Alta moda
keinen Fall werde ich Fragen zu dieser Lösegeldzahlung beantworten. Schon weil ich darauf keine Antwort weiß. Meine Aufgabe besteht darin, die Geisel zu retten, punktum.«
»Haben Sie denn noch Hoffnung, Capitano?«
»Viel nicht, aber wenn die sie jetzt nicht umbringen – als Reaktion auf diesen fatalen Artikel –, sehe ich eine kleine Chance für eine Wende. Dem Sohn könnte dieses Geschreibsel einen solchen Schrecken einjagen, daß er sich besinnt und bei uns Hilfe sucht. Ich nehme doch an, die Tochter steckt hinter diesem Machwerk, auch wenn die Redaktion versucht hat, ihre Quelle ein bißchen zu verschleiern, indem statt von ›meiner Mutter‹ immer nur von ›der Contessa‹ die Rede ist.«
»Sie nennt sie nie ›Mutter‹, immer nur Olivia.«
»Ach ja? Jedenfalls ist sie entweder völlig verblödet, oder man muß vermuten, daß sie der eigenen Mutter den Tod wünscht.«
»Ja… vielleicht trifft von beidem etwas zu. Auf jeden Fall ist sie gefährlich. Und darum… mit Ihrer Erlaubnis, Capitano… würde ich es vorziehen, wenn sie ihre angebliche Kooperationsbereitschaft in Gegenwart des Staatsanwalts unter Beweis stellt. Sie hat nämlich ihren Besuch angedroht…«
»Nein, nein, nein! Kommt nicht in Frage. Lassen Sie sie ja nicht vor, sonst steht morgen wieder Gott weiß was in der Zeitung. Ich werde auch den Staatsanwalt vorwarnen. Der wollte ja die Contessa Cavicchioli Zelli bearbeiten. Und ich sollte vielleicht mal die Kontaktpersonen von diesem Provianteur unter die Lupe nehmen, den wir aufgespürt haben.«
»Kann ich noch etwas tun?«
»Drücken Sie die Daumen, Guarnaccia, daß sich noch irgendein Blatt in dieser Geschichte wendet, sonst ist der Tod der armen Frau nicht mehr zu verhindern.«
Die erhoffte Wende blieb aus. Der angekündigte Besuch der Tochter im Palazzo Pitti fand nie statt. Einmal entdeckte der Maresciallo sie auf der Straße, als sie mit zwei dekorativen Tragetaschen aus einem Modehaus kam, aber sie wich seinem Blick aus und entfernte sich eilig in die entgegengesetzte Richtung. Die Ermittler des Capitanos patrouillierten weiter in den Bergen, andere verfolgten die Rubrik FUNDSACHEN in den Tageszeitungen, in solchen Fällen erfahrungsgemäß die gängigste Nachrichtenbörse. Doch unter den geschalteten Anzeigen war bislang nichts Verdächtiges erschienen. Alle in Frage kommenden Spitzel wurden vernommen – ohne Erfolg –, aber, so der Capitano, sie kannten den Entführer ja ohnehin. Doch wagte man in diesem Stadium nicht einzugreifen, da eine Suchaktion nach dem Versteck das Leben der Geisel gefährdete, sobald die Fahnder ihrem Zielobjekt unwissentlich zu nahe kamen. Und auf Puddus Gelände konnten die Täter jeden Spähertrupp kilometerweit sichten.
Elettra Cavicchioli Zelli weigerte sich, das Geld, das sie der Familie Brunamonti zur Verfügung stellte, präparieren zu lassen.
»Ich weiß nicht, ob meine Entscheidung richtig ist, aber die haben mir ein Versprechen abgenommen, und ich kann mein gegebenes Wort nun mal nicht brechen. Ich weiß, Sie wollen diese Banditen schnappen, aber mir geht es nur darum, Olivia zu retten. Glauben Sie, daß sie noch lebt?«
Niemand wagte darauf zu antworten. Es folgten Wochen bangen Schweigens.
Als endlich doch eine Wende eintrat, kam sie ebenso unverhofft wie vergeblich. Charles Bently, der englische Detektiv, erschien im Büro des Staatsanwalts und erklärte, daß er sich von dem Fall zurückziehe.
»Ach«, sagte Fusarri, »und wir dachten, Sie wären gerade unterwegs, um das unpräparierte Lösegeld der Contessa Cavicchioli Zelli zu übergeben.« Der Mann sollte immerhin wissen, daß die Carabinieri nicht völlig im dunkeln tappten.
»Ich verstehe mich auf meinen Beruf, Herr Staatsanwalt«, sagte Bently, »und ich denke nicht daran, mich sinnlos abknallen zu lassen.«
»Das kann ich gut verstehen«, versetzte Fusarri lakonisch. »Elettra – die Contessa – hat mir gesagt, daß sie unmöglich die ganze Summe aufbringen könne, und niemand wird von Ihnen verlangen, daß Sie Ihr Leben derart leichtsinnig aufs Spiel setzen. Danke, daß Sie so korrekt waren, uns über Ihre Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Wenn Sie uns jetzt noch verraten würden, auf welchen Zeitraum das Ultimatum befristet ist, könnten Sie uns helfen, das nicht minder gefährdete Leben der Contessa Brunamonti zu retten.«
»Freut mich, daß Sie meine korrekte Handlungsweise zu schätzen wissen.«
Der Staatsanwalt hob die Hand. »Schon gut, schon gut. Wer
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