Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Entscheidungen treffen würde. Es war meine Musik, mein Projekt und meine Existenz und wer damit nicht klarkommen würde, könnte gerne gehen. Der Rest dieser Fahrt verlief wortlos und keiner sprach auch nur ein Wort über das, was ich gesagt hatte.
Der Auftritt beim Darkstorm Festival lief zu meinem Erstaunen richtig gut. Die Show hatte Spaß gemacht, die Band funktionierte und es waren auch viele Fans wegen Unheilig gekommen. Blieb also nur noch ein letzter Weihnachtsauftritt.
Es sollte der Abschluss unserer kleinen Tour sein und ich berichtete der Band in unserem Bus, dass ich ständig von Fans gefragt werden würde, warum wir nur drei Weihnachtslieder spielten, und dass ich in Zukunft gerne mehr davon bei unseren Weihnachtsshows bringen wollte.
Am Auftrittsort angekommen, merkte ich, dass die komplette Band mir immer mehr aus dem Weg ging. Etwas wurmte sie, aber ich wusste nicht, was es war. Ich konnte mir denken, dass es an meinem Wutausbruch im Transporter lag, restlos sicher war ich mir jedoch nicht. Auf die Fragen, ob es ein Problem geben würde, hörte ich nur ein: »Nein, alles okay, warum?«
Am Abend kamen die ersten Besucher in den Club und ich ging zu den Fans, um Autogramme zu geben und Fotos zu machen. Die Band indes kam nicht aus dem Backstage heraus. Ich bemerkte, dass sie wild diskutierten, und irgendwann sah ich einen von ihnen mit einer Flasche Schnaps herumlaufen. Ich blieb noch ein wenig bei den Fans und ging dann ebenfalls in den Backstage-Bereich.
Der Club war nicht sonderlich voll – allerdings waren einige da, die ich schon von anderen Auftritten kannte und die offensichtlich wegen Unheilig gekommen waren, worüber ich mich sehr freute. Backstage angekommen, stand die Band vor mir und trank fröhlich vor sich hin. Bis einer von den Jungs mich anschaute und mir erklärte, dass ich ihn am Allerwertesten lecken könnte und ich mir den heutigen Auftritt abschminken dürfte, wenn ich sie nicht endlich in Ruhe ließe.
Er meinte, die Band hätte zu entscheiden, was gemacht werden würde, und nicht ich. Schließlich sei ich nur eine Person und sie seien zu fünft. Also ginge es nach der Mehrheit, das wäre überall so. Ich stand da und schaute die Jungs an: »Soll das heißen, dass ihr heute nicht auftreten wollt?« Ich war ganz alleine in diesem Moment und spürte, dass an diesem Abend tatsächlich die Gefahr bestand, dass es keinen Auftritt geben könnte. Also ließ ich sie erst einmal alle reden. Sie polterten mit Schnapsflaschen in der Hand herum und machten mich darauf aufmerksam, dass sie deutlich mehr Ahnung von Musik hätten. Ich hörte gar nicht mehr richtig zu, sondern überlegte nur noch, wie ich sie dazu bewegen könnte, an diesem einen Abend doch noch aufzutreten.
»Okay, ihr habt ja alle recht, lasst uns in Zukunft alles anders machen, allerdings müssen wir jetzt auf die Bühne – da draußen stehen Leute, die für uns gekommen sind.« Ich war tatsächlich zu Kreuze gekrochen – um des Auftritts willen. Die anderen Bandmitglieder schauten mich ein wenig skeptisch an und lallten irgendwas von »Rock ’n’ Roll« und »Prost«.
Es folgte einer meiner schlimmsten Auftritte. Ich hatte nur noch gehofft, dass es bald zu Ende gehen würde und ich keine gute Miene mehr zu diesem bösen Spiel machen müsste.
Als alles vorbei war, ging ich noch zu den Fans und irgendwann machten wir uns dann auf den Heimweg. Unser Fahrer, der in der Zwischenzeit offenkundig Zahnweh bekommen hatte, versuchte an einer Tankstelle, etwas gegen seine Schmerzen zu bekommen, und als er endlich zurückkam, ging die Fahrt weiter. Im Bus redeten alle durcheinander und ich tat so, als ob es mich interessierte, dabei wusste ich tief in mir, dass ich zum allerletzten Mal mit ihnen zusammen sein würde.
Zu Hause angekommen, musste ich feststellen, dass sich unser Fahrer Schnaps als Schmerzmittel besorgt und diesen auf der Heimfahrt auch getrunken hatte. Alle hatten es mitbekommen, nur ich nicht, da ich im hinteren Teil des Transporters saß.
Sie setzten mich zu Hause ab und ich wusste, dass es ein endgültiger Abschied sein würde. Am folgenden Morgen berichtete ich Markus und Ollie von meinen Erlebnissen und teilte ihnen mit, nicht mehr mit der Band arbeiten zu wollen. Die beiden stimmten mir zu, aber wir hatten gleichwohl ein Problem: Das 2. Gebot war zwar fertig und die Veröffentlichung stand kurz bevor – und nun gab es plötzlich keine Band mehr. Somit wäre es also unsinnig, das Album in dieser
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