Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
einen mächtigen Partner mit im Boot – und trotzdem weiterhin die Hand am Ruder.
Die Vorteile dieser Partnerschaft lagen auf der Hand: Wir hatten fortan die Möglichkeit, unsere Musik einem viel größeren Spektrum an Hörern vorzustellen, was alleine daran lag, dass die Stimme eines Universal-Mitarbeiters bei Radiosendern oder großen Handelsketten schlichtweg mehr Gewicht hatte. Außerdem gab es unsere Musik endlich auch in den großen Download-Portalen, wo wir alleine niemals hineingekommen wären.
Die Nachteile: Es war abzusehen, dass es im Netz ein weiteres Mal Proteste hageln würde. Ganz nach dem Motto: Jetzt wird er kommerziell, und dann sollt ihr mal sehen, wie er sich verändern wird …
Mit diesen Reaktionen war zu rechnen. Mich selbst fragte dazu ja keiner. Dabei war mir klar: Ich hatte nicht meine Seele verkauft, sondern nur einen neuen Partner bekommen …
Die Vorhang-Auf-Tour
Nachdem wir einige Festivals gespielt und einen weiteren Auftritt bei Frank – der Weddingplaner hatten, standen noch die Shows in Russland an, die wegen meiner Erkrankung zunächst ausgefallen waren. Die Gothic-Szene war über das Internet und unterschiedliche Publikationen derart gut vernetzt, dass wir als deutsche Band auch einen Fan-Kreis im Osten des Kontinents hatten.
Wir waren vor Jahren schon einmal dort gewesen und es war damals ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Nun standen drei Auftritte an – in Moskau, St. Petersburg und Kaliningrad. Grundsätzlich fand ich Auslandstermine immer sehr spannend, allerdings kollidierte die Vorfreude auf solche Konzerte immer mit meiner extremen Flugangst.
Da half kein gutes Zureden, keine Statistiken oder Unfallzahlen – ich habe Angst vor dem Fliegen und je kleiner und unbekannter die Fluglinie, desto größer meine Panik.
Im Grunde verlief die Russlandreise sehr schön. Sie war erfolgreich und wir hatten wieder viel von den Städten und der Umgebung mitbekommen können. Aber richtig genießen konnte ich das Ganze nicht, weil ich einfach immer wieder schiere Todesangst vor dem Fliegen hatte …
Nach unserer Rückkehr stand die Herbsttour »Vorhang auf« auf dem Programm und es sollte die letzte größere Tour im Jahr 2008 sein. Aber noch bevor sie startete, geschah das, was wir alle in unserer Familie schon lange befürchtet hatten: Mein Freund, der nun schon so lange um sein Leben gekämpft hatte, ging seinen letzten Weg. Ich war auf diesen Moment vorbereitet – so glaubte ich –, aber in Wahrheit gab es für den Tod keine Vorbereitung.
Man konnte darüber nachdenken und sich alles Mögliche vorstellen – wenn es jedoch so weit ist, sind all diese Gedanken und Erklärungen wertlos. Ein Mensch, der ein Leben lang da war – mit dem man lachen und weinen konnte, mit dem man sich austauschte, manchmal nachdenklich oder einfach nur ausgelassen war, fehlte mit einem Mal. Und er fehlte für immer.
Vielleicht waren wir alle auch ein wenig erleichtert, dass er endlich erlöst worden war. Wir wussten, dass er sterben würde, und hatten bis dahin jeden Tag mit ihm zusammen genossen. Aber wir hatten uns auch immer wieder die Frage gestellt, wann dieser Moment kommen würde. Und er auch. Im Grunde war es so, wie ich es in dem Lied »An deiner Seite« geschrieben hatte. Ich merkte, wie jedes einzelne Wort in diesem Text noch mehr an Bedeutung gewann.
Ich war damals hin- und hergerissen, wie ich nun mit seinem Lied umgehen sollte. Ich wusste, dass eine Tour anstand und die Unheilig-Fans bei jedem Konzert auf diesen Song warteten. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich ihn fortan überhaupt noch singen könnte. Ich beschloss, mir mit der Entscheidung noch Zeit zu nehmen, denn zunächst einmal musste ich diesen Verlust für mich verarbeiten, und dazu gehörte auch die Beerdigung meines Freundes, die wir alle noch gemeinsam zu bewältigen hatten.
Und so haben wir ihn dann an einem sonnigen Morgen im kleinen Familienkreis beigesetzt. Es war einer von jenen Tagen, an denen das Wetter wunderschön war. Es war kalt, der Himmel war blau und die Sonne strahlte. Für ihn und für die Menschen, die sich von ihm verabschiedeten …
Ich bekam in diesen Wochen sehr viele Briefe und Mails von Menschen, in denen sie mir beschrieben, wie sehr ihnen das Lied »An deiner Seite« geholfen hätte. Manchmal waren Zeilen dabei, die mich zutiefst erschüttert hatten. Da gab es Menschen, die mir gestanden, dass dieses Lied der Grund dafür gewesen wäre, dass sie sich nicht das Leben
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