Als könnt' ich fliegen
waren. »Von welcher Wette hat der die ganze Zeit gefaselt?«
»Nichts Wichtiges«, sagte ich. »Kannst du getrost vergessen.«
Die Musiker eröffneten das Konzert.
11
1. September, Sonntag, 2 Uhr
Sven war grad noch bei mir im Zimmer. Er hat mich mit Tobias auf dem Konzert im Shark gesehen. Ich bin nicht der Typ, der in der Öffentlichkeit großartig rumknutscht. Aber Sven hat trotzdem mitgekriegt, dass ich mit Tobias zusammen bin.
Er wollte wissen, wie ernst es mir ist. Ich hab ihm gesagt, dass ihn das überhaupt nichts angeht. Da war er anderer Ansicht. Schließlich sei er es, der sich nachher das Gejammer anhören könne. Dieser Blödmann! Welches Gejammer? Als wenn ich ihm schon jemals etwas vorgejammert hätte! Jedenfalls nicht mehr als er mir. Und außerdem: Warum sollte ich überhaupt jammern? Ich bin so happy wie noch nie in meinem Leben. Aber statt dass er sich mit mir freut, tut er so, als stecke ich mitten in irgendeiner Katastrophe. Er ist ein Vollidiot!
Der Abend mit Tobias war wunderschön. Obwohl er ein bisschen komisch angefangen hat. Da waren so beknackte Typen, die was von irgendeiner Wette faselten. Die waren ziemlich aggressiv. Aber nachdem sie abgedampft waren, wurde Tobias schnell wieder locker.
Die Musik war ziemlich gut. Und ich fühlte mich die ganze Zeit genauso. Nachher hat Tobias mich nach Hause gebracht. Die Trennung ist mir richtig schwer gefallen. Ich wäre gern noch ein bisschen mit ihm zusammengeblieben.
Falsch! Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber getan hätte, als mit ihm zusammenzubleiben! Ich gebe ehrlich zu, dass ich so was noch nie von irgendeinem Menschen gesagt habe.
Ich bete, dass morgen schlechtes Wetter ist. Tobias will unbedingt mit mir an den Strand. Aber das geht einfach nicht. Noch nicht. Dafür kennt er mich noch nicht lange genug. Dann behält Sven am Ende doch noch Recht, und ich jammere rum. Aber nein: Das auf keinen Fall!
Wie auch immer das alles ausgeht: Ich werde stark sein!! Das ist so ziemlich das Einzige, was ich in meinem Leben bisher wirklich gelernt hab.
»Sie muss dahinterstecken«, sagte ich. »Es gibt gar keine andere Möglichkeit.«
Björn sah mich skeptisch an. »Und warum nicht? Was weißt du denn, mit wem dein Vater alles über seine Plattensammlung redet? Von welchem Altrocker er was noch gern hätte und so weiter? Kann mir nicht vorstellen, dass du da den Überblick hast.«
Ich fragte mich, warum er Ilka mit so viel Einsatz verteidigte.
»Natürlich hab ich den Überblick da nicht«, gab ich zu. »Aber wo soll die Verbindung zu solchen Typen wie Dennis sein? Wenn du mir das verraten kannst, denk ich mal drüber nach.«
»Was weiß ich denn!« Er klang ungewöhnlich gereizt. »Die Welt ist voll der verrücktesten Zufälle.« Gereizt, aber wenig überzeugt von den eigenen Worten. »Außerdem: Wo soll denn bitte schön die Verbindung sein zwischen ihr und diesen Typen?«
»Die Frage ist nicht ernst gemeint, oder?«
»Und ob.« War sie nicht, er tat nur so.
Und langsam dämmerte mir auch, warum er das machte.
»Dachtest du«, sagte ich, »du bist der Einzige, der auf ihren … äh, ich meine, der auf sie abfährt?«
Ich glaubte zuerst, nicht richtig zu sehen: Björns Gesicht überzog sich mit einem Schleier sanfter Röte.
»Laber keinen Mist!«, stieß er verlegen hervor.
»Tu ich das?« Ich konnte nicht anders. Irgendwas trieb mich weiterzumachen. »Allein Marco: Der dreht doch völlig ab, wenn sie nur in der Nähe ist. Aber so ein Typ wie Dennis ist für sie natürlich viel interessanter als dieser kleine Stinker. Ich glaub auch nicht, dass du ein Thema für sie bist. Sie spielt einfach in einer anderen Liga.«
»Oh, danke«, sagte Björn, sichtlich getroffen. »Sehr schmeichelhaft.«
»Mindestens zwei Klassen unter deiner«, erklärte ich. »Du bist einfach zu schade für sie.«
Wir grinsten und schwiegen eine Weile. Jeder dachte über seine Sachen nach.
Ich war mir sicher, dass Dennis’ Kenntnisse über die Sammelleidenschaft meines Vaters nur von Ilka kommen konnte. Trotzdem war in dieser Geschichte noch längst nicht alles klar.
»Was hat Dennis für ein Interesse an dieser Wette?«, dachte ich laut weiter.
»Ist dir schon mal aufgefallen«, fragte Björn, »dass er noch nie von einem Gegeneinsatz gesprochen hat? Was will er haben, wenn du die Wette verlierst?«
»Du hast Recht.« Ich wunderte mich, dass mir das selbst noch nicht aufgefallen war. Eine echte Lücke im System. »Was will der Typ von
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