Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
genommen hätten. Es habe ihnen Kraft gegeben oder sie hätten erst durch diese Liedzeilen verstehen können, warum manche Dinge so waren, wie sie nun einmal sind.
Andere erklärten, wie ihnen »An deiner Seite« dabei geholfen habe, sich mit Trauer auseinanderzusetzen, und ich konnte sehr gut nachvollziehen, wie diese Menschen fühlten und dachten – war ich doch gerade in einer ähnlichen Situation. Und so stand irgendwann für mich fest, dieses Lied auch bei der anstehenden Tour zu singen.
Ich wusste nicht, wie ich auf der Bühne reagieren würde – dafür konnte es keinen Plan geben. Alles, was mir half, war die Erkenntnis, dieses Lied nicht nur für mich zu singen, sondern auch für all diejenigen, denen es genauso viel bedeutete wie mir und meinem verstorbenen Freund.
Und wenn es mich bei den Konzerten so sehr berührte, dass ich dabei weinen müsste, dann wäre es eben so. Die Briefe meiner Fans hatten dafür gesorgt, dass aus der kleinen Geschichte meines Freundes nun eine Geschichte von vielen anderen Menschen geworden war, die sich darin wiederfanden, und das war – bei aller Trauer – doch ein sehr schöner Gedanke.
Die Konzerte der Herbsttour »Vorhang auf« waren allesamt ausverkauft und für mich wie wohl auch für das Publikum die emotionalste Tour. Ich hatte mir vorgenommen, vor dem Titel »An deiner Seite« ein paar Worte an das Publikum zu richten, damit die Besucher verstehen konnten, warum mich dieses Lied derart emotional berührte. Und am Ende war es tatsächlich bei jedem Konzert so: Ich konnte machen, was ich wollte – bei der Erinnerung an meinen Freund musste ich weinen.
Ich sah immer wieder Bilder von ihm, Bildfragmente von den schönen und traurigen Momenten, die ich mit ihm zusammen hatte, und das berührte mich bei den Konzerten zutiefst. Verbergen konnte ich diese Emotionen nicht, aber ich hatte jedes Mal sehr viel Mitgefühl von meinem Publikum erhalten, was sich auch in dem warmen, verständnisvollen Applaus der Fans zeigte. Ich hatte mich zwar bei der Beisetzung von meinem Freund verabschiedet, die wichtigsten Worte – das »auf Wiedersehen« – wurden jedoch bei dieser Tour ausgesprochen, wenn ich sein Lied sang. Und das waren schöne und sehr wichtige Momente für mich.
Die Tour ging erfolgreich zu Ende und ich hatte meinen inneren Frieden gefunden, da ich bei jedem Auftritt das Gefühl hatte, dass mich mein verstorbener Freund sehen konnte. Er war bei jedem Konzert an meiner Seite und so war zu dieser Zeit der Gedanke gekommen, das Lied »An deiner Seite« für mich persönlich noch einmal neu aufzunehmen. Ich wollte meinen Abschluss und meinen Abschied damit sinnbildlich besiegeln.
Das Lied stand nun schon lange nicht mehr für ihn alleine, sondern für so viele Menschen, die mir all die tiefgründigen Briefe geschickt hatten und mir ihre persönlichen Geschichten zu diesem Song erzählt hatten. Diese Geschichten von Menschen, die das Lied mit sich und ihren Schicksalen oder Erinnerungen verbunden hatten, gaben meinen Erlebnissen und Erinnerungen erst einen Sinn.
Jedem Menschen, dem dieses Lied aufs Neue half, gab dem Tod meines Freundes somit eine tiefere Bedeutung und so entschied ich, »An deiner Seite«, das in der damaligen Version bereits ausverkauft war, noch einmal neu zu veröffentlichen.
Unheilig & Friends
Die Erfahrungen, die ich in den zurückliegenden Jahren auf Tour gemacht hatte, ließen immer mehr die Idee reifen, einmal selbst ein Festival zu gestalten. Ich hatte sehr oft mit Markus darüber gesprochen, gab es doch immer wieder Dinge, die uns bei den etablierten Festivals störten und die man in unseren Augen einfach besser hätte machen können. Die Gelände waren fast immer dreckig und schmuddelig und auch der Sound ließ häufig zu wünschen übrig. Von den sanitären Anlagen wollen wir an dieser Stelle gar nicht sprechen, wäre es doch in vielen Fällen angenehmer gewesen, sich mit einem Spaten im Wald ein Loch zu graben.
Wir waren davon überzeugt, dass man verschiedene Dinge hätte ändern können, um bei den Besuchern einen positiveren Eindruck zu hinterlassen. Die Bilder, die man von Woodstock kannte, hatten durchaus Kultcharakter, aber musste man tatsächlich auch im 21. Jahrhundert noch immer knöcheltief durch die Kloake steigen, wenn man ein Livekonzert erleben wollte?
So wurde Unheilig & Friends geboren. Die Idee war, dass Unheilig mit bekannten Bands zusammen Auftritte machen würde, der ganze Event allerdings in einem
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