Also lieb ich ihn - Roman
sommers im Freien, den Rest des Jahres geht sie ins Solarium) bringt noch dunklere Brustwarzen zur Geltung. Wenn Mike an ihrer Brust saugt, fragt sich Hannah manchmal, wer hier wem Lust bereitet – wahrscheinlich hat er mehr davon, sie weiß aber nicht, was. Figs Brüste hingegen sind wie eine Verheißung, eine unübersehbare Einladung. Laut sagt Hannah: »Wie sieht’s aus? Holt er uns am Flughafen ab?«
»Bloß nicht«, sagt Fig. »Ich dachte, wir nehmen uns ein Taxi. Philip weiß ja gar nicht, dass du mitkommst, Hannah.« Fig sprüht sich Parfum auf die Handgelenke, dann reibt sie es sich hinter die Ohren. Da sie nicht mehr |201| in Hannahs Richtung blickt, entgeht ihr der Ausdruck tiefer Bestürzung, der sich gerade auf deren Gesicht abzeichnet. Natürlich weiß Philip Lake nicht, dass Hannah Fig begleitet. Hätte sie nur ein bisschen gründlicher über das Ganze nachgedacht, wäre sie von alleine darauf gekommen. Früher hätte diese Reise für Hannah einen viel größeren Stellenwert gehabt, und so hätte sie auch mehr Energie und Gedankenkraft für die Vorbereitung aufgebracht, in letzter Zeit ist sie jedoch zu sehr abgelenkt gewesen. Sie weiß ja nicht einmal die genaue Abflugzeit – ob nun 13.20 oder 13.40 Uhr –, und so öffnet sie ihren Rucksack, um das Ticket rauszuholen. Dabei fällt ihr ein gelbes Post-it ins Auge, das am Ticketumschlag klebt. Darauf steht in blauer Tinte, in Mikes Handschrift:
Hannah ist TOLL!
Mindestens eine Minute lang hält sie das Zettelchen zwischen Daumen und Zeigefinger fest und starrt es entgeistert an. Zwar weiß sie nicht, ob er es vor oder nach dem Streit angebracht hat, aber das ändert nichts an ihren Gefühlen – warum hat sie sich so idiotisch aufgeführt? Was hat sie in Los Angeles überhaupt zu suchen? Warum widmet sie sich einer Sache, die sie, wie Allison es ausdrücken würde, unglücklich macht, warum entscheidet sie sich für Fig, wenn sie schon mal in der erfreulichen Lage ist, eine Entscheidung treffen zu können?
Sie steht auf. Sie sagt: »Fig, ich komme nicht mit.«
»Was soll das?«
»Du schaffst es auch ohne mich. Wenn du denkst, dass an Philip Lake nichts Anrüchiges dran ist, vertraue ich deiner Intuition.«
»Bist du jetzt beleidigt, weil ich ihm nicht erzählt habe, dass du mitkommst? Wenn es dir so wichtig ist, mach ich’s halt.«
»Darum geht es nicht«, antwortet Hannah. »Ich hab |202| hier noch einiges zu klären. Es war von vornherein eine Schnapsidee.« Schon hat sie sich ihren Rucksack umgeschnallt, den Matchbeutel hält sie in der Hand. Fig betrachtet sie mit einer Mischung aus Neugier und Verwirrung. Vielleicht ahnt sie zum ersten Mal, dass es auch in Hannahs Leben dunkle Korridore und geheimnisvolle Türen geben könnte. »Deine Titten sind übrigens wirklich toll«, sagt Hannah. »Ich bin sicher, Philip Lake wird hingerissen sein.«
»Was ist in dich gefahren?«, fragt Fig, aber da ist Hannah bereits im Flur und winkt ihr mit der freien Hand.
»Vergiss nicht, mir danach alles zu erzählen«, ruft sie.
»Du hast sie nicht mehr alle«, sagt Fig. »Und denk ja nicht, dass ich dir das verdammte Ticket erstatte.«
Während sie auf die Bahn wartet, sitzt Hannah auf der Bank, mit dem Post-it in der Hand. Sie ist in Sichtweite von Figs Wohnung, doch ihre Cousine kommt nicht angerannt. Als der Zug am Horizont auftaucht, wird Hannah klar, dass sie unmöglich so lange warten kann, bis sie endlich umgestiegen und dann von der Station am Davis Square zum Campus gelaufen ist. Sie weiß mit einiger Bestimmtheit, dass Mike bis zwölf Uhr bei der Arbeit ist, und so sollte sie lieber ein Taxi nehmen und direkt zur Kreditvergabestelle fahren. Allerdings wird er den Zettel eher vor dem Streit geschrieben haben. Was ist, wenn er seine Meinung inzwischen geändert hat?
Neben den Gleisen ist eine Telefonzelle. Hannah wirft Münzen ein und drückt auf die Nummerntasten. Mike meldet sich mit: »Studentische Kreditvergabestelle.« Sie ist den Tränen nahe, als sie sagt: »Ich bin’s.«
Sein Schweigen hält lange genug an, um ihr Angst zu machen. Sollte er sich doch freuen, dass sie sich meldet – |203| falls nicht, wird sie am Boden zerstört sein –, denkt Hannah, solange diese Stille währt, wird sie ihm sagen, dass sie ihn auch liebt; jetzt gleich, noch in diesem Gespräch.
Sie hört ihn schlucken.
»Hey, Baby«, sagt er.
|205| TEIL III
|207| 7
Februar 2003
Am Morgen des Tages, an dem ihre Mutter Frank McGuire heiraten wird, schläft
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