Also lieb ich ihn - Roman
Allison: »Wir übernehmen dein Flugticket. Du brauchst dich nur um die Ausrüstung zu kümmern.« Diese Ausrüstung, die unter anderem einen sogenannten Thermoschlafsack und eine ganze Reihe von Hosen, Jacken und spezieller Unterwäsche beinhaltete, nach unterschiedlichen Graden von wasserabweisender Qualität abgestuft, kostete insgesamt an die achthundert Dollar. Während Hannah in Cambridge vor der Kasse stand, wurde ihr sehr unbehaglich zumute. All diese Dinge würde sie vermutlich nie wieder brauchen.
Sie steht gerade neben einem Ständer mit Regenjacken, als ein Verkäufer auf sie zukommt.
»Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«, fragt er. Mit seinen Locken und dem Spitzbart sieht er richtig süß aus – und er ist ungefähr in ihrem Alter.
»Ich warte hier nur auf ein paar Freunde.«
»Machst du Urlaub in Alaska?«
»Wir wollen im Prince William Sound Kajak fahren.«
»Echt? Da kannst du dich auf was Tolles gefasst machen. Mit etwas Glück siehst du vielleicht sogar einen Bären. Sie in freier Wildbahn zu erleben, ist was ganz anderes als dieser Zookram. Unglaublich beeindruckend.«
»Aber ist es nicht gefährlich, auf einen Bären zu treffen?«
Er lacht kurz, ein nettes Lachen. »Glaub mir, die haben vor dir mehr Angst als du vor denen.« (Hannah schenkt solchen Behauptungen niemals Glauben, egal, worum es geht.) »Meist bekommt man nur ihren Kot zu sehen«, fährt der junge Verkäufer fort. »Einen Bären zu sichten, ist ein absoluter Glücksfall. Grizzlys sollte man besser aus dem Weg gehen, aber die Schwarzbären sind nette Kerlchen, sie spielen gern.«
»Wie groß ist die
Wahrscheinlichkeit
, dass wir überhaupt einen Bären zu sehen bekommen?«
|144| »Wenn du ängstlich bist, solltest du beim Wandern rufen, vor allem an dicht bewachsenen Stellen; du rufst einfach: ›Hey, Bär. Hey, Kumpel.‹ Du kannst es auch singen. Das Entscheidende ist, dass du nicht ohne Vorwarnung auf sie triffst, das gilt besonders für Muttertiere mit ihren Jungen. Wenn sie dich kommen hören, weichen sie dir auf jeden Fall aus. Wo wollt ihr eigentlich zelten? Etwa auf diesen kleinen Inseln?«
Hannah nickt.
»Dann kommt’s wirklich auf die Größe der Insel an. Nehmt euren Abfall mit, wenn ihr weiterzieht. Das ist dir klar, oder? Kein Parfum, das Essen über Nacht hoch über den Boden hängen, ihr kennt die Regeln.«
Alles, was er sagt, kommt Hannah vertraut vor, als habe sie es bereits in ihrem Reiseführer gelesen, ohne wirklich darauf zu achten – vielleicht, weil sie es nur überflogen hat, weil es ihr damals nicht wichtig schien. Und jetzt denkt sie,
Bären? Richtige, echte Bären?
Nicht einmal Hunde mag sie.
»Für Ängstliche haben wir spezielle Glocken im Angebot«, sagt der junge Verkäufer. »Komm, ich zeig sie dir.« Er geht in den hinteren Ladenbereich, Hannah folgt ihm. »Als Alternative haben wir Pfefferspray. Das zeig ich dir auch.«
Die Glocken sehen aus wie Weihnachtsglocken. Sie werden einzeln verkauft, in leuchtenden Farben, an einem Klettband.
Er hält eine rote Glocke hoch. »Die befestigst du irgendwo an deiner Kleidung«, erklärt er. »Wir probieren es mal mit deiner Gürtelschnalle.« Als er in die Hocke geht, befindet sich sein Kopf auf Höhe ihrer Taille, und Hannah fragt sich, ob sie von diesem Blickwinkel aus fett erscheint. Er steht wieder auf. »Jetzt geh mal ein paar Schritte.«
|145| Die Glocke klingelt. »Was kostet die?«, fragt Hannah.
»Drei Dollar. Ich zeig dir noch den Pfefferspray. Wie lange bleibst du eigentlich?«
»Eine Woche, An- und Abreise eingeschlossen, die Kajak-Tour geht nur fünf Tage.«
»Wo kommst du her?«
»Massachusetts.«
»Im Ernst? Für ganze fünf Tage bist du den weiten Weg von Massachusetts hergekommen?«
Sie hätte lieber zwei Wochen angeben sollen, denkt Hannah.
Der Pfefferspray kostet fünfunddreißig Dollar. »Ganz ehrlich, würde ich dir eher zur Glocke raten«, sagt er.
Sie nimmt beides. Während Hannah an der Kasse zahlt, warten Allison, Sam und Elliot auf sie. Jetzt spricht der Verkäufer mit ihnen über die Bären, und als Hannah dazukommt, legt er ihr die Hand auf die Schulter. »Wird schon gutgehen«, sagt er. »Du kannst es.«
»Hast du etwa Angst?«, fragt Elliot.
»Nein«, antwortet Hannah. Gleichzeitig erzählt der junge Verkäufer: »Letztes Wochenende war ich mit meiner Freundin drüben in Denali, wir haben keine Bären gesehen, obwohl wir es wirklich
wollten
.« Als er seine Freundin erwähnt, kommt sich Hannah vor
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