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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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sie nämlich bei McDonald’s gefeiert – mit ganz viel Cola, einem Happy Meal für jeden sowie anschließendem Kreischalarm auf der Rutsche. Seltsam: »Dreck« war ihnen im Laufe dieses beglückenden Nachmittags nicht begegnet.
    Heute frage ich mich, warum ich diese McDreck-Sache damals eigentlich so verdammt eng gesehen habe. Warum ich eine derartige Spaßbremse war, die sich an ihr Prinzip hielt, ihren Kindern diesen Kapitalistenfraß vorzuenthalten. Denn ich meinte das wirklich ernst. McDonald’s war Ausbeutung zum Essen, McDonald’s waren gerodete Regenwälder und bemitleidenswerte, antibiotisch verseuchte Rinder. McDonald’s war wie Bild-Zeitung kaufen: die Schande, bei der ich nicht gesehen werden wollte, nicht mal von völlig Fremden an irgendeiner Ausfallstraße.
    Als die Kinder in die Schule gingen, ließen meine Beharrungskräfte nach. Ich hatte zwei Mädchen herangezogen, die – gemäß dem Vorbild ihrer Eltern – gern über dieses und jenes diskutierten. Ein besonders strittiges Thema war gelb-rotes Fast Food. Die kleinen Ladys ratterten die Namen jener Freundinnen und Freunde herunter, die durchaus öfter und ohne sich zu vergiften bei McDonald’s speisten. Ich parierte, dass es mich nicht interessiere, was die Kinder anderer Eltern so trieben. Als aber eines Tages Kira nach Hause kam und stolz erzählte, sich soeben von ihrem Taschengeld einmal rundgefressen zu haben, gab ich auf. Ihr Taschengeld – das war ja gewissermaßen mein eigenes Geld. Und come on, hatte ich nicht neulich erst von einer megacoolen Berliner Freundin gehört, die bar jeden schlechten Gewissens regelmäßig mit ihrem Kind bei McDonald’s isst? Statt Abendbrot?
    Ich funktionierte nun McDonald’s pädagogisch um: vom Bösen zur großen Ausnahme, die wir nur an hohen Feiertagen machen dürften. Also an Geburts- oder Zeugnistagen. Und so geschah es. Das Zeugnis war noch nicht mal gründlich durchgelesen – da standen wir auch schon in der McDreck-Schlange und orderten das Happy Meal. Die Kinder waren glücklich im Quadrat, während ich vorsichtig von meinem ersten Cheeseburger kostete. Ganz ehrlich, bis heute schmeckt er mir nicht. Wenn ich so etwas esse, dann bin ich betrunken oder in Kinderbegleitung.
    Als Hanna in die Pubertät kam, wurde sie Vegetarierin. Gerade war das BSE-Virus entdeckt worden, im Fernsehen sahen wir gigantische Berge toter Rinder, von denen der Nachrichtensprecher ankündigte, sie würden verbrannt. Das war eindeutig zu viel für eine tierliebe Seele wie Hanna. Sie verweigerte von nun an den Fleischkonsum und schaute am Abendbrottisch so wenig betreten wie möglich auf unsere Buletten. Was sie betraf, hatte sich damit auch das McDonald’s-Problem in Luft aufgelöst – der Veggieburger war noch nicht erfunden. Und noch heute, da sie wieder Fleisch isst, bestellt sich Hanna lieber Salat oder einen McFlurry Oreo, wenn es uns doch mal zu den Gelb-Roten verschlägt.
    Mit Kira hingegen, der großen Fast-Food-Freundin, hatten wir nicht gerechnet. Sie hatte die frühen Jahre des Mangels nie verwunden, und als sie volljährig wurde, heuerte sie zu unserem Horror prompt als Aushilfskraft beim örtlichen McDonald’s an. Da holte sie während ihrer Abiturzeit alles nach, was wir ihr vorenthalten hatten: Burger bis zum Abwinken, XXL -Cola, Pommes nach Belieben. Sie haute sich das Zeug rein und ließ uns gegenüber nach Feierabend nicht unerwähnt, wie viel Kapitalistenfraß sie heute wieder genüsslich verschlungen habe. Manchmal brachte sie sich von der Arbeit selbst kreierte Burger mit, die so auf keiner Speisekarte stehen. Unmengen Industriefleisch mit Laufkäse, die aufdringlich nach Tierpanik rochen. Die aß sie vor unseren Augen und grinste sich eins.
    Kira war offenbar eine dermaßen gute, mit dem Produkt identifizierte Mitarbeiterin, dass sie bald weg von der Fritteuse hin zum McCafé wechseln durfte und dort kunstvolle Caramel Macchiatos und Chai Frappés anrührte. Zu Hause erzählte sie unter anderem gern vom McFrühstück, dessen Bestandteile sie selbst Hippies wie uns empfehlen könne. Der Kaffee sei wirklich gut, und diese McMuffins sollten sogar mir, ihrer Mutter, schmecken.
    Irgendwann war es dann so weit. Als Stefan und ich eines Morgens um acht Uhr von einer Fernreise zurückkehrten, holte Kira uns mit dem Auto vom Flughafen ab. Sie als Haushüterin hatte mitnichten daheim ein Frühstück für ihre Eltern vorbereitet. Nein, sie schleppte uns zu McDonald’s. Dem Ton, in dem sie die einzelnen

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