Als meine Mutter ihre Kueche nicht mehr fand
Personen wesentlich aus. Wir müssen aber zugleich sehen, dass es auf einer unabhängigen Basis des Selbstseins beruht, die wir nicht außer Acht lassen dürfen.
– Kann man von einem leiblichen Bewusstsein sprechen?
– Ja. Leibliches Bewusstsein ist für mich die Beschreibung dessen, was Bewusstsein wesentlich ausmacht. Wir haben ja gar keine andere Form von Bewusstsein als ein leiblich getragenes Bewusstsein. Diese Art Hintergrundbewusstsein, dieses Gefühl des Hier-jetzt-Seins ist eigentlich immer da, insofern sind wir immer auch leiblich. Wenn wir zum Beispiel über den Satz des Pythagoras nachdenken, geht das nicht ohne leibliches Bewusstsein. Aber natürlich ohne dass der Leib dabei bewusst ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt.
Ich nehme einen großen Schluck von meinem mittlerweile kalten Tee. Fuchs schaut auf seine Uhr. Ich habe noch ein Anliegen, es geht um die Menschenwürde.
In den Gesprächen, die ich bisher führte, tauchte sie fast jedes Mal am Rand auf. Hans Lauter beklagte die häufig geäußerten Zweifeln, »ob ein Demenzkranker überhaupt noch eine menschliche Person darstellt, deren Würde nach dem Grundgesetz unantastbar ist und die daher uneingeschränkten Anspruch auf sämtliche pflegerischen Maßnahmen hat.« Gunther Sachs schrieb von dem »würdelosen Zustand«, dem er mit seinem Freitod entgehen wollte.
Ich denke, es ist Zeit, sich ein wenig genauer mit der Würde zu beschäftigen. Das ist nicht ganz einfach. Die Zahl der unterschiedlichen Meinungen zu Fragen der Menschenwürde ist groß, und die Geschichte der Meinungsverschiedenheiten ist lang. Der folgende kurze Abriss kann dem nicht gerecht werden, sondern nur versuchen, das Problem hinsichtlich der Fragestellungen rund um die Demenz anzureißen.
Der erste Absatz des ersten Artikels des deutschen Grundgesetzes lautet: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Eine Änderung oder Modifizierung dieses Artikels ist nicht möglich. Nach der deutschsprachigen Rechtsphilosophie und Rechtstheorie steht die Würde für bestimmte schützende Grundrechte und Rechtsansprüche des Menschen. Abgesehen davon, dass die Schöpfer des Grundgesetzes in den Jahren 1948/1949 nicht verbindlich festlegen konnten, welche Rechte und Ansprüche genau an die Menschenwürde geknüpft werden sollten, wurde und wird immer wieder diskutiert, wem genau sie denn zusteht.
Seit der Antike wird dabei der Anspruch auf Würde oft mit dem Status der »Person« verknüpft. Allerdings gibt es auch für den Personen-Begriff keine eindeutige Definition. Allgemein steht er, so das Handbuch der Politischen Philosophie und Sozialphilosophie , »für das Spezifische an der menschlichen Lebensform, d. h. für diejenigen Eigenschaften und Fähigkeiten, die Personen von anderen Tieren unterscheiden«. Damit ist aber keinesfalls gesagt, dass alle Menschen auch als Personen – mit den sich daraus ergebenden moralischen Ansprüchen – anerkannt werden müssen. Im Zweifelsfall hängt es daran, inwieweit das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften und Fähigkeiten zur Bedingung gemacht wird.
Aus der Perspektive jüdisch-christlicher Vorstellungen ist die Frage leicht zu beantworten. Dort hat der nach dem Ebenbild Gottes geschaffene Mensch einen absoluten Wert, wodurch er sich grundsätzlich von allen anderen Kreaturen unterscheidet. Im Katechismus der katholischen Kircheheißt es dazu eindeutig: »Die Würde des Menschen wurzelt in seiner Erschaffung nach Gottes Bild und Ähnlichkeit.« Auf dieser Grundlage bekommt die Würde ein solches Gewicht, dass für die katholische Kirche Suizid eine Todsünde ist. In einer Gesellschaft wie der unsrigen, mit vielen unterschiedlichen Weltanschauungen, stößt eine solche religiöse Begründung des Anspruchs auf Menschenwürde allerdings an ihre Grenzen.
Die Grundlage für die entsprechende Gegenposition und die daraus folgenden Diskussionen in der Neuzeit lieferte 1689 John Locke. Für diesen Vordenker der Aufklärung gelten Menschen nur dann als Personen, wenn sie über eine Identität und damit über ein Bewusstsein für die eigene zeitliche Existenz verfügen. Für Immanuel Kant, einen anderen prägenden Philosophen der Aufklärung, besitzt der Mensch als aus der Natur herausragendes »Vernunftwesen« »eine Würde (einen absoluten inneren Wert), wodurch er allen anderen vernünftigen Weltwesen Achtung für ihn abnötigt«. Wobei in der Philosophie unter
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