Alta moda
damit, Guarnaccia. Und wenn Sie sich was davon versprechen, können Sie die Leute ruhig noch mal vernehmen.«
»Nein, nein… Ich… nein, ich bin doch kein Ermittler… würde denen nur auf die Füße treten. Nein, da war bloß was, damals… irgendwas ist da gewesen.«
»Das haben Sie schon mal gesagt. Demnach haben Sie doch jemanden in Verdacht?«
»Nein.« Der Maresciallo musterte die Mütze auf seinen Knien, seinen linken Schuh, den Fensterrahmen. »Ich hatte das Gefühl, alle stünden geschlossen und loyal hinter ihrer Firma… War natürlich nur ein flüchtiger Eindruck. Sie dagegen haben mit jedem einzelnen gesprochen…«
»Und genau den gleichen Eindruck gewonnen. Also, wo ist der Haken?«
»Ich weiß es nicht… noch nicht. Und nun habe ich’s mir auch noch mit dem Sohn verdorben.«
»Sind Sie sich da ganz sicher, Guarnaccia?«
»O ja, der wird alles daransetzen, im Alleingang zu zahlen.«
»Dann versuchen Sie ihn wenigstens dazu zu bringen, daß er uns die Geldscheine präparieren läßt – im Gegenzug dafür, daß wir bei der Übergabe nicht eingreifen.«
»Dieser Signor Hines…«
»Ja, was ist mit ihm?«
»Der spricht nicht viel.«
»Da ist er nicht der einzige.« Aber Ironie verfing bei Guarnaccia nicht. In einem solchen Augenblick hätte jeder Ermittler den Maresciallo als hoffnungslosen Fall abgeschrieben. Das war der heikelste, der nervenaufreibendste Moment, und es war immer das gleiche: Ausgerechnet dann, wenn der Capitano ohnehin mächtig unter Druck stand, weil die Journalisten ihm täglich draußen auflauerten und der Oberst bei der morgendlichen Einsatzbesprechung von Mal zu Mal gereizter wurde, ausgerechnet dann kam bei Guarnaccia der tote Punkt. Sein Ressort, pflegte er zu sagen, seien eher geklaute Handtaschen und hilfsbedürftige alte Damen, weshalb er hierfür eigentlich nicht qualifiziert sei – was außer Maestrangelo kaum jemand bestritten hätte –, und in der Situation war jeder Versuch, ihm näherzukommen oder ihn auszuforschen, zum Scheitern verurteilt. Still und träge wie eine Bulldogge mit einem Knochen zwischen den Pfoten, so hielt er sich abseits, doch wenn ihm wer zu nahe kam, dann knurrte er, leise zwar, aber unmißverständlich. Der Capitano wußte, daß er ihm nur helfen konnte, wenn er seine Ungeduld zügelte und ihm beistand, auch wenn sie beide nicht wußten, was ihm fehlte. Wenn er ihm wenigstens einen Wink geben würde… oder hatte er das am Ende schon getan?
»Sie meinen, ich sollte noch mal mit diesem Hines reden?«
»Der spricht nicht viel. Für mich ist das ein reicher Mann – im Vergleich zu mir… Die Contessa Cavicchioli Zelli meint, er hat keinen roten Heller.«
»Wie ich schon sagte, die Contessa ist eine schwerreiche Frau.«
»Ja. Also im Palazzo sind meine Besuche nicht mehr erwünscht, und zwingen kann ich sie nicht… Ich muß mit der Tochter allein sprechen.«
»Sie ist doch schon einmal zu Ihnen aufs Revier gekommen. Könnte sie nicht…?«
»Nein. Bei ihr. Ich will zu Hause mit ihr reden. Bei ihrem Bruder habe ich verspielt, aber ich glaube, der basista… doch, es muß bei ihr zu Hause sein…«
Der Capitano hatte verstanden. »Na schön, Guarnaccia. Nehmen wir an, Staatsanwalt Fusarri müßte Leonardo Brunamonti und Signor Hines dringend sprechen und würde sie morgen in sein Büro bestellen… sagen wir um vier?«
»Und den Detektiv auch. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden?« Ein zustimmendes Nicken des Capitanos, und schon war Guarnaccia zur Tür hinaus.
ALTA MODA MIT ITALO-AMERIKANISCHEM FLAIR
Heute sind wir zu Gast bei der Schöpferin der Collezione Contessa, Olivia Birkett – Starmannequin der sechziger, Stardesignerin der achtziger und neunziger Jahre. Nachdem der Erfolg in Europa ihr über lange Jahre treu geblieben ist, wagt Olivia Birkett nunmehr den Schritt über unseren alten Kontinent hinaus: Diesmal heißt das Ziel Tokio, im nächsten Jahr New York, von wo aus die Modekünstlerin dann Los Angeles, die Westküstenmetropole in ihrem Heimatstaat Kalifornien, zu erobern hofft. Wir baten die gefeierte Designerin, uns das Geheimnis ihres unverwechselbaren Stils zu verraten.
»Vermutlich meine Orientierung an der Historie. Ich habe in eine Familie eingeheiratet, die ihren Stammbaum über sechs Jahrhunderte zurückverfolgen kann, da war es naheliegend, daß ich mir in der Ahnengalerie die Inspiration für meine Entwürfe suchte – die andererseits natürlich auch den Anforderungen eines modernen,
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