Als wir Roemer waren
Wohnung haben, brauchen wir unsere Sachen nicht immer jedes Mal mit dem Lift rauf und runter fahren.« Wir haben eine Straßenbahn genommen, ich war noch nie mit einer gefahren, die sind wie Züge, die auf der Straße fahren, ich hab »Gatto« gelernt, das heißt »Katze«, und »Kahne«, das heißt »Hund«, und »Pitschohne«, das heißt »Taube«. Dann ist Mum ganz plötzlich aufgestanden und hat gesagt, »wisst ihr was? Wir steigen einfach hier aus, wir haben
noch jede Menge Zeit.« Ich dachte, »was gibts denn hier? Eine Überraschung, ist hier ein Zoo?«, aber es war ganz was anderes. Mum ist mit uns ein paar Straßen weitergegangen, und dann hat sie auf ein Hochhaus gezeigt, und ihre Augen wurden richtig träumerisch, und sie hat gesagt, »seht ihr die Fenster da oben? Da habe ich mal mit Chrissie und einer anderen Frau gewohnt. Das war eine schöne Zeit.«
Ich dachte, »wie Mum hier gewohnt hat, war ich nicht dabei, ich war überhaupt noch nicht da, sie wusste noch nicht mal was von mir.« Das war seltsam, wie wenn ich das nicht denken konnte, ich konnts einfach nicht. Ehrlich gesagt, war ich ein bisschen böse auf Mum, dass sie ohne mich so eine schöne Zeit gehabt hat, und deswegen wollte ich das Fenster überhaupt nicht angucken. Ich dachte, »es sind so viele, da kann ich sowieso nicht sehen, welches sie meint.« Ich sagte, »aber die Wohnung. Wir dürfen nicht zu spät kommen, sonst ist sie weg, Mum«, aber sie sagte, »wir haben noch jede Menge Zeit. Kommt, Lesongfong, wir gehen in die Bar, wo ich morgens immer einen Kaffee getrunken habe.«
Also sind wir in die Bar gegangen, und Mum hat die Frau angeblinzelt, wie wenn es wirklich sonnig war, und gesagt, »Klara ssei tu?« Das heißt »Klara, bist du das?«, und die Frau hat auch mit den Augen geblinzelt, aber sie hat gesagt, nein, sie ist nicht Klara, sie ist Dschina, sie kennt keine Klara, und da hab ich gesagt, »dann lass uns gehen, die Wohnung angucken, Mum«, aber Mum hat gesagt, »nein, wir bleiben noch und trinken was«, sie hat gesagt, »wir setzen uns nach draußen«, was, ehrlich gesagt, dumm war, weil es draußen teurer war, und deswegen ist dann natürlich auch alles schiefgegangen.
Mum saß auf ihrem Stuhl, es war ein schöner, sonniger Tag, wir saßen alle nebeneinander in einer Reihe und haben auf den Platz geguckt, da war Markt, und die Leute haben
Gemüse gekauft, und sie sagte, »ich hab wirklich gern hier gewohnt, es ist ein gewachsenes Stadtviertel«, und ich sagte, »ich mag den Apfelsaft nicht, der ist eklig«, ich sagte, »kann ich von dir was abhaben, Jemima?« Sie hatte nämlich Schwarze Johannisbeere, den hatte ich noch nie getrunken, und eigentlich hätte Mum ihn ihr gar nicht geben dürfen, weil sie sich bestimmt bekleckert und die Flecken nie wieder rausgehen. Jemima hat nicht geantwortet, deswegen hab ich gesagt, »denk dran, Jemima, man muss teilen können«, aber sie hat bloß mit ihrem Strohhalm geschlürft, und ich dachte, »das macht man nicht, das sind schlechte Manieren.« Ich hab Mum angeguckt, aber die hat sich mit zuen Augen auf dem Stuhl zurückgelehnt, und da dachte ich, »na dann.«
Ich war schnell, ich hab mich vorgebeugt und mir Jemimas Flasche weggeschnappt, bloß damit sie mit mir teilt, weil Mum sagt, das gehört sich so. Aber Jemima war böse, sie hat geschrien und wollte sie mir wieder wegnehmen, obwohl ich noch keinen Schluck getrunken hatte, ich hatte die Flasche noch nicht mal am Mund. Da hat Mum gesagt, »Lawrence, ich bitte dich«, was nicht fair war, und ich hab gesagt, »ich will doch bloß probieren«, und ich hab nicht losgelassen, wir haben sie nämlich beide festgehalten. Ich sagte, »sie soll teilen«, und wie Mum gesagt hat, »lass los, Lawrence«, ist ein Unfall passiert, es war nicht meine Schuld, die Flasche ist mir irgendwie aus der Hand gesprungen, ganz von alleine, und Jemimas Kaninchen-T-Shirt war von oben bis unten voll Saft. Ich dachte, »au nein, die Flecken gehen nie wieder raus.«
Mum hat mich total böse angeguckt, was auch nicht fair war, weil ich ja gar nichts gemacht hab, es war Jemimas Schuld, ich hab sie schließlich nett gefragt, und dann hat Mum unter ihren Stuhl gegriffen. Ich glaube, sie wollte ein Papiertaschentuch rausholen, um Jemimas Kaninchen-T-Shirt abzutrocknen, aber genau weiß ich es auch nicht,
weil sie es natürlich nie rausgeholt hat, sie ist bloß ganz schnell aufgestanden, wie wenn sie von einer großen Biene gestochen worden ist, und hat gerufen,
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