Also lieb ich ihn - Roman
schön weiter Gedichte für mich«, und Hannah erkennt, dass die Stimmung von vorhin – diese undefinierbare Leichtigkeit zwischen ihnen – nur in ihrer Wahrnehmung gekippt ist, nicht in seiner.
Als die Pizzas eintreffen, versammeln sich neun oder zehn Leute in der Küche. Es stellt sich heraus, dass heute nur der jüngere Teil der Belegschaft anwesend ist. Einer hat Bier bestellt, eine Flasche wird an Hannah weitergereicht. »Daran habe ich mich gar nicht beteiligt«, murmelt sie, aber es hört ihr keiner zu, und dann übergibt ihr Lois, die im fünften Monat schwanger ist, auch noch den Flaschenöffner. »Ich nehm keins«, sagt Lois und streicht sich über den Bauch. Sie isst ein Stück Pizza mit Pilzen.
»Und was hast du so am Vierten vor?«, fragt Hannah. Da Lois gerade abgebissen hat, wedelt sie sich mit der Hand vor dem Mund.
»Oh, tut mir leid«, sagt Hannah.
Lois schluckt: »Nichts Großartiges. Jim und ich laden ein paar andere Pärchen zum Abendessen ein.«
»Und jeder bringt was mit?«, fragt Hannah betont enthusiastisch. Innerlich verachtet sie sich dafür. Sonst |121| isst sie immer allein zu Mittag, steuert stets die gleiche Imbissecke im Prudential-Gebäude an, um sich dort einen
Cobb salad
in einer durchsichtigen Plastikbox und einen gewachsten Pappbecher Sprite zu besorgen.
»Ja, jeder hat was dabei«, sagt Lois. »Aber alles mit Liebe zubereitet. Ich kümmere mich um den Nachtisch.«
»Ach. Und was wird es geben?«
»Hab ich schon gestern Abend gemacht. Eine Schokoladentorte. Das Rezept ist von Jims Mutter.«
»Klingt köstlich«, sagt Hannah. Das erste Stück Pizza hat sie schon verputzt. Zirka dreißig Sekunden verstreichen, in denen beide schweigen, und Hannah nuckelt an ihrem Bier. Es ist dunkel und schwer, wie saure Suppe.
»Hey Mädels.« Sarie gesellt sich zu ihnen. »Kaum zu glauben, dass heute überhaupt jemand im Büro ist, was?«
»Du sagst es«, antwortet Lois.
»Han, hast du Lust, morgen zu mir zu kommen? Kannst dich auch schon bei mir hübschmachen.«
»Okay«, sagt Hannah. »Ich will mich aber nicht zu sehr rausputzen.«
»Wollt ihr den Vierten zusammen feiern?«, fragt Lois.
»Und wie«, antwortet Sarie. »Die Wohnung meines Schwagers ist mit Dachterrasse, von dort aus haben wir eine Supersicht auf das Feuerwerk.«
Hannah unterdrückt ein Schaudern. Sie hasst sich für dieses Zusammenzucken – warum sollte sie Lois’ Meinung überhaupt soviel Wert beimessen? – und würde sich am liebsten von beiden Frauen fernhalten. »Bin gleich wieder da«, sagt sie und zwängt sich aus der Küche.
Im Eingangsbereich steht ein Grüppchen von Männern herum, die Hannah nur flüchtig kennt: Ted, ein AV-Spezialist namens Rick, ein Werbetexter namens Stefan und ein Typ, dessen Namen sie vergessen hat. Als Ted sie bemerkt, nimmt er ihr das Bier aus der Hand und wirft |122| einen Blick auf die Flasche. »Du brauchst wohl Nachschub«, sagt er.
»Mir reicht eins, so am helllichten Werktag«, antwortet Hannah, doch da ist Ted schon in die Küche gegangen.
»Einen Tag, an dem Nailand abwesend ist, kann man wohl kaum als Werktag bezeichnen«, sagt Stefan.
»Nailand ist doch selbst dann ins Büro gekommen, als seine Frau in den Wehen lag!«, meint Rick, und alle lachen.
»Das kann gar nicht sein, die Nailands haben ihr Kind schließlich adoptiert«, wirft Hannah ein.
Ted ist inzwischen zurückgekommen, und als sie diese Bemerkung macht, lehnt er sich vor, legt den Arm um sie und tut so, als wollte er ihr etwas ins Ohr flüstern. »Trink dein Bier«, sagt er laut, und die Typen prusten wieder vor Lachen.
Da sie nichts Besseres zu tun hat, trinkt Hannah tatsächlich das Bier. Die Männer tauschen sich nun über ihre Pläne fürs Wochenende aus, darüber, wer wohin fährt.
»Zum Glück konnte ich meiner Freundin Nantucket ausreden«, sagt Rick. »Ich kann die Szene dort nicht ab.« Von allen Agenturleuten scheint Rick Ted am nächsten zu stehen. Außerdem – und das fällt Hannah zu Rick immer als erstes ein – hatte Sarie gleich zu Beginn ihres Praktikums mit ihm angebändelt, ohne Wissen seiner nantucketversessenen Freundin.
»Sagt mal, wer lässt heute eigentlich die ganze Zeit diese beschissene Musik dudeln?«, fragt Stefan.
»Pass auf, was du sagst, Kumpel«, antwortet Ted.
»Soll das heißen, du bist es?«, hakt Stefan nach.
»Nein«, sagt Ted. »Aber ich steh zu meiner Meinung, dass die Siebziger eine großartige Zeit waren, rein musikalisch gesehen. Zeig mir bitte
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