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Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)

Titel: Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unheilig
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Band-Probe an – eine Sache, die ich noch nie gemacht hatte. Bis dahin war die Musik von Samplern und CD-Playern wiedergegeben worden und ich hatte live dazu gesungen. Nun aber sollte alles von echten Musikern gespielt werden.
    Und das hatte natürlich seinen Preis. Die Musik klang völlig anders, als ich es gewohnt war. Die Elektronik ging beispielsweise durch das echte Schlagzeug im Rhythmusbereich fast völlig verloren. Aber genau dafür waren wir in einem Proberaum und auf der Suche nach dem richtigen Weg.
    Für die neue Band mussten alle Lieder neu arrangiert werden. Das wiederum kostete viel Zeit und Nerven, aber ich fand das neu überarbeitete Material dennoch gut. Der Auftritt stand bevor, die Arbeit machte Spaß und das Leben war doch wieder ein schönes geworden. Obwohl es lange Zeit nicht danach ausgesehen hatte.
    Mir gefiel die Ruhe, mit der sich die Musiker untereinander organisierten, und es wäre überhaupt nicht auszudenken gewesen, wenn mein ehemaliger Tour- und Bühnenmanager mit uns gearbeitet hätte. Aber: Die Band hatte auch ein paar Angewohnheiten, die ich nicht so toll fand. Bei den Proben schien es völlig normal zu sein, schon um die Mittagszeit ein paar Flaschen Bier oder härteres Zeug zu sich zu nehmen.
    Ich, der ich nun überhaupt keinen Alkohol trank, konnte das natürlich nur schwer nachvollziehen. Für mich gibt und gab es zu jener Zeit kaum etwas Schlimmeres als lallende angetrunkene Menschen, die mit glasigem Blick vor mir stehen und mir etwas erzählen wollen, obwohl ich in diesem Moment genau weiß, dass sie es am nächsten Tag schon wieder vergessen haben. Von der säuerlichen Fahne, die einem überdies entgegenweht, ganz zu schweigen.
    Aber die Jungs waren alt genug und solange sie ihre Sachen auf die Reihe bekamen, musste es mir wohl einfach gleichgültig sein. Sie konnten schließlich auch nichts dafür, dass ich persönlich eine Abneigung gegen jede Form des Trinkens hatte, und so musste ich diese – im Musikgeschäft wohl übliche – Eigenart im besten Wortsinne eben »schlucken«.
    Der sogenannte Tourbus, ein ganz normaler Transporter, hatte hinten im Ladebereich natürlich weder Sitze noch Fenster. Diesem kleinen Schönheitsfehler wurde nachgeholfen, indem einfach ein paar alte Fliegersitze am Boden festgeschraubt wurden. Licht kam in diese Kiste lediglich vom Frontfenster und von der Heckscheibe.
    Also saßen wir in einem dunklen Bus mit voll aufgedrehter Musik und kistenweise Bier, das unterwegs gut gelaunt weggedrückt wurde – den Fahrer und mich einmal ausgenommen. In Leipzig angekommen, trudelten wir pünktlich in der Moritzbastei ein, wo unser erster Auftritt stattfinden sollte. Da sich die Band schon recht lange kannte, waren sie ein gut eingespieltes Team und jeder wusste, was er zu tun hatte. Ich indes war überaus nervös und bekam zum allerersten Mal vor einem Auftritt richtiges Lampenfieber.
    Ich hatte das Gefühl, dass nun alles von mir abhängen, und überdies die Befürchtung, dass kaum jemand zu unserem Konzert kommen würde. Das ganze Durcheinander der zurückliegenden Monate und die in meinen Augen völlig missglückte Veröffentlichung von Phosphor wirkten nicht gerade beruhigend auf mich. Bis plötzlich Markus und Ollie vor mir standen und meinten, dass die Moritzbastei fast komplett ausverkauft sei.
    Wow! Die Sorge, dass keiner kommen würde, war also schon mal unbegründet gewesen. Dass der Schuppen nun aber voll werden würde, machte mich im Grunde noch nervöser und ich bekam höllische Angst, irgendetwas falsch zu machen.
    Aber auch diese Angst war – im Nachhinein betrachtet – völlig überflüssig. Der Gig lief richtig gut und ich hatte auf der Bühne zum ersten Mal ein Gefühl, wie ich es heute auch noch habe. Ich schaltete meinen Kopf aus und machte einfach das, was die Musik mir sagte. Das Publikum klatschte und war begeistert von dem, was passierte. Und zum Ende hin mussten wir sogar eine Zugabe spielen, womit keiner von uns gerechnet hatte.
    Heute weiß ich, dass dieser Auftritt einer der schönsten in meinem Leben war. Er war zu diesem Zeitpunkt wichtig, da ich im Grunde erst dort gespürt hatte, wie sehr ich das Gefühl brauchte, auf der Bühne zu stehen und den Applaus des Publikums geschenkt zu bekommen.

Zillo Festival 2001
    Aber Leipzig war nur eine Vorstufe. Auf uns wartete noch das Zillo Festival 2001, und das hatte eine ganz andere Schuhgröße als die Moritzbastei. Wie saßen wieder in unserem Selbstmörder-Band-Bus,

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