Also lieb ich ihn - Roman
Männchen, |198| die tatsächlich weich werden, wenn das Weibchen Tränen vergießt). »Wie soll sich unsere Beziehung noch verbessern?«, fragt er. »Ich kann mir keine bessere vorstellen, aber du willst offenbar nicht dazu stehen. Dieses Dubist-nicht-mein-Freund – was soll der Scheiß? Bin ich dir vielleicht peinlich?«
»Natürlich nicht.« Manchmal ist er ihr durchaus peinlich. Dann wünscht sie sich, dass er das Wort
authentisch
richtig betont; und zwar nicht so, dass es ohne jeden Hauch von Ironie so klingt, als beziehe er sich damit auf Aû-tos. Sie wünscht sich auch, dass er die Trauben einfach isst oder zumindest nicht ständig erzählt, warum er es nicht tut. Und sie wünscht sich, Mike ihrer Familie vorstellen zu können, ohne befürchten zu müssen, dass er keinen großen Anklang findet. Ihr ist klar, dass sie das niemals äußern darf, aber soll sie das nicht einmal empfinden dürfen oder diese Gefühle sogar vor sich selbst verleugnen? »Ich muss einfach mit dieser Situation vertraut werden«, sagt sie schließlich.
»Weißt du was?«, antwortet Mike. »Du darfst jetzt ganz allein damit vertraut werden. Ich kann hier nicht schlafen.«
»Es ist erst halb drei!«
»Ich rege mich zu sehr auf. Und ich will nicht mit dir streiten.«
»Morgen fliege ich nach L. A.«, sagt sie. »Geh nicht!«
»Und da ist noch etwas. Die Veterinärbibliothek öffnet samstags erst um zehn.«
»Was soll das?«
»Als wir uns das erste Mal getroffen haben, hast du mir erzählt, du müsstest am nächsten Morgen um acht zur Arbeit.«
»Mike, damals kannten wir uns noch gar nicht. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten soll.«
|199| »Trotzdem, du hast recht«, sagt er. »Was würde es mir bringen, dich zu irgendetwas zu zwingen?«
Mit Rucksack und Matchbeutel fährt Hannah zu Fig. Sie hat ihr versprochen vorbeizukommen, bevor sie gemeinsam zum Flughafen aufbrechen, um Fig bei der Kleiderauswahl zu beraten. In Hannahs Vorstellung hat ihre Auseinandersetzung mit Mike die Form einer vollen Suppenschüssel angenommen, die sie durch einen langen Flur tragen muss: wenn sie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, schwappt die Suppe über. Darum sollte sie am besten nur nach vorne sehen und weitergehen. Als sie Figs Wohnung betritt, steht die Tür zum Zimmer ihrer Cousine offen. Fig steht vor dem Schrank, nur mit einem schwarzen Stringtanga bekleidet. Reflexartig bedeckt Hannah ihre Augen mit der Hand. Fig sagt: »Sei nicht so prüde. Sieht es sehr nach Studentin aus, wenn ich ein rückenfreies Top trage?«
»Du
bist
Studentin.« Da Figs ungemachtes Bett mit Klamotten übersät ist, setzt sich Hannah auf den Boden und lehnt sich gegen die Wand.
»Philip Lake soll sich aber nicht an eine Bierfete erinnert fühlen, wenn er mich sieht«, sagt Fig. »Ich möchte stilvoll wirken.«
»Deine schwarzen Stiefel sind stilvoll«, sagt Hannah. »Zieh die an!«
»Sie gehören Mindy. Aber die Idee ist gar nicht schlecht. Hey, Mindy …« Fig, nach wie vor mit nichts als ihrem String bekleidet, tritt in den Flur.
Als sie ins Zimmer zurückkommt, sagt Hannah: »Wie willst du entscheiden, ob du die Nacht bei Philip Lake verbringst oder in unserem Hotel?«
»Kommt ganz darauf an.«
»Wie wär’s, wenn du heute auf jeden Fall im Hotel übernachtest |200| und morgen vielleicht bei ihm, je nachdem, wie du dich fühlst?«
Fig steigt in einen schwarzen Velourslederrock, zieht ihn über die Hüften und macht den Reißverschluss zu. Dann stellt sie sich vor den mannshohen Spiegel an der Wand, um sich ausgiebig zu betrachten. »Wie wär’s damit?«, sagt sie. »Ich lege mir ein Halsband um, du machst daran eine Leine fest und ziehst, je nachdem, wie übermütig ich werde.«
»Fig, du hast mich doch gebeten, dich zu begleiten.«
»Ich habe dich nicht gebeten, auf mich aufzupassen.«
In gewisser Weise schon
, denkt Hannah und schweigt.
Fig steigt aus dem Rock und wirft ihn wieder aufs Bett. Sie sieht zu Hannah hinüber. Als sich ihre Blicke treffen, sagt Fig: »Guckst du mir auf die Titten?«
Hannahs Wangen glühen. »Quatsch.« Tatsächlich ist ihr bei Figs Anblick zum ersten Mal im Leben aufgegangen, warum Männer sich zur weiblichen Brust hingezogen fühlen. Früher empfand sie den Busen – ihren eigenen nicht ausgenommen – immer als befremdlichen, störenden Körperteil, doch bei ihrer Cousine fügt er sich ganz selbstverständlich in das Gesamtbild ein. Figs Brüste sind klein, aber prall, die dunkle Haut (Fig bräunt sich
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