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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Kneale
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ich wusste, dass wir das nicht können, weil wir uns ja wahnsinnig beeilen mussten, ich hab gedacht, »vielleicht ja doch«, aber sie ist einfach vorbeigefahren. Dann hab ich gedacht, »ich hab eine Idee, ich erinnere mich an alles, was wir da gemacht haben, an die Karussells und wie Mum Italienisch gesprochen hat und was wir alle gesagt haben.« Mum sagt immer, ich hab ein wahnsinnig gutes Gedächtnis. Ich hab gedacht, »wenn ich mich an alles erinnere, dauert das genauso lange, wie wir da waren, dann ist es so, wie wenn wir alles noch mal machen«, und ich habs echt versucht, ich hab überlegt und überlegt, aber es war schwer, ich hab immer an andere Sachen gedacht, die sind mir einfach in den Kopf gekommen, und ich musste wieder von vorne anfangen, es ging nicht anders.

    Wie Jemima aufgewacht ist, hat sie gesagt, »ich will keine Plätzchen mehr, ich will Pizza, ich will Hühnchen, ich will Bonbons«, aber Mum hat gesagt, »wir können jetzt nicht anhalten, Lamikin«, was gut war. Wir sind gefahren und gefahren, bis es dunkel war. Ich hab die Scheinwerfer von den anderen Autos gesehen und gedacht, »es kommt mir so vor, wie wenn ich schon immer und ewig in diesem Auto sitze, kaum zu glauben, dass wir erst heute Morgen losgefahren sind.« Dann muss ich wieder eingeschlafen sein, weil ich nämlich aufgewacht bin, und wir sind nicht mehr gefahren, wir standen auf einer kleinen Straße neben ein paar Bäumen, es war auf dem Land. Es war ein bisschen kalt im Auto, aber Mum hatte mir meine Jacke umgelegt, wie eine Decke, und ich dachte, »das ist schön.« Und obwohl mir von der langen Sitzerei ein bisschen die Knochen wehgetan haben, hat es mir eigentlich nichts ausgemacht. Ich hab gedacht, »wenn wir in ein Hotel gegangen wären, hätte es ewig viel Zeit gekostet und ganz viel Geld, so ist es besser.« Ich konnte nicht schlafen. Ich hab gehört, wie Mum und Jemima geatmet haben. Ich hatte Hunger, deswegen hab ich noch ein paar Plätzchen gegessen, obwohl ich sie langsam nicht mehr sehen konnte, ich hab ein paar Schluck Fanta getrunken, aber die war warm und nicht mehr richtig sprudelig. Ich hab gedacht, »die Plätzchen knuspern echt laut, wenn ich reinbeiße«, ich hab gedacht, »mal sehen, ob Mum und Jemima aufwachen«, aber sie sind nicht aufgewacht, Jemima hat bloß angefangen zu schnarchen. Also hab ich aus dem Fenster rauf zum Himmel geguckt und gedacht, »wo bist du, schwarzes Loch in dem Knubbel in der Mitte von der Milchstraße?«, ich hab gedacht, »wo bist du, Großer Attraktor?«, aber es war bewölkt, und ich konnte bloß ein paar Sterne sehen, die sahen echt klein aus.
    Wie ich wieder aufgewacht bin, war es Morgen, wir sind auf der Autobahn gefahren, und Jemima hat gesagt, »ich
will ein Kroassong und Apfelsaft«, aber Mum hat gesagt, »wir haben jetzt keine Zeit dafür, Lamikin, später vielleicht. « Wir sind gefahren und gefahren, bis ich ein Schild gesehen hab, auf dem Paris 82 stand, und da hat Mum sich umgedreht und geflüstert, weil Jemima wieder im Land der Träume war, sie hat gesagt, »so gut, wie wir vorankommen, schaffen wir es womöglich bis heute Abend sogar noch rauf nach Schottland.« Ich hab gedacht, »das ist ja ein Ding«, ich hab gedacht, »Wahnsinn, dann haben wir doch nicht Monate gebraucht«, und es war komisch, plötzlich hab ich mich echt seltsam gefühlt, wie wenn ich gleichzeitig schneller und langsamer fahren will, ich konnte mich nicht entscheiden. Ich wollte sofort da sein, in dieser Sekunde, wie um nicht zu spät zu kommen, und dann wieder wollte ich überhaupt nicht ankommen. Dann muss ich wohl wieder eingeschlafen sein, weil, wie ich aufgewacht bin, war da ein Schild für England, Mum hats mir gesagt, da stand Angleterre drauf, und plötzlich war ich so aufgeregt, und obwohl wir bloß ein, zwei Tage bleiben wollten, um dafür zu sorgen, dass Dad uns nicht kriegt, dachte ich, »hurra hurra, wir fahren nach Hause.«
    Die Zahlen auf den Schildern für den Kanaltunnel wurden kleiner und kleiner, und obwohl es blöd war, weil ich wusste, dass es nicht geht, hab ich die ganze Zeit gedacht, »wär es nicht schön, meine ganzen Freunde wiederzusehen, Tommy und Ritchie und Peter Norris, und ich würd zu gern wissen, was für Junge Tania Hodgsons Katze gekriegt hat, ob sie alle getigert sind, und was Mr. Simmons in der Schule durchgenommen hat.« Auf einmal waren wir ganz kurz vor dem Tunnel, hinter einer Mauer konnte ich das Meer sehen, Jemima hat gerufen, »Zug fahren, Zug

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