Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
Vom Netzwerk:
Schwangerschaft gezeichneter Körper und Zweifel in der Brust.
    Als ich zurückschlich, waren Sophie und Oscar verschwunden. Die Decke war über das ganze Bett ausgebreitet, doch darunter raschelte es. Es quietschte, jemand machte »pssst«. Die Decke begann sich zu bewegen. Ich hörte Sophies Arme auf die Matratze schlagen. Sie war ganz aufgeregt, weil plötzlich alles dunkelweiß war. Ich stand davor, und mir wurde klar, dass unter dieser Decke die zwei Menschen liegen, mit denen ich ein Bündnis eingegangen bin. Für sie und für mich bedeutet dieses Bündnis alles auf der Welt, und wenn ich nicht Teil davon wäre, wäre alles kaputt. Und deshalb blieb ich dabei. Als ich die Decke anhob und »Hallo« sagte, grinsten die beiden mich an.
    Worüber beschwere ich mich eigentlich? Ich habe doch alles, was ich jemals wollte, und noch viel mehr. Andere suchen danach ihr Leben lang. Bei mir kam es halt eher als gedacht, na und? Oscar sagt: »Wenn du willst, kannst du gleich nächsten Monat in den Flieger steigen und auf Kuba literweise Rum trinken und dir von nackten Männern Flammen über den Hintern tätowieren lassen.« Nein, ist schon gut, ich möchte kein Tattoo. Vielleicht irgendwann einen Nasenring. Aber erst wenn Sophie groß genug ist und nicht mehr getragen werden muss – sonst zerrt sie da immer dran rum.

LANGEWEILE UND UNRUHE
    ES WIRD MILCH GEKAUFT, ES WERDEN WINDELN GEBÜGELT UND GELERNT, DASS MUTTERSCHAFT GANZ SCHÖN LANGWEILIG SEIN KANN
    Als Hanna geboren wurde, war es Winter. Ein langer, kalter Winter in Ostberlin. Kachelöfen, frühe Dunkelheit, späte Helligkeit, fünf Fernsehprogramme. Es war frustrierend. Also ernsthaft: komplett frustrierend. Ich kann mich an eine Nacht erinnern, in der sich dieses neue Hanna-Baby als ausgesprochen anstrengend erwies und nicht im Entferntesten ans Schlafen dachte. Es war drei Uhr morgens, die Öfen in meiner Hinterhauswohnung waren längst kalt, der Fernseher zeigte – in Ost wie West – nur noch Testbilder. Und ich tigerte als einarmige Frau zwischen Küche und Zimmer hin und her. Ich schwor mir, die Erinnerung an diese Nacht sicher zu speichern und umgehend abzurufen, sollte ich erneut auf den verwegenen Gedanken kommen, noch mal ein Kind zu bekommen. Würde dieses Kind je wieder schlafen?, fragte ich mich. Würde es auch mal Ruhe geben? Würde ich jemals wieder mit beiden Händen essen können?
    Die Fragen waren berechtigt. Schließlich, das war eindeutig, fehlte es der Sechzig-Zentimeter-Lady an nichts. Satt, sauber, in schönster Fliegerposition auf Mutterns Arm – was wollte sie denn noch, verdammt?!
    Es gibt ja einen gütigen Gott, der macht, dass man das Schlimme beizeiten verdrängt. Gebärmutterkrämpfe, Dammnähte, Schlafmangel, Inkontinenz sowohl unten rum als auch im Brustbereich – geschenkt. Was kommt, geht auch wieder, sagt meine Mutter. Was ich aber nie vergessen habe, ist jene grüne Langeweile, die mich in den ersten, sagen wir, drei Monaten nach Hannas Geburt immer wieder befiel. Die Tage dehnten sich und waren von erschütternd kurzen Nächten flankiert, in denen die REM -Phase kaum länger als wenige Minuten zu dauern schien, so erschöpft war ich den überlangen Rest des Tages. Und was stellt man an mit einem Tag, der um fünf Uhr beginnt, durchaus mal bis zwei Uhr nachts dauern kann und dessen Struktur von einem winzigen Kind diktiert wird?
    Wenn ich heute im Drogeriemarkt des Vertrauens Mütter sehe, wie sie versonnenen und müden Blickes mit ihrem Kinderwagen die Regalreihen entlangschlendern und die überbordende Warenwelt inspizieren, bereit, bis zur nächsten Breimahlzeit oder dem Beginn des nachmittäglichen Müttertreffens sämtliche Inhaltsstoffe der angebotenen Produkte auswendig zu lernen – dann möchte ich die gern mal zur Seite nehmen und sie anbellen: So schön hatten wir es damals nicht! Nein, wirklich, so schön hatten wir es nicht. Es gab einen kleinen Laden, eine Kaufhalle, einen Gemüseladen – und wenn man damit durch war, konnte man sich noch zwischen Drogerie und Park entscheiden. Fachgeschäfte für Babydecken, Ökospielzeugboutiquen oder Babymassagepraxen waren noch nicht erfunden. Irgendwie mussten wir unsere Tage anders rumbringen.
    Ich erinnere mich, wie ich nach Hannas Geburt vor lauter Langeweile nicht nur anfing, meine hausfraulichen Fähigkeiten dahingehend auszubauen, dass ich Strampler und Hemdchen formationsweise auf die Leine hängte. Nein, ich begann auch, ihre Stoffwindeln zu bügeln und nach einem

Weitere Kostenlose Bücher