Als könnt' ich fliegen
nächsten Runde dabei?«
Milena nickte. »Warum nicht?«
Milena kickerte, als habe sie noch nie in ihrem Leben etwas anderes gemacht. »In der Stadt, in der wir zuletzt gewohnt haben, hab ich ziemlich viel gespielt«, meinte sie.
»Das ist nicht nur Übung«, meinte Björn. Er schwitzte, nachdem er auch die Revanche vergeigt hatte. »Das ist echtes Talent.«
Auch ich hatte kaum eine Chance gegen sie. Gerade versuchte ich es zum zweiten Mal und lag sogar knapp in Führung. Als Milena den Ausgleich schaffte, klatschte jemand provozierend langsam Beifall. Es war Dennis, Papas Liebling, der plötzlich vor dem Kicker stand. Hervorragend gestylt, wie frisch vom Friseur.
»Ist sie in anderen Bereichen auch so … geübt?«, höhnte er.
Hinter ihm standen Marco und Hardy, die Arme vor der Brust verschränkt. Marco hielt eine Tasche in der Hand, und Hardy sah aus wie ein Bodyguard, wenn auch ein ziemlich schmieriger. Sein T-Shirt hatte seit Ewigkeiten kein Waschpulver gesehen. Ich sah die Anspannung in Milenas Gesicht. Sie warf Dennis vernichtende Blicke zu. Björn war sofort auf der Hut, ich auch. Ich sagte Dennis, er solle sich verziehen.
»Wer wird denn gleich so aggressiv sein?«, antwortete er und grinste. Er fischte einen Ball aus der Ablage, warf ihn hoch und fing ihn wieder auf. Es war unser letzter Ball.
»Ball her!«, zischte ich.
»Ich verstehe deine Unfreundlichkeit nicht.« Er warf den Ball noch einmal hoch. Er grinste jetzt nicht mehr. »Dabei hab ich dir so etwas Schönes mitgebracht.«
Er gab Marco einen Wink. Der reichte ihm die Tasche, die mir schon zuvor aufgefallen war.
Die kanadische Band war eingetroffen und stimmte im Hintergrund die Instrumente.
»Rate mal«, sagte Dennis, »was ich hier drinnen habe.«
»Interessiert mich nicht«, meinte ich. »Ich will den Ball.«
Wieder warf er ihn hoch. Aber ehe er diesmal dazukam, ihn aufzufangen, hatte Milena zugegriffen.
»Danke«, sagte sie. »Das ist wirklich aufmerksam von dir.«
Dennis pendelte zwischen Überraschung und Wut, entschied sich dann für eine schlecht gemimte Überlegenheit. Milena schoss das letzte Tor.
Dennis ignorierte sie. »Ich möchte aber doch«, sagte er zu mir, »dass du dir ansiehst, was ich mitgebracht habe. Schließlich hat unser gemeinsamer Freund Marco sie persönlich für dich entstaubt. Stimmt’s, Marco?«
»Na klar.« Marco war verblüfft, plötzlich wieder im Spiel zu sein. Aber kaum hatte er es kapiert, war es auch schon vorbei. Niemand schenkte ihm weiter Beachtung. Dennis zog die Platte aus der Plastiktasche. Tatsächlich war es ein typisches Schwarzdruckcover aus den Siebzigern. Mit einem verschwommenem Foto von Bob Marley.
»Das kann alles Mögliche sein«, behauptete ich. Aber ich wurde schon unruhig bei dem Gedanken, dass die Scheibe echt war. Mein Vater hätte sicher einiges dafür auf den Tisch gelegt.
»Du hast Recht«, sagte Dennis. »Es kann wirklich alles Mögliche sein. Ist es aber nicht. Ich geb dir mein Ehrenwort.«
Ich lachte kurz. »Hast du nichts Besseres zu bieten?«
Hardy wurde wütend, er drohte überzukochen. Dennis pfiff ihn zurück. So leicht ließ er sich nicht provozieren. Diese Nummer hatte er drauf. Milenas Blicke gingen aufmerksam zwischen uns hin und her.
»Also, was ist?«, fragte er. »Gilt die Wette?«
»Ich hab dir schon mal gesagt, dass mich dieser Quatsch nicht interessiert.« Was mich interessierte, war die Platte. Ich konnte es nicht leugnen. Mein Vater hatte in ein paar Wochen seinen vierzigsten Geburtstag, und ich suchte noch nach einem Geschenk. Das hier würde ihn begeistern. »Was willst du für die Platte haben?«, sagte ich. »Vielleicht kauf ich sie dir ab.«
Aber er ließ nicht mit sich reden. »Es gibt nur einen Weg zu dieser Platte«, erklärte er. »Die Wette.«
»Ja dann«, sagte ich. »Dann kann man wohl nichts machen.«
»Ich geb dir zwei Tage«, meinte Dennis. »Genau achtundvierzig Stunden. Dann bin ich wieder hier. Mit Bob. Erst mal reicht es mir, wenn du die Wette annimmst. Um sie zu erfüllen, kriegst du noch mal, sagen wir …«
Er schaute sich zu Hardy um, als erwarte er von ihm einen Vorschlag. Hardy ließ sich nicht lumpen: »Eine Woche?«
»Eine Woche!«, bestätigte Dennis und schien sich über irgendwas zu freuen. »Jetzt müssen wir aber. Solche Musik verträgt Hardy einfach nicht.« Er deutete auf die kanadischen Folkrocker. »Da wird er schnell mal aggressiv.«
»Was war das denn jetzt?«, fragte Milena, als sie verschwunden
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