Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
Sauerstoff in die versagenden Lungen gepumpt wurde, aber er beugte sich über den Mund seines Vaters. Der Alte lag im Sterben, und er wollte beichten.
Beichten. Das war das Wort, das er benutzt hatte, auch wenn Dom es eigentlich nicht glaubte. Nicht wenn es von seinem inbrünstig atheistischen Vater kam, der Religion einmal als den größten Schwindel bezeichnet hatte, der je an der Menschheit verübt wurde. Aber » ich sterbe, und ich möchte beichten« hatte sein Vater gesagt und war in ein wildes Lachen ausgebrochen, das ihn beinahe auf der Stelle umgebracht hätte.
» Jetzt tu nicht so, als hätte dich der sprichwörtliche Donner gerührt«, sagte der alte Mann nun. » Ich werde nicht anfangen, Halleluja zu rufen, und ich bin auch nicht plötzlich verblödet. Es gibt nur etwas, das gesagt werden muss, und ich habe offenbar nicht mehr den lieben langen Tag Zeit dafür.«
» Ich bin für dich da, Dad. Genau wie unser liebender und verzeihender Herr im Himmel.«
Dom krümmte sich innerlich, weil es so abgedroschen klang, aber andererseits hatte es sein Vater immer fertiggebracht, dass er sich fühlte und benahm wie die lachhafte Karikatur eines Priesters. Meist gefiel Dom sein Priesterdasein, und er war ein guter Priester, aber manchmal dachte er, er hatte den weißen Kragen des römisch-katholischen Priesters nur angelegt, um Michael O’Malley eins auszuwischen, denn es war klar gewesen, dass er den Alten damit bis in alle Ewigkeit verärgern würde.
Nur jetzt starb sein Vater, und deshalb legte Hochwürden Dominic O’Malley seine Hand auf den grauen Kopf und begann mit den Sterbesakramenten. » Möge der Herr in seiner Liebe und Barmherzigkeit, mit der Gnade des Heiligen Geistes durch diese Salbung helfen…«
Der alte Mann schüttelte den Kopf so heftig, dass er sich fast den Sauerstoffschlauch aus den Nasenlöchern riss. » Hör auf mit diesem lächerlichen Quatsch. Ich sagte, ich will beichten und nicht beim Sterben von diesem mittelalterlichen Hokuspokus in meinen Ohren beleidigt werden.«
» Aber ich dachte, du…« Dom schluckte, dann wandte er rasch den Blick ab, ehe sein Vater ihn für seine Schwäche verspotten konnte. Er wünschte, der Alte hätte ihn nur einmal respektieren können. Oder akzeptieren? Lieben?
» Okay, du hast gewonnen. Kein mittelalterlicher Hokuspokus mehr. Aber weißt du was? Du kannst Ihn bis zu deinem letzten Atemzug leugnen, aber Christus hat dich nie verleugnet. Er hat dich immer geliebt, genau wie ich.«
Der alte Mann stieß einen Seufzer aus. » Du bist immer so voller aufgeblasener und sentimentaler Sicherheiten. Das ist nicht nur ermüdend, gepaart mit deiner Naivität kann es regelrecht gefährlich sein. Du weißt nicht, was ich getan habe.«
» Dann sag es mir. Beichte. Und wir lassen sogar den Herrn aus dem Spiel, denn eine Beichte ohne Gott kann dennoch der erste Schritt zu Vergebung und Erlösung sein.«
» Was für ein Quatsch. Kein Gott, der auf sich hält, wird zulassen, dass sich winselnde Sünder in seine Gnade zurückmogeln, nur indem sie ihm in den Arsch kriechen. Dom«– er spürte, wie sein Vater seinen Arm umklammerte– » hör zur Abwechslung einmal auf, religiöse Plattheiten von dir zu geben, und konzentriere dich.«
Diese Kraft noch in den Fingern, dachte Dom. Aber der Alte war immer hart und zäh gewesen. Texas-tough, ein Prahlhans. Dom sah auf den blutleeren Mund seines Vaters, auf die wässrigen blauen Augen, die von etwas umwölkt wurden, das er nicht kannte.
Angst?
Nein, dachte Dom, das war schlicht nicht möglich. Der Vater, den er kannte, hatte in seinem ganzen Leben nie einen Funken Angst gezeigt. Das gehörte zu dem Regelwerk, nach dem Michael O’Malley lebte. Wenn sich die Dinge zum Schlechten wandelten, steckte man es weg. Man jammerte nicht herum und brachte keine Ausreden vor.
Sein Vater löste seinen Griff und tätschelte ihm überraschend zärtlich den Arm. » Hey, schon gut, Sohn. Es wird alles gut. Diese Geschichte mit dem Sterben setzt mir nur ein bisschen zu. Du musst deinen Bruder anrufen. Ruf Ry an und sag ihm, er soll sofort kommen. Er wird wissen, was zu tun ist…« Ein heftiger Husten schüttelte den Alten und ließ seinen Kopf auf das Kissen zurücksinken. Er schloss die Augen. » Ruf Ry an…«
» Das habe ich schon, Dad. Er ist unterwegs.«
Verzeih mir diese faustdicke Lüge, Herr.
Sie hatten ihren Vater oft den » Alten« genannt, schon als sie noch Kinder waren, aber eigentlich war er gar nicht so alt. Erst
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