Als wir Roemer waren
sagte, »keine Ursache«, und es war wirklich, wie wenn sie wieder Freunde waren.
Aber dann sind sie runter zum Meer gegangen, es war schon fast dunkel, und Agrippina hat gesehen, dass ihr Boot untergegangen war. Nero sagte, »ach Gott, guck mal, dein Boot. Das war bestimmt ein Unfall«, was natürlich gelogen war, weil er seinen Dienern befohlen hat, es kaputtzumachen. Er sagte, »keine Sorge, Mum, du kannst mein Boot nehmen.« Agrippina sagte, »danke schön, Nero«, sie hatte keinen Verdacht, also ist sie mit dem versenkbaren Boot abgefahren. Es war nicht stürmisch, die See war ruhig, es war ein wunderbarer Abend, aber plötzlich ist das Boot aus dem Leim gegangen, Stücke sind abgebrochen, und die Masten sind ins Wasser gefallen, und es hat sich total aufgelöst, bis nichts mehr übrig war, bloß ein paar kleine Holzteile. Aber Agrippina konnte total gut schwimmen, und sie und ihr Diener sind bis zum Strand zurückgeschwommen, obwohl es ganz, ganz weit war, und sie wurden gerettet.
Agrippina hatte immer noch keinen Verdacht, sie dachte, »o Mann, das war aber kein besonders stabiles Boot«, und sie hat ihren Diener zu Nero geschickt, damit er ihm erzählt, was passiert ist. Nero saß auf seinem Kaiserstuhl und hat sich angehört, wie der Diener erzählt hat, dass sie gerettet worden sind, und er dachte, »au nein, das ist schlecht, mein Plan hat also doch nicht funktioniert«, aber
er hat nichts gesagt und so getan, wie wenn er sich freut, er hat gelächelt und gesagt, »meine arme Mum, Gott sei Dank, dass ihr nichts passiert ist.« Aber dann hat er jemandem befohlen, dass er sich von hinten an den Diener ranschleicht und neben ihm einen Dolch auf den Boden fallen lässt, der hat laut geklappert, und Nero hat gesagt, »guckt mal, ein Dolch, der wollte mich heimtückisch ermorden. Bestimmt hat Mum ihn geschickt.« Also wurden der Diener und Agrippina verhaftet und hingerichtet, und wie sie endlich tot war, hat er gedacht, »hurra.«
Danach hatte Nero Angst, dass ihn jetzt alle hassen, weil er seine Mutter hinrichten lassen hat, und er dachte, »ich will nicht wieder nach Rom zurück. Da schreien sie ja doch bloß alle unanständige Beleidigungen«, aber da hat er sich getäuscht. Wie er wieder zurückgekommen ist, standen die ganzen Römer in ihrem Sonntagsstaat am Straßenrand, wie wenn Nero grade einen großen Krieg gewonnen hat, und sie haben gejubelt und gerufen, »gut gemacht, Nero, Gott sei Dank hat dich keiner heimtückisch ermordet«, aber das war natürlich nicht echt, in echt haben sie gedacht, »wie schrecklich, er hat seine eigene Mummy umgebracht.« Das war bloß, damit sie nicht hingerichtet werden. Und da dachte Nero, »hurra, sie hassen mich doch nicht.«
Aber dann ist was Seltsames passiert. Plötzlich wusste Nero, dass seine Mutter ihn beobachtet. In Wirklichkeit war es ihr Geist, Nero konnte sie nicht sehen, aber er wusste, sie war da, er konnte es spüren, sie war immer hinter ihm und hat ihn noch böser ausgeschimpft als früher, bevor er sie hinrichten lassen hat. Nero dachte, »das ist schrecklich«, er dachte, »was kann ich machen, damit sie weggeht?« Er hat extratolle Zauberer aus Persien kommen lassen, damit sie sie wieder herzaubern, damit er sagen kann, »tut mir wirklich leid, Mum, dass ich dich hinrichten lassen habe, und jetzt lass mich bitte in Frieden«, aber die
Zaubersprüche haben nicht funktioniert, sie haben nicht geklappt, Agrippina ist nicht wiedergekommen. Also ist er sie nie wieder losgeworden, ihr Geist ist noch viele Jahre hinter ihm hergelaufen. Sie hat ihn nie mehr in Frieden gelassen, bis er auch tot war.
Ich war nicht der Einzige, der an dem Morgen nicht geredet hat, von den anderen tats nämlich auch fast keiner. Tschintzia hat nichts gesagt, sie stand mit verschränkten Armen und zusamengekniffenen Augen an der Spüle, und ich dachte, »jetzt hasst sie uns wirklich.« Klaudio hat auch nichts gesagt, seine Augen waren komisch, wie ausgeknipst, wie wenn er sich dahinter versteckt, damit er nicht weinen muss, ich dachte, »los, Klaudio, heul doch, heul dir ruhig die Augen aus dem Kopf.« Und Gabrielle hat auch nichts gesagt, aber nicht, weil er sauer war, ehrlich gesagt, war er richtig fröhlich, jetzt, wo wir ausgezogen sind. Kaum hatte Mum unsere ganzen Taschen gepackt, hat er jede Menge Spielsachen geholt, die durften statt uns ins Wohnzimmer, er hat den Fernseher richtig laut angemacht und Fernsehen geguckt. Die Einzige, die an dem Morgen überhaupt
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