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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Kneale
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»es ist schön hier im Auto. Warum bleiben wir nicht einfach sitzen?« Und zum Schluss bin ich natürlich gar nicht mehr dazu gekommen, mich zu entscheiden, weil was passiert ist. Ich hätts wissen müssen, das war echt blöd von mir, aber Mum hat es auch nicht kommen gesehen, wir waren so in unser Gespräch vertieft, dass wir gar nicht mehr da dran gedacht haben. Jemand hat gesagt, »was meinst du damit, dass Dad was Schreckliches macht?«, und dieser Jemand war Jemima, wir hatten sie nämlich aufgeweckt. Ich hab gedacht, »au nein, wir haben vergessen zu flüstern.« Ich hab gedacht, »das ist übel, was sollen wir jetzt machen?« Dann hab ich gedacht, »ich weiß was. Ich sorge dafür, dass sie gar nicht erst richtig loslegen kann, so kann ich Mum helfen«, und ich hab gesagt, »halt die Klappe, Jemima, du bist noch zu klein, du verstehst das
nicht«, aber es hat nicht funktioniert. Jemima hat geschrien, »was sagst du da über Dad?«, und Mum hat sich mit den Fingern durchs Gesicht gewischt, wie wenn sie was abkratzen will, sie hat gesagt, »vielleicht ist es besser, wir sagen es ihr einfach, Lawrence, früher oder später muss sie es sowieso erfahren.«
    Das war ein Ding. Ich hab gesagt, »okay, Mum, wenn du meinst.« Also hat Mum es ihr gesagt. Sie hat Jemima erzählt, wie Dad versucht hat, bei uns einzubrechen, und wie er die ganzen Nachbarn gegen uns aufgehetzt hat und dass wir deswegen nach Rom gefahren sind. Ich hab Jemima über Hermanns Käfig drüber weg beobachtet, und ich hab gesehen, wie ihre Augen immer größer geworden sind, dass ich schon gedacht hab, sie platzen gleich, und da hab ich gedacht, »au nein«, aber Mum hat nicht aufgehört. Sie hat ihr erzählt, dass Franssien eine Feindin war, die Dad verraten hat, wo wir in Rom wohnen, so dass er hinter uns hergekommen ist, mit der Ryanair, und dann hat sie ihr erzählt, wie er den Erdbeerkuchen vergiftet und die Messer in unsere Betten getan hat und die Giftfäden ins Wasser, und dass sie deswegen nicht baden durfte. Jetzt hat Jemima ein komisches kleines Geräusch gemacht, wie eine Maus, ich glaube, Mum hats auch gemerkt, aber sie hat bloß noch schneller geredet, sie hat gesagt, »und darum sind wir nach Schottland gefahren, es muss ein für alle Mal ein Ende haben, verstehst du, Lamikin? Es gibt keinen anderen Ausweg.« Und dann hat sie noch was gesagt, sie hat es netter ausgedrückt, wie wenn sie bloß alles hübsch wieder in Ordnung bringen will, aber sie hats gesagt. Sie hat ihr gesagt, was wir jetzt machen wollten.
    Einen Augenblick lang ist alles ruhig geblieben. Mum hat gewartet, aber ich hab gedacht, »au nein«, weil, es war, wie wenn das Meer zurückgeht, bevor eine große Welle kommt und einem ins Gesicht klatscht. Ich hab gedacht,
»hätten wir ihr doch bloß gesagt, dass sie die Klappe halten soll, weil sie noch zu klein ist und nichts versteht, hätten wir bloß gesagt, dass Mum jetzt ihren Tee einkaufen geht«, aber es war zu spät, weil Jemima da schon losgelegt hat. Es war, wie wenn das ganze Auto voll von ihr ist, zuerst war es bloß ein Schrei, aber dann ist ein Wort draus geworden, das Wort war »neiiin«, sie hat gesagt, »Dad ist lieb, der hat das nicht gemacht.«
    Mum hat mich angeguckt, wie wenn sie sagt, »was für eine Nervensäge«, und ich hab sie auch angeguckt, das hieß, »aber echt«, und es war komisch, auf einmal war es wieder unser Plan, meiner und Mums, und den wollte ich mir von Jemima nicht kaputtmachen lassen. Ich hab gedacht, »wie soll es jetzt wohl weitergehen?«, aber es war dann doch ganz einfach. Mum hat nicht so ausgesehen, wie wenn sie sich Sorgen macht, sie hat gesagt, »das verstehst du, wenn du älter bist, Lamikin, verlass dich drauf«, dann hat sie den Kopf zwischen den Sitzen rausgezogen, und da hab ichs plötzlich verstanden, ich hab gedacht, »aber natürlich, Jemima kann sowieso nichts machen, weil sie ja angeschnallt ist.« Ich hab gedacht, »ich helfe Mum«, und hab mich abgeschnallt, Jemima hat gebrüllt und versucht, aus ihrem Sitz rauszukommen, aber das konnte sie natürlich nicht. Also bin ich ausgestiegen und hab meine Tür zugemacht, damit man ihr Geschrei nicht mehr so laut hört. Ich wollte grade sagen, »ich hol schon mal den Benzinkanister, Mum«, aber da bin ich überhaupt nicht mehr zu gekommen, weil nämlich schon wieder was Neues passiert ist.
    Da stand nämlich ein Mann, der hat Mum angeguckt. Er hatte eine Jacke an, die war rot und knubbelig, wie wenn er da Plastiktüten

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