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Als könnt' ich fliegen

Als könnt' ich fliegen

Titel: Als könnt' ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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mir?«
    »Erst mal will er dich heiß machen«, meinte Björn, »dich auf die Wette überhaupt einzulassen. Das dicke Ende kommt sicher noch.«
    Mein Handy klingelte.
    Björn fragte: »Wie viel liegt dir eigentlich an der Scheibe von diesem …«
    »Bob Marley«, ergänzte ich. »Mir weniger, aber meinem Vater mit Sicherheit jede Menge. Er steht auf Reggae. Vor allem, seit Marlies in Jamaika war. Und ich würde sie ihm schon gern zum Geburtstag schenken. Man wird nur einmal vierzig. Wäre ein irres Geschenk.«
    »Dann sollten wir über andere Wege nachdenken«, meinte Björn. »So schwer kann es nicht sein, an das blöde Ding zu kommen.« Ich sah förmlich, wie es in seinem Kopf ratterte.
    Endlich ging ich ans Handy. Es war Milena.
    »Hey!«, rief ich. »Wie geht’s?«
    »Schlecht«, sagte sie. Das sei es gerade, weshalb sie anrufe. Sie sei krank und könne unmöglich mit an den Strand kommen.
    »Aber gestern Abend war doch noch alles okay«, wunderte ich mich. Meine Enttäuschung lag genauso offen zutage wie meine Besorgnis. »Was ist denn los?«
    »Kam über Nacht«, sagte sie. »So eine Art Magen-Darm-Grippe. Ich werde den ganzen Tag nicht aus dem Bett kommen. Ich ruf dich morgen wieder an.« Das war’s. Noch ehe ich etwas sagen konnte, hatte sie aufgelegt. Ich hatte ein leeres Gefühl. Irgendetwas stimmte da nicht.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte Björn.
    »Das war Milena«, sagte ich. »Sie kommt nicht mit an den Strand.«
    1. September, Sonntag, 12 Uhr
    Soll das vielleicht Stärke sein? Ich glaub, eins hab ich doch noch besser gelernt, als stark zu sein: mir selbst was vorzumachen. Ich bin viel schwächer als alle anderen. Ich bin sogar so schwach, dass ich es nicht mal schaffe, ganz einfach das zu tun, was ich tun will. Schlimmer noch: Ich mache genau das Gegenteil davon. Ich bin so sauer auf mich selbst, dass ich am liebsten dieses blöde Tagebuch von der Festplatte löschen würde. Und hinterher den ganzen dämlichen PC aus dem Fenster werfen!
    Lustlos stürzte ich mich in die Fluten. Dabei war Hochwasser mit richtigem Wellengang. Optimale Bedingungen eigentlich für ein bisschen Spaß beim Baden. Auch die Abkühlung war angenehm. Beim Beachvolleyball war ich vorher ziemlich ins Schwitzen gekommen.
    Es machte mir zu schaffen, dass Milena nicht da war. Das leere Gefühl, das sich nach ihrem Anruf eingestellt hatte, war noch nicht wieder verschwunden. Und dass ich sie auch den ganzen Rest des Tages nicht sehen würde, verdarb mir noch das letzte bisschen guter Laune. Ich zog nur eine kurze Runde durchs Wasser, ging dann wieder an den Strand. Die anderen spielten noch immer Volleyball. Ich hatte keine Lust mehr und warf mich auf mein Handtuch, um mich von der Sonne trocknen zu lassen. Ich schloss die Augen und dachte an Milena.
    Mir machte vor allem die Art und Weise zu schaffen, in der sie abgesagt hatte. Sie hatte mit mir geredet wie mit einem Fremden. Jede Vertrautheit hatte gefehlt. Sowohl in ihren Worten als auch in ihrer Stimme. Ich war ziemlich verunsichert und versuchte mir einzureden, dass es sicher an ihrer Krankheit lag. Wahrscheinlich ging es ihr so schlecht, dass sie gerade nur das Nötigste hatte sagen können. Eigentlich hätte es mir deshalb schlecht gehen müssen, weil sie so krank war. Nicht aus Selbstmitleid. Aber meine Versuche, mir selbst etwas vorzumachen, waren halbherzig und scheiterten kläglich.
    »Hallo, Tobias!«
    Für einen Sekundenbruchteil glaubte ich, es sei Milena. Irgendetwas an dieser Stimme klang ähnlich. Ich öffnete die Augen und blinzelte in die Sonne. Davor stand jemand, ich konnte ihn nicht gleich erkennen. Dann sah ich, dass es Sven war, Milenas Bruder.
    »Hallo«, sagte ich und richtete mich auf. »Setz dich doch. Wie geht es Milena?«
    »Keine Ahnung«, sagte er. »Aber als ich sie zuletzt gesehen hab, ging es ihr gut.«
    »Wann war das?«, fragte ich skeptisch. Ich hatte Angst, dass meine Vermutung gleich zur Gewissheit werden würde. Sven setzte sich nicht.
    »Das war heute Morgen«, sagte er. Plötzlich schien es mir, als sei da ein drohender Unterton. Aber ich musste mich täuschen. Warum sollte er mir drohen wollen?
    »Da war sie doch aber schon krank …«, begann ich ratlos. Ich stellte mich hin, damit Sven mich nicht mehr von oben herab ansah.
    »Krank?«, fragte er. Sein Erstaunen war echt. »Sie war nicht krank. Wie gesagt, es ging ihr gut. Und ich will auch, dass das so bleibt.«
    In Sachen Krankheit bohrte ich nicht weiter nach, denn im Grunde

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