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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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diesem ganzen sonnigen Brimborium, das andere Frauen kennen und schätzen gelernt haben, schwärmen hören. Bei mir war Schicht im Schacht, ohne Abstillen, einfach so. Es war eine Niederlage, schon damals. Und auch als Hanna dreiundzwanzig Jahre später schwanger war, habe ich darüber kein Wort verloren. Man kennt derlei: Prägung, Schicksal, Gene. Quatsch! Sophie sollte eine Chance haben. Und die bekam sie ja dann auch, nicht wahr? Und zwar mit allem, was dazugehört: kraftvollen Bäuerchen und Hungerschreien, Bauchglucksen und Windelladungen, einer komplett erschöpften und immer mal wieder übellaunigen Mutter. Und irgendwann auch diesem sonnigen Wohlfühl-Aggregatzustand, in dem sich Stillende und Gestillte angeblich befinden. Ich hab’s selbst erlebt: bei meiner Tochter und bei ihrer Tochter.
    ICH BIN JETZT WÖCHNERIN. UND DAS IST DIE SCHRECKLICHSTE WOCHE MEINES LEBENS
    Ich möchte gerne mit zwei Irrtümern aufräumen. Erstens: Oft hatte ich gehört, dass Mütter nach der Geburt einen enormen Selbstbewusstseinsschub kriegen. Das stimmt nicht. Als meine Eltern am ersten Tag nach der Geburt zu uns kamen, um diese wunderbare Schöpfung auf der Erde zu begrüßen, sah ich sofort, dass alle mich ziemlich besorgt bis abgestoßen beäugten. Ich muss wirklich ziemlich beschissen ausgesehen haben. Meine Mutter nahm Sophie auf den Arm, und ich dachte: »Wow, die kann das gut. So werde ich das niemals hinkriegen.« Sie sagte nachdrücklich: »Das ist ein wunderschönes Kind, Hanna!« Und ich dachte: »Echt? Keine Ahnung. Wenn sie das sagt.« Meine Mutter fasste mir an die Schulter und hauchte voller Ehrfurcht: »Das hast du ganz toll gemacht, mein Kind.« Ich gab nur ein langsames »Hmm« von mir. Eigentlich hätte ich mit stolzgeschwellter Brust auf dem Balkon stehen, mein Kind in die Lüfte halten und »Wir sind alle eins« rufen müssen. Stattdessen war ich mir sicher, dass ich das hier noch ordentlich verkacken würde. Das nötige Mutterselbstbewusstsein sollte sich erst viel später einstellen. Nämlich als ich merkte, dass es mir egal sein konnte, was andere denken. Ich nehme mir das zu Herzen, was ich mir zu Herzen nehmen will. Also immer her mit eurem Lob, den Komplimenten und den Respektbekundungen.
    Direkt nach der Geburt aber war ich extrem verunsichert. Obwohl das Kind sich prächtig entwickelte, hatte es nach meiner Diagnose schon in den ersten Wochen eine Lungenentzündung, unzählige Darmverschlingungen, Laktoseintoleranz, Hör- und Sehprobleme, und natürlich zeigte Sophie regelmäßig alle von mir festgelegten Zeichen einer Herzinsuffizienz. Depressionen und Neurosen waren ebenfalls vorprogrammiert, weil ich es nicht schaffte, sie rund um die Uhr ganz nah am Körper zu haben.
    Außerdem hatte ich – zweitens – immer gedacht, dass ich mit der Geburt des eigenen Kindes endgültig zum VVE gehören würde, zum Verein Vollwertig Erwachsener. Zu dem wollen alle Kinder gehören. Denn das sind die wirklich Coolen: die alles selbst bestimmen dürfen und keinen Mittagsschlaf mehr brauchen. Doch zunächst stand mir eine Aufnahmeprüfung bevor, von der mir zuvor keiner etwas gesagt hatte. Sie bestand für mich nicht darin, besonders viele Fremdwörter in einen Satz einzubauen oder so viel Geld auf dem Konto zu haben, dass ich mir unendlich viele Klamotten kaufen konnte. Sondern darin, gleichzeitig die Verantwortung für zwei Wunder zu übernehmen. Jenes, das ich gerade geschaffen hatte. Und jenes, das das Erste trägt und tröstet. Mich selbst.
    Die Feuerprobe war hart. Auch deshalb, weil ich nicht wusste, dass es nur eine Prüfung war und nicht den Rest meines Lebens so bleiben würde. Wenn meine Hebamme sagte: »Mach dir keine Sorgen. Sie isst und schläft doch, und ihr macht das alles wunderbar. Achte lieber mal auf dich«, fühlte ich mich nicht ernst genommen. Auf mich achten? Solange dieser Zwergmensch seine Füße unter meinen Tisch stellt, habe ich keinerlei Recht, auch nur einen Gedanken an meine Bedürfnisse zu verschwenden.
    Am vierten Morgen nach der Geburt wurden wir um fünf Uhr wach. Mein Magen knurrte laut, um mich unmissverständlich daran zu erinnern, dass er sehr dringend gefüllt werden wollte. Natürlich hatte ich am Abend vorher nichts gegessen, weil ich dem Kind noch zwei Stunden beim Schlafen zugucken musste. Es hatte tagsüber Zeichen einer sehr schweren Bronchitis gezeigt. Oscar hatte sich geweigert, diese Aufgabe zu übernehmen, indem er sagte »Sie hat sich doch nur beim Stillen

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