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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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Mutter. Beziehungsweise Vater, sofern vorhanden. Aber da war niemand, mit dem ich mich hätte freuen können. Hanna war bettreif, die Party im Kindergarten hatte sie echt mitgenommen. Und wer feierte mich?
    Ich war nun seit mehr als einem halben Jahr allein mit Hanna. Das war stressig, ja. Aber einsam? Nie. Alleinerziehende verfügen nämlich über die traumwandlerische Fähigkeit, dichte und gute soziale Netzwerke zu knüpfen. Sie okkupieren gnadenlos die Großeltern, sie freunden sich mit der Kindergärtnerin an, sie laden alte Freunde ein, die schon immer mal ein echtes Baby kennenlernen wollten. Sie sind sozial kompetent, dass es kracht. So war das im letzten halben Jahr gelaufen. Aber für diesen Abend hatte ich alle Knoten gelöst. Ich war ein bisschen irre gewesen und hatte tatsächlich geglaubt, die Bude für Hannas Vater und seine reuige Kindesliebe freihalten zu müssen.
    Sei’s drum. Er hat sich an diesem Tag nicht mehr gemeldet. Und auch an keinem weiteren von Hannas Geburtstagen. Genau genommen an überhaupt keinem Tag mehr. Dennoch denke ich gern an den Tag zurück, an dem Hanna eins wurde.
    Denn mein wunderbares soziales Netzwerk funktionierte natürlich einzigartig. Meine Freunde und Geschwister waren sich – anders als ich – völlig klar darüber, dass Hannas Vater NATÜRLICH nicht erscheinen würde. Sie packten Rosenthaler Kadarka ein und klopften ab halb neun, einer nach dem anderen, an meine Altbauwohnungstür. Wir tranken auf dieses wunderbare Kind in dieser verrückten Zeit, die in jeder Hinsicht kopfstand. Eins. Und noch eins. Und noch …
    Sophies erste Geburtstagsparty wird natürlich sensationell. Mag schon sein, dass so eine Einjährige nicht versteht, warum sich bei der Muttermutter plötzlich das Haus füllt, überall Leute herumsitzen und -stehen, die unmöglich auseinanderzuhalten sind. Leute, die jede Menge Kuchen mitgebracht haben, Kaffee trinken, Sekt schlürfen und der kleinen Sophie Sachen schenken wie einer etwas klein geratenen Gottheit. Kerzen brennen, Blumen leuchten, Schlagsahne türmt sich in Porzellanschalen. Es ist eine Freude, dass es da ist, dieses kleine Mädchen. Und es ist klar, dass das umfassend gefeiert wird, und zwar so lange, bis die blauen Augen zufallen und die Erwachsenen Brüderschaft trinken. Möge es so sein und bleiben.
    NA, DANN WISST IHR JA, WIE ES MIR GEHT! TOLLE ENKELKINDER FALLEN NICHT VOM HIMMEL, UND MEINE ELTERN SIND NICHTSNUTZE
    Sophie bekam gerade Zähne und war dementsprechend unleidlich. Und ich? Ich war so dämlich gewesen, mir deswegen eine ganze Woche ohne Oscar bei meinen Eltern zuzumuten. Meine Hoffnung lag darin, dass Sophie über die neue Umgebung so erstaunt wäre, dass sie ihre Schmerzen zumindest gelegentlich vergessen würde. Insgeheim wusste ich, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das funktionieren würde, sehr gering war. Deshalb hatte ich im Kopf schon einen doppelten Boden eingezogen und hoffte auf die umfassende Zuwendung durch meine Eltern. Sie sollten hellseherisch erkennen, wenn ich Hilfe brauchte. Sollten mir anbieten, Sophie eine Nacht lang zu übernehmen, damit ich mal wieder ausschlafen konnte. Ich war mir sicher: Meine Eltern waren mit meiner Schwester und mir selbst durch die Hölle gegangen, die mussten wissen, wie es mir und ihrem zahnenden Enkelkind ging. Am Ende dieser sieben Tage war ich ein nervliches Wrack, und es brauchte weitere sieben Tage verschlossener Türen und zugezogener Vorhänge in Leipzig, bis ich wieder Kontakt zur Außenwelt aufnehmen wollte.
    Ich hatte meine Rechnung ohne meine Eltern und ohne Sophie gemacht. Ich hatte vergessen, dass Sophie, gerade wenn es ihr schlecht ging, völlig fixiert auf mich war. Ihr kam natürlich nicht in den Sinn, meinen Eltern in die Arme zu springen und zu sagen: »Ja, nehmt mich mit. Ich will doch auch, dass meine Mama mal Ruhe hat, um mich danach mit leuchtenden Augen in Empfang nehmen zu können.«
    Aber meine Eltern mussten erstens arbeiten (das hatte ich tatsächlich verdrängt), und zweitens hatten sie schon während meiner Schwangerschaft oder vielleicht schon während meiner eigenen Kindheit (wer könnte es ihnen verübeln) beschlossen, dass Großeltern zu sein vor allem bedeutet, die Sonnenzeiten abzupassen und den Rest den Eltern ihres unendlich süßen und niemals trüben Enkelkinds zu überlassen. Sie ließen sich kein Stück erweichen. Hinzu kam, dass ich viel zu stolz war, um zu sagen: »Nimm sie, ich kann grad einfach nicht mehr.« Der Wille, das

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