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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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frisch verliebt – wären da nicht Sophies Eltern gewesen. Denn ich mag ja gern mal ein bisschen wurschtig im Umgang sein, aber was Hanna nach monatelangem Kindervollkontakt ohne Pausentaste gerade fühlen musste, war selbst mir klar. So ein Baby ist wie eine Droge. Man ist voll drauf, und ja, man verflucht schon mal die Abhängigkeit. Aber der Entzug ist schlimmer.
    Hanna hörte sich jedenfalls schlimm an, als sie abends aus London anrief. »Ist alles okay? Wie geht es Sophie? Hat sie geschlafengegessengeweint?« Natürlich war alles okay. Aber etwas in Hannas Stimme sagte mir, dass sie im Grunde ihres Herzens gern gehört hätte, dass Sophie seit Stunden brüllte und dass das Kind aus Sehnsucht schon das Wort » MAMA !« gelernt habe, mit dem sie sich in den Schlaf greinte. Ich sagte: »Mach dir keine Sorgen, hier läuft alles, Sophie geht’s gut.«
    Angelegentlich dieses und aller weiteren folgenden Telefonate achtete ich darauf, in meine Stimme so viel Optimismus wie möglich, aber auch nur so wenig Überschwang wie nötig einzubauen. Die Mischung wirkte offenbar. Ich konnte Hanna hörbar davon überzeugen, dass das Kind sich keineswegs in einem kritischen Zustand befand; es sich aber auch angemessen nach seiner Mutter sehnte. Dass sie sich im Nebenzimmer gerade von ihrem Großvater durchkitzeln ließ, ließ ich besser unerwähnt. Das mit der Untreue – das wird Sophie ihrer Mutter später noch ausgiebig klarmachen.
    LONDON CALLING UND DIE REISE ZUM MITTELPUNKT MEINER WELT
    Wenn ein Kind zur Welt kommt, ändert sich alles. Da gibt es kein Lamentieren, kein Wenn und kein Aber. Meiner Meinung nach ändert sich einfach alles, und das ist auch gut so. Schlimm ist es nur dann, wenn man Angst vor diesen Veränderungen hat. Was habe ich vorher rumgeheult, dass dieses und jenes nicht geschehen dürfe, denn dann würde ich hässlich, dumm und unemanzipiert. Doch die drei wichtigsten Lehren, die ich aus meiner Mutterschaft gezogen habe, lauten erstens: Wovon du nicht willst, dass es mit dir passiert, das wird auch nicht passieren. Und zweitens: Die Veränderungen sind unumgänglich, lerne, sie zu wertzuschätzen. Drittens: Wenn Dinge passieren, die du vorher nicht wolltest, dann tu so, als hättest du sie heimlich gewollt.
    Doch bis ich das so richtig verstanden hatte, musste natürlich viel Zeit ins Land gehen, in der ich mein Leid klagen und nachts aus meinen Albträumen gerissen werden konnte. Ich hatte manchmal das Gefühl, nur auf diesen einen Moment hinzuarbeiten, wenn Oscar und ich endlich mal wieder zu zweit sein konnten. Endlich mal ein Gespräch führen, ohne dass der Satz von einem Babyschrei oder einem Mutterruf unterbrochen wurde. Wir wollten in eine möglichst kinderwagenungerechte Stadt fahren, die, wenn überhaupt, eine nur wenig reglementierte Umweltzone, möglichst viele Quadratkilometer für extra viel Fußläufigkeit und ein besonders verwirrendes Verkehrssystem hat. Wir mussten uns zwischen Kapstadt und London entscheiden. Wir wählten Großbritannien, weil man nicht so lange fliegt und als Bonus die Insellage hat. Dorthin würde Sophie ganz bestimmt nicht mitkommen können. Harhar.
    Dann heuerten wir meine Eltern an: »Papa, ihr habt doch bestimmt Lust, Sophie mal für ein paar Tage zu euch zu nehmen und endlich diesen ganzen Großelternquatsch durchzuziehen, oder? Ihr dürft ihr auch so viel Süßes geben, wie sie will. Außerdem kannst du Oscar und mir doch nicht die nötige Paartherapiezeit versagen wollen, wenn du möchtest, dass deine Enkeltochter in einer stabilen und glücklichen Familie aufwächst.« Das ganze Erpressungsprogramm also. Und es hat funktioniert. Meine Eltern willigten ein. In meinem Kopf ertönte ein Glockenspiel, und in meinem Bauch spannte sich ein Regenbogen auf. Welch Glück, endlich mal wieder ein echter Mensch sein zu können!
    Wir buchten sofort die Flüge, um bloß keine Rückkehr möglich zu machen. Anschließend buchten wir ein Raucherzimmer. Wie lächerlich, aber wir taten es, einfach weil es möglich war. Es stank entsetzlich nach kaltem Rauch, man konnte kein Fenster öffnen, es gab nur eine laute, sehr mittelmäßig funktionierende Klimaanlage. Wir rauchten dort ganze vier Zigaretten, aber das war es wert.
    Je näher der Tag der Abreise kam, desto mehr spürte ich, dass die uralte Wölfin in mir aufwachte und heftig knurrte. Sie fragte, ob ich denn dämlich sei. »Dein Kind heult doch schon, wenn du nur den Raum verlässt, wie soll es da vier Tage ohne dich

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