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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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Postfach öffne, sind draußen dreißig Grad.
    Die Mail hat einen Verteiler, aber ich kann nicht sehen, wer noch eingeladen ist. »Undisclosed recipients«, heißt die Zauberformel. Haben Oscars Eltern und sein Bruder auch diese Einladung bekommen? Sicher.
    Meine Eltern? Vermutlich. Sie sind achtzig Jahre alt, nicht tattrig, aber doch eher nicht so geschmeidig, an Weihnachten durch die Republik zu kurven und in einer Dreizimmerwohnung mit fremden Leuten zu feiern. Stefans Eltern? Das wäre in etwa dieselbe Problemlage.
    Meine Geschwister? Ich denke an meinen Bruder, Hannas Onkel. Er verfügt über eine ausufernde Patchworkfamilie, deren Mitglieder eher nicht bereit sein werden, nach Sachsen zu reisen. Und mit meiner Schwester spreche ich seit anderthalb Jahren nicht mehr – der Gedanke, sie bei Hanna zu treffen, macht mich beklommen.
    Also, wer ist noch eingeladen? Ich weiß es nicht und werde es nur durch Nachfragen erfahren. Es macht die Sache nicht einfacher, dass eine Antwort auf die Einladung binnen einer Woche erwartet wird. Hallo, wir haben Sommer! Meine Tochter war auch schon mal spontaner. Sei’s drum. Ich spüre den deutlichen Impuls, am 24.   Dezember nicht nach Leipzig aufzubrechen, um mit einer noch nicht näher beschriebenen Gruppe Menschen Weihnachten in einer Dreizimmerwohnung zu feiern und am Ende des Tages die Minibar eines Hotels zu inspizieren. Ich möchte nicht. Das zu erfahren wird die Gastgeberin nicht freuen, klar. Aber soll ich lügen?
    Ich stelle mir dieses Weihnachtsfest folgendermaßen vor.
    Leider kommen wir viel zu spät – die A9 war vereist, und es gab unterwegs Stau wegen eines üblen Unfalls mit zwei Schwerverletzten. Jetzt, gegen einundzwanzig Uhr, sind wir doch noch eingetroffen. Wir sitzen zu zehnt in Hannas und Oscars Wohnung. Sophie schreit und schreit schon den ganzen Abend, denn zu Weihnachten schenkt sie uns ihren ersten Milchzahn. Leider können wir nicht auf der Couch sitzen – weil Oscar darauf bestanden hat, seinen »eigenen Riesenweihnachtsbaum« aufzustellen, wurde das Möbel durch Küchenhocker von Nachbarn ersetzt. Aber zum Glück gehen immer drei bis vier Leute raus auf den Balkon, um zu rauchen. Wir sitzen derweil mit Oscars Großeltern da und tauschen Höflichkeiten aus. Kira haben wir letztlich zu Hause gelassen – sie wollte, wer mag es ihr verdenken, am Weihnachtsabend lieber bei ihrem Freund sein.
    Um zehn gibt es dann Essen. Die Weihnachtsgans, die Oscar wie versprochen zubereitet hat, schmeckt unglaublich lecker, auch wenn es bei zehn Personen für jeden nur ein kleines Stück geben kann. Auch die selbst gemachten Klöße von Oscars Mama sind kaum zu übertreffen, genauso wie der Stollen von Stefans Eltern. Leider, leider können weder Sophie noch Hanna mitessen – die eine, weil sie in einen fiebrigen Zahntraum gesunken ist und dort leise schluchzt; die andere, weil sie vor lauter Kummer über die Frage, ob man nicht doch noch den Kindernotarzt anrufen sollte, nichts runterkriegt. Auch von Oscar ist nicht viel zu sehen – er fungiert heute als Kümmerer und kümmert sich deshalb um alles …
    Gut möglich, dass ich übertreibe. Aber auch gut möglich, dass dieser Weihnachtsabend tatsächlich so ablaufen würde. Als meine Töchter klein waren, habe ich stets zugesehen, ein warmes, sicheres und gut vorbereitetes Plätzchen unter einem Großeltern-Weihnachtsbaum zu ergattern. Die Bestätigung, eine vorzeigbare Familie zu sein, zog ich nicht aus diesem Dezembertermin. Ich war einfach froh, dass jemand anderes kochte und backte, und dass dies jemand war, der über ausreichend Geld verfügte, Speisen und Getränke von gehobener Qualität zu kredenzen. Und wenn alles vorbei war – wenn die aufwendig verpackten Geschenke aus dem Papier gerissen und von kleiner Kinderhand auf den Haufen mit den anderen zwanzig Gaben gepfeffert waren –, dann war ich froh, einfach Mann und Kinder einpacken zu können und nach Hause zu fahren. Dort, wo wir die schlafenden Mädchen in ihre Betten trugen, kündete gerade mal ein Weihnachtsstrauß davon, dass die Christenheit sowie alle Ungläubigen wie ich diesen Abend gefeiert hatten. Darauf tranken wir noch einen Schnaps, und dann gingen auch wir ins Bett.
    Als die Töchter größer wurden, zogen wir in ein Haus. In dieses schöne neue Haus luden wir damals gleich nach dem Einzug die komplette Großfamilie ein. Internet gab es noch nicht. Aber ein Telefon, mit dem wir alle einluden und sie verdonnerten, dieses und jenes an

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