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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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alleine zu schaffen und dabei auch noch zu glänzen, war größer. Der Wille, niemanden fragen zu müssen und für alle trotzdem zur Verfügung zu stehen. Damals waren das noch die Ansprüche, die ich an mich stellte. Und ich hatte das Gefühl, dass sie auch von anderen an mich gestellt wurden. Sei entspannt, bring das Kind mit links durch, und spiel dich nicht zu sehr auf. Du bist nicht die erste Mutter auf dieser Welt.
    Oscar war also nicht da, und meine Eltern kamen auch erst abends. Den Tag verbrachte ich damit, mich um eine sehr weinerliche Sophie zu kümmern, die eine überforderte Mutter hatte, welche sich das aber nicht eingestehen wollte und deshalb der stinkigen Sophie zum Vorwurf machte, dass die so stinkig war, obwohl man, wie man an Sophies Mutter gut erkennen konnte, auch ohne dieses ständige Rumgejammer gut auskommen konnte. Es war der Abend des dritten Tages, als ich Sophie zum Schlafen bringen wollte. Doch ihre großen runden Augen zwinkerten hin und wieder, machten also keine Anstalten, sich für eine längere Zeit zu schließen. Der Tag zog in ihrem Kopf seine Kreise und hinterließ Spuren der Verwüstung an ihren Neuronen. Da war nichts zu machen, außer zu warten, bis der Spuk vorbei sein würde. Wann das sein würde, war nicht vorherzusagen, das wusste ich. Einziger Anhaltspunkt waren die an diesem Tag bereits geschrienen Stunden. Vier. Na, dann konnte sie nicht mehr so viel Energie haben, dachte ich und rechnete mir aus, zum Abendprogramm vor dem Fernseher versacken zu können.
    Ich legte sie also aufs Bett und hoffte, nur eine halbe Stunde neben ihr liegen und ihre Hand halten zu müssen. Ich drehte sie, deckte sie zu, streichelte sie, sang für sie. Doch ihre Augen blieben geöffnet. Als dann meine Mutter nach Hause kam und ins Schlafzimmer stürmte, um »nur mal schnell nach der Süßen« zu gucken, war sie so wach, dass es wirkte, als hätte sie drei Tassen Kaffee getrunken. Ich nahm sie ins Tragetuch, das wirkte fast immer. Nach dreißig Minuten rumlaufen, wippen und möglichst monotonem Atmen lag ihr Kopf endlich auf meiner Brust, und ich wagte einen vorsichtigen Versuch, sie herauszunehmen.
    Doch just in dem Moment riss mein Vater, schnaufend von der Heimfahrt mit dem Fahrrad, die Tür auf und rief über die knarrenden Dielen hinweg: »Ist sie schon eingeschlafen, oder kann ich sie gleich noch mal sehen?« Klar, Sophie war wach, ich bekam einen Extrapickel auf der Nase und schrie in Gedanken: »klappeKlappe KLAPPE !« Also, letzte Instanz: Kind in den Kinderwagen, Kopf auf Durchzug schalten und einfach stur, ohne Emotionen, ohne nachzudenken, ohne Essen im Bauch und ohne überhaupt heute mal in den verdammten Spiegel geschaut zu haben, loslaufen.
    Sophie weinte, der Weg war beschwerlich, die Nacht brach herein. Alles egal, es würde gelingen. Irgendwann. Ich sang, sang. Stur vor mich hin. Dichtete eine Strophe an die andere, nur um nicht einfach den Kinderwagen stehen zu lassen und langsam bis zur Mitte des nahen Sees zu laufen. Als es endlich so weit war, ging ich nach Hause, drehte den Schlüssel um, schlich herein und brach nach drei Stunden endlich mein Schweigen. Mein Mund spie es aus. Spie es ihnen vor die Füße, wie sie da gemütlich vor dem Fernseher saßen und Asi- TV glotzten. »Na, ihr Nichtsnutze.«
    Und dabei hatte ich mich schon zurückgehalten. Mir waren noch ganz andere Sachen durch den Kopf gegangen. Meine Mutter ergriff auch gleich das Wort: »Na, hör mal. Entschuldige bitte, wir wohnen hier.« »Genau«, meinte mein Vater, »wir können doch nichts dafür, dass das Kind nicht schläft.« – Doch!, dachte ich und giftete: »Ihr habt ja keine Ahnung. Ich habe gerade drei Stunden lang versucht, dieses Kind zum Schlafen zu bringen, und konnte heute noch nicht mal duschen. Ich erwarte ja nicht, dass ihr mir helft, aber wenigstens ein bisschen mehr Ruhe, wenn ihr mitkriegt, dass hier gerade ein Nachtritual stattfindet.« »Du, wir sind mit euch beiden durch die Hölle gegangen.« Unisono: »Wir wissen sehr gut, wie schwierig es sein kann, Kinder zum Schlafen zu bewegen. Du bist nicht die erste Mutter auf dieser Welt.«
    Mit zitternder Stimme quetschte ich nur noch ein »Na, dann wisst ihr ja, wie es mir geht!« heraus und rannte in die Küche, um meine Wut, meine Erschöpfung und meine Verzweiflung in einem großen Schluck Milch zu ertränken. Mein Abendbrot für heute. Ich bin doch nicht zur Belustigung zu ihnen gefahren. Wenn sie ein tolles Enkelkind haben wollten,

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