Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)
hat eindeutig zu viel Zeit, zu wenige Freunde und höchstwahrscheinlich ein Kind zu Hause.
Zunächst erzählte ich Oscar nichts. Das war mir einfach zu unangenehm. Doch als wir wieder mal einen dieser sinnlosen Gänge zum Magasin unternahmen, stand da am Eingang ein Kundenbefrager. Er befragte die Leute, ob sie alles gekriegt hätten, was ihnen fehlte, wie sie die Ausstattung fänden und so weiter. Und als meine Augen anfingen zu glänzen und Oscar die Schweißperlen auf meiner Stirn sah, fragte er mich: »Hast du was damit zu tun?« Ich schaute ihn an und platzte heraus: »Jajaja!« Schön, wenn der Partner einen so gut kennt.
Ich erzählte ihm, was ich getan hatte und dass ich sogar schon eine »Danke für Ihren Hinweis, wir bearbeiten Ihre Anfrage«-Antwort bekommen hatte. Statt Lob erntete ich nur Hohn von Oscar. Er meinte, ich sei jetzt endgültig in der Spießer-Erwachsenenwelt angekommen, und wenn ich nicht aufpasste, würde ich noch zum Wutbürger werden. Er bot mir an, ein Plakat zu malen, auf dem stand: »Ich bin so wütend, dass ich ein Plakat gemalt habe.« Ich schämte mich.
Die nächsten Wochen mit Sophie zogen sich und wurden immer länger. Es entstand eine Art Lethargie, die meiner Psyche und meinem Körper keineswegs guttaten. Ich fühlte mich nutzlos und hatte das Gefühl, etwas zu verpassen. Ich trat auf der Stelle, und es schien keine Erlösung in Sicht zu sein. Mit der Entdeckung meiner Kaufsucht hatte sich auch das ständige Bummeln erledigt. Zudem hatte mein Konto ganz schön gelitten. Sich aufzuraffen fiel Oscar und mir immer schwerer, an manchen Tagen gingen wir nur raus, um die Zeitung aus dem Briefkasten zu holen und sie dann am nächsten Tag ungelesen in den Papiermüll zu schmeißen. Der Fernseher lief ständig, und ich schaute immer die gleichen Serien, hörte immer die gleichen Geschichten. Kurz: Es war enorm ermüdend. Nicht mal mehr Magasin konnte mich glücklich machen.
Als wir eines Tages noch dringend eine möglichst matschige Banane brauchten, um für Sophie einen Brei machen zu können, standen wir bei Magasin plötzlich vor verschlossener Tür. Ein Schild erklärte, dass Magasin für eine Woche wegen Umbauarbeiten geschlossen sein würde. Ganz ehrlich: Ich war ein bisschen stolz! Offenbar hatte die Magasin-Zentrale ein ähnliches Problem wie ich erkannt und arbeitete nun an einer Verbesserung der Verhältnisse. Meine Beschwerde war nicht ganz unberechtigt gewesen, und ein großer Teil der Wutbürgerschuld fiel von meiner Schulter. Doch jetzt würde der Laden für eine ganze Woche verschlossen bleiben. Ernsthaft, eine Woche ist mit Baby eine lange Zeit. Schon nach ein paar Tagen lief ich heimlich hin, um zu schauen, ob nicht doch vielleicht schon vorzeitig geöffnet wurde. Doch hinter den Türen waren nur Staub und Lärm.
Und dann war es endlich so weit. Es gab einen großen Supermarktrummel. Wir machten alles mit. Kriegten Kekse umsonst, weil wir beim Loserubbeln verloren hatten. Ich trank einen Kaffee, über dessen Herkunft ich mit der Kaffeefrau debattierte. Oscar trank einen Frauensekt um 15 Uhr, nachdem er das stark erweiterte Weinregal inspiziert hatte. Wir schenkten den Magasin-Leuten unsere Adresse, um beim großen Magasin-Gewinnspiel Handballfreikarten gewinnen zu können, und kauften endlich unsere Tiefkühllasagne. Beim Rausgehen drehten wir noch das Glücksrad der Tombola, und der nette Mann, der etwas einsam auf dem Magasin-Parkplatz in sein Mikro sprechen musste, sagte: »Ooh, ein Gewinn. Möchten Sie ein Plüschtier oder eine Packung Kaffee?« Wir nahmen das Plüschtier. Der Teddy sitzt jetzt auf einer Häkeldecke in unserer Schrankwand »Sylvie«. Ich werde ihn dort sitzen lassen und als Mahnung betrachten. Sich auf die Wiedereröffnung eines Supermarkts zu freuen und dann auch noch einen Teddy bei der Tombola zu gewinnen ist definitiv das Ende jeder Langeweileschleife. Schlimmer kann es nicht werden.
WEIHNACHTEN
ES GEHT EINE WEIHNACHTSEINLADUNG EIN, UND DIE BRUTALE WAHRHEIT MUSS RAUS
Die Mail kommt am Wochenende. Hanna und Oscar laden uns ein, Weihnachten bei ihnen in Leipzig zu feiern. Beide, schreiben sie, freuen sich auf eine volle warme Bude und kündigen an, »einen eigenen Riesenweihnachtsbaum« aufstellen zu wollen. Alle Mailempfänger werden höflich gebeten, im Falle ihrer Zusage schon mal zu avisieren, was sie an Speisen und Getränken zum Gelingen des Abends beitragen wollen, sowie vorsorglich ein Hotelzimmer zu reservieren. Als ich mein
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