Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Form herauszubringen. Mir selbst war das gleichgültig, ich wollte nur noch diese Trennung.
In dem Proberaum ging es schon am Vormittag recht fröhlich zu, als ich zu meinem Abschiedsgespräch eintraf. Die Flaschen waren geleert und die Stimmung prächtig. Was ich damals genau gesagt habe, weiß ich heute nicht mehr. Ich weiß nur, dass ich alles herausgelassen hatte, was mir auf dem Herzen lag, und zum Schluss erklärte, dass die Zusammenarbeit hiermit beendet sei. Ich ging aus dem Proberaum heraus und habe ihn bis heute nie wieder betreten. Ich fuhr nach Hause und fühlte mich wie befreit.
Kurz vor Silvester hatte ich dann ein Schreiben in meinem Briefkasten. Darin stand, dass die Band mir untersagen würde, ihre eingespielten Versionen für das Album zu verwenden. Ich las diese Zeilen und konnte es nicht glauben.
Sie hatten für die Produktion Geld bekommen und wollten mir nun die Veröffentlichung dieser Arbeit verbieten? Ich war sauer, stinksauer, nahm meine ursprünglichen Demos und arbeite diese noch einmal selbst aus, bis sie fertig waren. Ich hatte drei Wochen Zeit und schuftete Tag und Nacht. Die Wut auf die Band feuerte mich jedoch ungemein an. »Nicht mit mir«, sagte ich mir immer wieder. »Euch werde ich zeigen, dass es auch ohne Band gehen wird.« Und in diesen Tagen schwor ich mir, nie wieder Musiker bei Unheilig aufzunehmen. Nie wieder sollten fremde Menschen derart viel Einfluss bekommen wie diese fünf Jungs.
Nach 14 Tagen war ich mit allem fertig und wir konnten den geplanten Veröffentlichungstermin doch noch halten. Ich war überglücklich und von dem Ergebnis meiner Marathon-Produktion begeistert. Das 2. Gebot war fertig geworden und ich unabhängig geblieben – für mich und meine persönliche Entwicklung ein Meilenstein.
Von der Band habe ich bis heute nie wieder etwas gehört. Im Grunde waren sie richtig gute Musiker. Aber die Jungs hatten meinen Traum nicht mitgeträumt und somit musste ich am Ende eine Entscheidung treffen.
Ein neuer Anfang
Wir waren uns einig, dass ich fortan die musikalische Arbeit alleine machen sollte und wir künftig lediglich für die Konzerte ein paar Gastmusiker brauchten. Aber im Grunde gefiel mir auch dieser Gedanke nicht mehr, schließlich waren die Songs elektronisch im Studio entstanden und hatten in der Vergangenheit auf der Bühne viel zu »akustisch« geklungen. Wir kamen also überein, dass ein Keyboarder und ein Gitarrist für die Liveacts vollkommen ausreichen würden. Da Markus und Ollie noch ein paar andere Bands managten, sprachen sie als Erstes den Keyboarder von Neuroticfish an – Henning Verlage – und dann gab es da noch einen Bekannten von Markus, der in einer Band Gitarre spielte: Licky. Die zwei wurden gefragt, ob sie Lust hätten, als Livemusiker bei Unheilig mitzumachen. Die beiden stimmten unseren Vorstellungen und den Rahmenbedingungen zu und Unheilig war ohne größere Probleme wieder eine Liveband geworden.
Ich traf die zwei Jungs bei der ersten Probe und spürte sofort, dass ich mit Henning und Licky die richtigen Mitstreiter gefunden hatte. Sie waren auch beide über meine schlechten Erfahrungen mit meiner letzten Band informiert und hatten kein Problem damit, dass Markus, Ollie und ich in der Zukunft die Entscheidungen treffen würden.
Eine Tour war dringend nötig, denn wir alle waren der festen Überzeugung, dass man die Unheilige Musik nun unbedingt den Menschen näherbringen müsste und wir so einen großen Schritt in die richtige Richtung machen könnten.
Bis zu diesem Zeitpunkt war ich davon ausgegangen, dass es bei der Auswahl von Vorgruppen lediglich darum ging, ob dem Hauptact die Musik seines Openers gefällt. Aber weit gefehlt! Nicht die Qualität einer Vorband war entscheidend, sondern der Preis, den diese an den Headliner zahlte. Im Grund musste man als unbekannte Band für jeden einzelnen Auftritt Geld hinlegen, nur damit man im Vorprogramm spielen durfte.
Als ich damals von dieser Praxis hörte, war ich einigermaßen geschockt – und doch wiederum gar nicht so sehr überrascht, schließlich hatte ich in der Vergangenheit schon einige Male erkennen müssen, dass es neben der Liebe zur Musik auch und vor allem um das Geschäft ging. Und dieser Gegebenheit konnten auch wir uns nicht verschließen.
Nach langen Verhandlungen hatten Markus und Ollie es am Ende tatsächlich geschafft, die ganze Sache für uns einigermaßen bezahlbar zu machen, und so sollten wir auf unsere erste Tour durch ganz Deutschland
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