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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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wäre ich in diesen genussfeindlichen Zeiten die kleine Sophie – ich würde selbstverständlich gieren nach dem verknappten Stoff, und ich würde Verbote übertreten, klar. Schokohasen als Zeichen kindlicher Anarchie, Twix als Erkennungsmarke unter Aufständischen, Gummibärchen als Zweitwährung unter den Schulhofunderdogs. Sieht so die Zukunft meiner Enkeltochter aus?
    Unsere auf Droge gehaltenen Kinder haben damals jedenfalls nicht gemacht, was wir uns für sie ausgedacht hatten. Unser schlaues Konzept von ausreichend verfügbarem Süßkram führte nicht dazu, dass sie irgendwann satt waren und sich von dem Zeug abwandten. Nein, sie wurden und sind bis heute große Freundinnen des süßen Lebens. Warum einfach nur Milch trinken, wenn man sie mit Kakao tunen kann? Wieso nur langweiliges Vollkornbrot, wenn der liebe Gott doch Nutella erfunden hat? Und was bitte soll an einem stinklangweiligen Bircher Müsli schon dran sein, wo es doch Schokomüsli für die Hälfte des Preises gibt?
    Gespräche, die wir als Erziehungsberechtigte mit ihnen zu führen versuchten, wurden mit folgender aggressiv gestellter Frage abgewürgt: »Findest du mich etwa fett?« In neun von zehn Fällen sagten wir: »Natürlich nicht!« Wer Töchter und eine Zuckersucht im Hause hat, wünscht sich nicht zum Ausgleich eine Magersucht. Räumten wir einmal ein, dass die Speckröllchen über dem Hosenbund womöglich, nur unter Umständen allzu freizügigem Zuckerkonsum geschuldet sein könnten, schossen augenblicklich die Tränen. Du findest mich also zu dick, signalisierten ihre Augen. – Neeeeein, funkte ich zurück, und mein Mund sprach: »Du siehst toll aus, weißte doch.«
    Zurück zu meinem Gespräch mit Hanna. Es geht also um Sophie, deren Eltern gerade darüber nachdenken, sie »einfach Süßes essen zu lassen«. »Ach so?«, sage ich. Und ich denke: Ist das nicht ein bisschen früh? Dann fasse ich mir ein Herz und lasse die Supermom raushängen. Ich erzähle Hanna, was ich weiß über das Thema. Dass ich auch mal dachte, Hanna und ihre Schwester quasi vorauseilend bewahren zu können vor der Sucht. Und wie miserabel das läuft, wenn ein Nugatjunkie wie ich den Therapeuten zu spielen versucht. Ich erzähle auch die lustige Geschichte von der Nugatstangenspende an den Kindergarten und dass derlei Verhalten heute womöglich mit einem Hausbesuch vom Jugendamt geahndet wird …
    Hanna lacht. »Hast du mal ein Taschentuch?«, fragt sie mich. Ich nestele ein sauberes hervor. Hanna beugt sich hinab zu Sophies Kinderwagen. Die hat gerade ein Schokocroissant ausgeweidet, braune Schmierspuren überziehen ihr kleines Gesicht. Während Hanna versucht, die größten Verheerungen zu beseitigen, sage ich: »Na ja, wenn du ihr Schokocroissants kaufst, ist sie eh schon drauf.« »Nein, nein«, entgegnet Hanna, »die haben mir beim Bäcker die falsche Sorte gegeben.« Träum weiter, denke ich. Und ich sage: »Ach so.«
    ICH LIEBE MEINEN ZUCKERHUT UND MEINE TOCHTER AUCH
    They call me Zuckerscout. Mein Leben ist wirklich wunderschön. Es gibt nicht vieles, was ich verändern würde, und ich gehöre zu den Leuten, die sagen: »Ich würde alles noch mal genauso machen.« Ich weiß, das klingt nach Augen verschließen und Unehrlichkeit. Aber selbst wenn das wirklich so ist, bin ich lieber unehrlich und freue mich meines Lebens, als mich selbst wegen zurückliegender Entscheidungen zu bedauern. Ich bin zufrieden mit meinem Kopf und kann mich glücklich über meine Familie schätzen. Ich bin weitestgehend unabhängig. Auch mit den Abhängigkeiten und Süchten ist es okay. Alkohol turnt mich nicht an, und Zigaretten sind mein Lackmustest für Stress.
    Nur eines in meinem Leben bestimmt wahrlich große Teile meines Alltags. Ich bin leider zuckersüchtig. Ich weiß, dass das eine Krankheit ist, die viele Menschen in Europa haben. Aber das macht es nicht einfacher. Eine Zuckersucht bedeutet, gerne und unkontrolliert Süßes zu essen, ohne dabei ein Ende zu finden. Alle Süßigkeiten auf der Welt zu kennen und ein eigenes kleines Ranking zu haben. Zuckersucht macht, dass man die Hauptspeise schnell hinter sich bringen möchte, um zum Nachtisch kommen zu können. Und gleichzeitig kann man es auch nicht richtig genießen, weil man immer im Kopf hat, dass man süchtig ist. Hinzu kommt das Gefühl, von anderen verurteilt zu werden, es heimlich tun zu müssen und ohne Zucker nicht richtig glücklich sein zu können. Es ist das Gefühl, das bei allen Suchtmitteln entsteht:

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