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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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ist doch total süß.« Leise fährt sie fort: »Und wie findest du …« Sie blickt nach links.
    |65| »Den mit der Brille?«, flüstert Hannah.
    »Nein, den anderen. Er heißt Dave.«
    »Daumen rauf«, sagt Hannah. »Schnapp ihn dir!« Schwer zu sagen, was ihr unwahrscheinlicher vorkommt: die Tatsache, dass sie dieses Gespräch in Hörweite des Betroffenen führen, oder die Tatsache, dass Hannah überhaupt an einem solchen Gespräch beteiligt ist. Offenbar ist sie in der Lage, den richtigen Ton anzuschlagen und die passenden Worte zu finden. Von dieser Fähigkeit sollte sie häufiger Gebrauch machen. Vielleicht hat sie sich ja bloß eingebildet, dass sie nur schwer Freundschaften schließen kann.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrt, sieht Hannah allerdings Michelle neben Todd sitzen. Es macht ihr nichts aus. Auf der anderen Seite ist noch Platz. Sie steigt über deren Beine und murmelt ein »Hey«, als sie sich hinsetzt.
    Keiner der beiden antwortet. »Mein Vater hat einen BMW M5 gekauft«, erzählt Michelle. »Den hat er sich zum Fünfzigsten selbst geschenkt.«
    »Sprecht ihr gerade über Männer in der Midlife-Crisis?«, fragt Hannah.
    Michelle sieht Hannah an: »Wir sprechen gerade über Autos.« Sie wendet sich wieder Todd zu: »Und seitdem sag ich nur noch ›Dad, wenn ich was für dich besorgen soll, gib einfach Bescheid.‹«
    »Was die aktuellen BMWs von den älteren …«, hebt Todd an, und Hannah dreht sich weg. Auf der zweiten Couch, die einfach nahtlos an die erste geschoben wurde, sitzt das Mädchen, das Maschinenbau studiert, und kippt Shots mit drei Jungs. Im Fernsehen scheint das Basketballspiel gelaufen zu sein. Zwei Kommentatoren sprechen Sätze in ihre Mikros, die Hannah nicht hören kann. Ihre Energie sinkt in den Keller. Sie setzt die Flasche an und stürzt das Bier hinunter. Sie könnte zu Jenny in die Küche |66| zurückgehen, aber sie will nicht wie eine Klette wirken.
    »Hey.« Todd tritt ihr sanft gegen das Schienbein. »Lässt du dich hängen?«
    »Es war ein ziemlich harter Tag.«
    »Ach, weil du so viele Bilder angucken musstest?« Er lächelt, und sie denkt, dass er sich vielleicht noch nicht endgültig für Michelle entschieden hat.
    »Du ahnst ja nicht, wie anstrengend das ist«, sagt Hannah.
    »In diesem Semester habe ich freitags keine Kurse«, sagt Michelle. »Das ist einfach herrlich.«
    Auch Hannah hat freitags keine Kurse belegt, und das erklärt vielleicht den Hustensaft – kaum ist der Freitagnachmittag angebrochen, liegen bereits mehr als vierundzwanzig Stunden uneingeschränkter Freiheit hinter ihr.
    »Ihr Kunst-Typen«, sagt Todd. »Ihr wisst ja gar nicht, wie gut ihr es habt.«
    »Mann, ich mache gerade mein Physikum«, sagt Michelle. »Ich arbeite mir den Arsch ab.«
    »Du vielleicht, aber sie« – er weist mit dem Daumen auf Hannah – »studiert Kunstgeschichte. Alles, was du je über die
Mona Lisa
wissen wolltest, kannst du von Hannah erfahren.« Er gibt sich Mühe, denkt Hannah. Vielleicht nicht viel, aber immerhin ein bisschen. Er sieht auch nicht übel aus, und sie hat den Verdacht, dass er betrunken ist; umso besser, denn wenn er betrunken ist, wird ihm beim Küssen vielleicht gar nicht auffallen, wie dämlich sie sich anstellt.
    »Hannah und ich kennen uns eigentlich gar nicht«, sagt Michelle. »Bevor wir dich abgeholt haben, hielt ich dich für jemand anders. Die heißt aber Anna, glaube ich.«
    »Und ich denk die ganze Zeit, ihr seid dick befreundet«, sagt Todd. »Und stell mir vor, wie du Hannah die Haare kämmst, während sie sich deine Seidenstrümpfe borgt.«
    |67| »Da muss ich dich leider enttäuschen, keine Sau unter siebzig trägt Seidenstrümpfe.«
    »Und was trägt die da?« Todd zeigt auf Kim, die mit Jeff neben der Anlage steht.
    »Das sind Strumpfhosen«, erklärt Michelle. »Seidenstrümpfe sind durchsichtig. Darunter sieht man immer die nackte Haut.«
    »Nackte Haut? Dagegen hätt ich nichts.«
    Es sieht ganz danach aus, als würde Todd doch nicht der erste sein, den Hannah küsst. Sie wünschte, sie könnte sich dessen ganz sicher sein, um jeden Versuch einzustellen. Das Gespann, das sie und Michelle abgeben – Michelle in ihrem engen rosa Oberteil mit V-Ausschnitt und der flachen, schweren goldenen Kette aus dem Kaufhaus –, ist grotesk, fast surreal, wie in einem Film: Zwei Zicken kämpfen um einen Kerl. Vielleicht rechnet sich Todd gerade Chancen auf beide aus.
    Jetzt reden sie über das Praktikum, das Todd in diesem Sommer bei

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