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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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glänzende Nägel; sie sind dunkelrot lackiert, die Farbe erinnert an Wein. Jenny dreht sich um und sagt etwas, das von der Musik übertönt wird.
    »Was?«, fragt Hannah.
    »Der Rauch«, sagt Jenny mit lauterer Stimme. »Stört er dich?«
    Hannah schüttelt den Kopf.
    Jenny dreht sich wieder nach vorn. Im Grunde ist die laute Musik ein Segen, so ist keine echte Unterhaltung möglich.
    Sie benötigen fast zwei Stunden, um Springfield zu erreichen. Als sie die Autobahn verlassen, fallen Hannahs Lider zu. Ihr Mund ist trocken; wenn sie jetzt spräche, würde ihre Stimme vermutlich rau klingen.
    Michelles Freund wohnt in einer Apartmentanlage auf einem Hügel. Obwohl sie schon mal da war, weiß Michelle nicht mehr, welcher Eingang der richtige ist, und so fahren sie im Kreis und prüfen die Nummern. »Irgendwo |60| in der Mitte«, sagt Michelle. »Das weiß ich. Oh, hier ist es, fahr da rein!«
    »Danke, dass du mich gewarnt hast«, scherzt Kim, als sie in die Auffahrt biegt und hinter einem Geländewagen parkt.
    Hannah folgt den anderen zur Tür. Jenny und Angie tragen beide je zwei Sixpacks, die sie aus dem Kofferraum geholt haben. Sie gelangen in eine Eingangshalle mit braunem Teppichboden und weißen Stuckwänden, an der linken Seite befinden sich die Briefkästen. »Ich rieche Testosteron«, sagt Kim, und alle lachen.
    Als sie die Treppen hinaufsteigen, hört man die Wintermäntel gegen das Geländer streifen. Auf dem Treppenabsatz dreht sich Angie um und sagt: »Geht es mit dem Lippenstift?«
    Hannah versteht nicht auf Anhieb, dass die Frage an sie gerichtet ist, obwohl sie unmittelbar hinter ihr steht. Nach einer Pause sagt sie: »Klar. Bestens.«
    Michelle klopft an die Tür. Hannah hört Musik. »Geht es mit dem Lippenstift?«, fragt Angie jetzt Jenny, und die antwortet: »Perfekt.« Die Tür geht auf und gibt den Blick auf einen untersetzten, dunkelhaarigen jungen Mann frei, dessen rotes Gesicht mit Stoppeln übersät ist. In einer Hand hält er eine Bierdose. »Michelle, ma belle«, sagt er und schließt sie in die Arme. »Du hast es geschafft.« Er schwenkt die Bierdose. »Und wer sind die anderen Schönheiten?«
    »Sekunde.« Michelle streckt den Zeigefinger aus. »Angie, Jenny, Kim, Hannah. Mädels, das ist Jeff.«
    Jeff nickt kräftig. »Immer herein«, sagt er. »Für Fragen und Wünsche stehe ich euch jederzeit zur Verfügung. Ein Wort genügt.«
    »Wie wär’s mit einem Drink, für den Anfang«, sagt Michelle und drängt sich an ihm vorbei in die Wohnung.
    |61| »Da lang.« Mit ausgestrecktem Arm weist Jeff ihnen den Weg, eine nach der anderen defilieren sie an ihm vorbei. Hannah bemerkt, wie Kim und Jeff sich ansehen. Obwohl sie Kims Gesicht gar nicht sieht, denkt sie plötzlich, dass es heute Abend zwischen den beiden funken wird. Vermutlich werden sie Sex haben. Blitzartig wird ihr klar, dass es hier und jetzt nur darum geht: ums Aufreißen und Aufgerissenwerden. Geahnt hatte sie es bereits, aber jetzt ist es offensichtlich.
    Im Wohnzimmer befinden sich etwa ein Dutzend Typen und zwei Mädchen, eins davon eine hübsche Blondine in enger Jeans und schwarzen Lederstiefeln. Das andere Mädchen trägt ein Kapuzensweatshirt und eine Baseballkappe. Während der hektischen Vorstellungsrunde reimt sich Hannah zusammen, dass das hübsche Mädchen eine Freundin von außerhalb ist und das andere am hiesigen College studiert. Hannah nimmt weder die Namen der Mädchen noch die der Jungen richtig auf. Anlage und Fernseher laufen beide – im Fernsehen wird ein Basketballspiel übertragen –, und im Zimmer ist es ziemlich dunkel. Die Anwesenden stehen in Grüppchen zusammen, sitzen auf dem Boden oder auf einer der beiden Couchs, rauchen. Einer der Typen spricht in ein schnurloses Telefon und läuft dabei zwischen Wohnzimmer und dem hinteren Teil des Apartments hin und her. Hannah geht in die hell erleuchtete Küche. Angie reicht ihr ein Bier, dann geht Hannah ins Wohnzimmer zurück und stellt sich neben das eine Sofa. Da ihre Augen automatisch zum Bildschirm wandern, gibt sie vor, das Spiel zu verfolgen.
    »Du bist doch kein Sonics-Fan, oder?«
    Hannah schaut zur Seite. Ein Typ sitzt auf der Couch, mit den Füßen auf dem niedrigen Tisch davor.
    »Nein.«
    Ihre Antwort war eindeutig zu kurz; wenn sie von ihm |62| erwartet, dass er die Unterhaltung fortsetzt, muss sie noch etwas sagen.
    »Wie ist der Spielstand?«, fragt sie.
    »Fünfundsiebzig zu achtundfünfzig. Die Knicks haben es im Sack.«
    »Oh, toll«,

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