, durch die Gegend schaukeln zu lassen, mit den meist jungen Fahrern zu plaudern, die neuesten Geschichten aus der Stadt erzählt zu bekommen.
Unser Ziel ist der Markt, auf dem wir immer etwas einzukaufen haben, sei es ein Paar neue Gummistiefel oder ein Laken oder Badetücher für Panguana, einige luftdicht verschließbare Plastikbehälter für die erhoffte Insektenausbeute meines Mannes, der wie ich Zoologe ist und parasitische Schlupfwespen studiert. Oder den Regenwaldhonig, der flüssig ist und gar nicht sehr süß, sondern eher säuerlich-bitter schmeckt. Die wilden stachellosen Bienen nisten in hohlen Bäumen, und um ihren Honig zu ernten, muss man den Baum von hinten vorsichtig aufsägen und die topfförmigen Waben rasch entwenden. Nach Verschließen des Nestes produzieren die Bienen dann wieder neuen Honig. Da wir schon dabei sind, gehen wir auch an den Ständen vorbei, die Heilkräuter und -mittelchen aller Art verkaufen, und erstehen eine Creme aus der Pflanze Uña de Gato, dem Krallendorn, die gegen alles Mögliche helfen soll, und eine Wurzel gegen Zahnschmerzen, denn ausgerechnet wenige Tage vor meiner Abreise stellte der Zahnarzt fest, dass einer meiner Zähne eine Wurzelbehandlung benötigt.
Ich liebe diesen Markt, das farbenfrohe Angebot aus Früchten, Gemüse und Knollen, das Sammelsurium an Dingen des täglichen Lebens, wie man sie in einer Urwaldstadt eben braucht. Oft kam ich mit meiner Mutter auf unserer Durchreise zwischen Lima und Panguana hierher, und immer hatten wir eine lange Einkaufsliste.
Die haben wir auch heute. Denn wir müssen unsere Lebensmittel für Panguana, alles, vom Trinkwasser bis zum letzten Stückchen Klopapier,
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