Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
plötzlich ganz still in der Leitung. Die berühmte Ruhe vor dem Sturm, wie ich hinterher wissen sollte, denn urplötzlich kam es zu einer unglaublichen Explosion – der Produzent rastete regelrecht aus.
Er schrie derart, dass sich seine Stimme geradezu überschlug. Was mir einfallen würde, ob ich vergessen hätte, wer er wäre … Was ich mir eigentlich einbildete, so mit ihm zu reden. Es gebe Millionen von Künstlern, die gerne mit ihm zusammenarbeiten würden, und dass ich doch letztendlich nur ein unbedeutender kleiner Sänger wäre und vorsichtig sein sollte mit dem, was ich zu ihm sagte. Ich hielt den Hörer in der Hand und war sprachlos.
Er indes baute sich am Telefon immer weiter auf, schrie, keifte und drohte, bis seine Stimme mit einem Mal in ein unwirkliches Jammern umschlug. Ich verstand zu diesem Zeitpunkt kein Wort mehr. Ich kam mir vor, als ob am anderen Ende der Leitung eine fremde Sprache gesprochen werden würde, die ich nicht verstehen konnte. Ich wartete und wartete, bis er sich endlich etwas beruhigt hatte und eine kurze Pause machen musste, um wieder Luft zu holen.
Und was soll ich sagen? Ich bin heute noch erstaunt, wie ruhig ich damals geblieben bin. Ich erklärte ihm unaufgeregt, dass er noch einmal in Ruhe über alles nachdenken sollte und es vorerst besser sei, das Gespräch an diesem Punkt zu beenden.
Und tatsächlich, das Telefon schwieg erstmals an diesem Abend und ich hatte endlich ein wenig Luft, über meine Situation nachzudenken. Die Gedanken, die dabei aufkamen, waren nicht berauschend. Ich hatte einen Vertrag mit einem Produzenten, der ungemein wütend auf mich war. Und dieser Vertrag barg für mich nur Nachteile.
Mich überkam eine Angst, die durchaus existenzieller Natur war. Mein berufliches Schicksal als Musiker lag allein in seiner Hand und ich musste befürchten, dass er mich nun absichtlich auflaufen lassen würde – nur um mir etwas heimzuzahlen. Ich hatte mir erlaubt, mich gegen ihn aufzulehnen – ich hatte die Frechheit besessen, eine eigene Meinung und einen Willen zu haben. Und all dies konnte mich nun als Musiker vernichten.
Diese Ängste waren sicherlich berechtigt, aber ich fühlte mich gleichwohl besser. Und nur das zählte.
Ein kleines Wunder
Die Klarheit, die ich mir geschaffen hatte, brachte nicht nur die Erkenntnis, dass ich in gefährlichen Gewässern unterwegs war, sie barg im Grunde nur noch mehr Ungewissheiten – ganz besonders in Bezug auf meine Zukunft. Nach dem unerfreulichen Telefongespräch hatte ich eine sehr lange und intensive Unterhaltung mit Markus. Ich erklärte ihm, dass ich gerne aus dem Vertrag mit dem Produzenten aussteigen würde. Mir war bewusst geworden, dass ich nicht mehr Herr meiner eigenen Lage sein konnte und dass ich diesen Zustand unbedingt ändern musste. Markus war ganz meiner Meinung, aber er gab mir auch zu verstehen, dass der Produzent am längeren Hebel sitzen würde.
Am Ende ginge es diesem Mann, wie so vielen in dieser Branche, in erster Linie ums Geld. Unheilig hatte zu diesem Zeitpunkt realistisch betrachtet keine Plattenfirma mehr und somit lagen alle Rechte wieder bei dem Produzenten. Er also konnte mit Unheilig machen, was er wollte, obwohl auch er ohne Plattenfirma mit mir einstweilen kein Geld mehr verdienen konnte. Aus diesem Grund wäre dies vermutlich gerade der richtige Moment, ihm ein Angebot zu machen, um eines Tages wieder frei arbeiten zu können.
Eine gute Idee! Markus erklärte sich bereit, diese Sache mit dem Produzenten zu besprechen, und bat mich um ein wenig Geduld.
Ohne nun in vertragliche Details einzutauchen, dürfte es kein Geheimnis sein, dass es bei diesen Verhandlungen naturgemäß nur um Geld gehen konnte. Und der Produzent hatte, wie mir Markus später berichtete, in dieser Hinsicht recht klare Vorstellungen. Er verlangte, noch fünf weitere Songs für das geplante neue Album produzieren zu können, und forderte für die Auflösung des Vertrages eine Summe, mit der man sich getrost einen Mittelklassewagen im gehobenen Preissegment hätte kaufen könnte. Mit einer gut sortierten Sonderausstattung, versteht sich. Als Markus den Betrag aussprach, bin ich fast in Ohnmacht gefallen!
Wie in aller Welt hätte ich eine solche Summe je aufbringen können? Markus versuchte mich zu beruhigen und meinte, dass er nun zuerst einmal mit seinem Geschäftspartner Ollie sprechen und sich dann wieder bei mir melden würde. »Vielleicht gibt es ja eine Lösung«, sagte er tröstend und legte
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