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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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erspart bleiben, aber sie wird diese unbeschadet überstehen. Ihr steht noch eine Menge bevor.
    Nachdem die Scherben entsorgt sind, führt Mrs. Dawes sie zur Haustür zurück. Frank fragt: »Wollen Sie wirklich nicht, dass einer von uns beiden Sie nach oben begleitet? Es wäre uns eine Freude, Hannah oder mir …« Rasch blickt er zu Hannah hin und ebenso rasch wieder weg. Dieser Blick barg wohl so etwas wie eine Entschuldigung, und Hannah wird später an diesen Augenblick zurückdenken, weil sie da zum ersten Mal Zuneigung für ihren Stiefvater empfand. Diese freundliche Anmaßung, als er auch in ihrem Namen Hilfe anbietet, auf die sogleich eine stillschweigende Entschuldigung folgt, weil er mit diesem Angebot die Rückfahrt womöglich hinauszögert, obwohl ihm bewusst ist, dass Hannah dringend wegwill – das fühlt sich sehr nach Familienleben an.
    Zu Hannahs Erleichterung lehnt Mrs. Dawes Franks Angebot ab. Immerhin gesteht sie ihm zu, ihr aus dem Mantel zu helfen und diesen aufzuhängen.
    »Noch einmal ganz herzlichen Dank, dass Sie bei unserer Hochzeit dabei waren«, sagt Frank. Offensichtlich überlegt er fieberhaft, ob es zu forsch wäre, die alte Dame zu umarmen. Schließlich scheint es ihm zu forsch, oder vielleicht denkt er, dass Mrs. Dawes es so empfinden würde, denn stattdessen tätschelt er ihr dreimal die Schulter. Ohne lange nachzudenken, beugt sich Hannah vor und küsst Mrs. Dawes auf die Wange, ungefähr so, wie sie am Nachmittag ihren Vater geküsst hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie Mrs. Dawes nie wiedersehen wird.
    Mrs. Dawes schaltet das Außenlicht an, bevor Hannah und Frank aus der Tür treten, so dass der hell erleuchtete Weg jetzt sämtliche Sorgen und Gefahren zurückdrängt, die in der Nacht lauern. Diese Sorgen und Gefahren |246| werden allerdings auch dadurch in Schach gehalten, dass Hannah und Frank Mrs. Dawes’ Haus endlich verlassen haben. Hurra! Diesen Gedanken kann einem doch niemand verargen? Sie haben für die alte Dame getan, was sie konnten. Sie haben eine Engelsgeduld an den Tag gelegt, nichts haben sie unversucht gelassen. Wie oft hat Frank Mrs. Dawes angeboten, sie die Treppe hinauf zu geleiten? Zweimal mindestens!
    Während sie sich anschnallen, erklingt aus dem Radio allerdings eine düstere Symphonie, so dass Hannah diesen Anflug von Hochstimmung sofort wieder verliert. Auf einmal bilden Frank und sie keinen Kontrast mehr zu Mrs. Dawes; sie sind einfach wieder Frank und Hannah und befinden sich in einem Auto. Sie blickt nach links. Frank konzentriert sich auf die Kurven. Als sie die Hauptstraße erreicht haben, schüttelt Frank den Kopf, vielleicht weil er spürt, dass sie ihn mustert. »Alt möchte ich nie werden, Hannah«, sagt er.
    Erstaunt sieht sie ihn an. Sie denkt:
Aber das bist du doch schon.
     
    Zu Hause angelangt, parkt Frank in der Einfahrt. Als sie hineingehen, sieht Hannah durch das hintere Verandafenster, dass inzwischen auch Oliver und Fig zu ihrer Mutter und Tante Polly in die Küche gestoßen sind. Ohne Oliver hätte sie jetzt schlafen gehen können, doch jetzt wird sie ihn bespaßen müssen, weil er da ist, weil er nun mal so ist, wie er ist. Heute Morgen hat er sie gefragt, wo er Pornos ausleihen könnte, und ihre Antwort war: »Wir sind hier bei meiner Mutter zu Gast, Oliver.«
    »Da seid ihr beiden ja«, sagt Hannahs Mutter, und Oliver ruft: »Die Chauffeure!«
    Hannah setzt sich an den Küchentisch und starrt Oliver wütend an – mit diesem Blick wollte sie ihn schon vor |247| Stunden strafen –, doch er lächelt bloß vage und widmet sich wieder dem Müllbeutel, den er gerade zuzubinden versucht. (Es ist ein Schock, ihn im Haushalt mithelfen zu sehen.) Nicht weit von ihm entfernt trocknet Fig Geschirr ab. »Hat Mrs. Dawes sich hingelegt?«, fragt Hannahs Mutter.
    »Die Dame hat einen eisernen Willen, das muss man ihr lassen«, antwortet Frank. »Wir durften sie nicht einmal nach oben geleiten.«
    »Vielleicht wollte sie euch ihre Dildo-Sammlung nicht zeigen«, wirft Fig ein, worauf Tante Polly sagt: »Lass das, Fig.« Wahrscheinlich ist Fig genauso betrunken wie Oliver.
    Er bleibt mit dem Müllbeutel an der Verandatür stehen: »So was gehört sich einfach nicht, Fig.« Hannah hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, als sie vor Ewigkeiten dachte, es sei sein Akzent. Sein Akzent und sonst nichts.
    Tante Polly sagt: »Caitlin, die Ente war phantastisch. Waren in der Glasur auch Kirschen?« Gleichzeitig hört Hannah, wie Fig – leise, aber

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