Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
gelegen haben.
Erst als sie es herausnahm, erkannte sie allerdings, was es war– eine runde graue Blechdose von der Art, wie sie zur Aufbewahrung von Acht-Millimeter-Filmen verwendet wurde. Und tatsächlich enthielt die Dose genau so einen.
Sie spulte ein Stück von dem Film ab und hielt es gegen das Licht. Sie glaubte, ein kleines Mädchen zu erkennen, das die Kerzen einer Geburtstagstorte ausblies. Sie würde einen Projektor brauchen, um es genau zu sehen, aber sie glaubte, dass das kleine Mädchen ihre Mutter war.
Zoe schloss die Augen, in denen plötzlich Tränen brannten. Wenn man sich vorstellte, dass das möglicherweise alles war, was Katja Orlowa von der Tochter geblieben war, die sie hatte aufgeben müssen, als sie um ihr Leben geflohen war. Warum hatte sie nicht einfach die Ikone herausgerückt? Kein materielles Gut, egal, wie alt, selten und kostbar, war doch wohl ein solches Opfer wert.
Zoe steckte die Filmrolle in ihre Tasche und erhob sich, um zu gehen. Dann setzte sie sich noch einmal, um die Schatulle ein letztes Mal zu überprüfen, um sicherzugehen, dass sie leer war. Sie fuhr mit den Fingern über den Boden und die Seiten und war nur mäßig überrascht, als sie die Ecke einer Fotografie freilegte, die aus einem Schlitz in dem schwarzen Satin ragte, mit dem das Kästchen ausgekleidet war.
Sie zog das Foto vorsichtig heraus, denn es fühlte sich spröde an. Merkwürdigerweise war es jedoch noch gar nicht so alt.
Es zeigte einen Mann und zwei blonde Frauen, die irgendwo in einem Restaurant saßen. Zoe erkannte die Frau links als ihre Großmutter, und es sah aus, als sei das Bild etwa ein Jahr nach der Aufnahme vor dem Studiotor entstanden, denn auf diesem war ihr Haar länger, sie trug es als weichen Bubikopf, knapp schulterlang. Zoe war sich auch sicher, die Frau zu kennen, die neben ihrer Großmutter saß, aber sie brachte sie im Augenblick nicht unter. Der Mann auf dem Bild sah außerordentlich gut aus, er hatte dunkles Haar und ein charmantes Gaunerlächeln. Auch er kam Zoe irgendwie bekannt vor, allerdings weit weniger als die Blondine.
Sie dreht das Foto um und sah die Schrift auf der Rückseite. Mike, Marilyn und ich im Brown Derby, Juli 62.
Marilyn… Zoe drehte das Foto wieder um und sah es sich genauer an. Die andere Frau hatte ihr platinblondes Haar größtenteils unter einem Kopftuch versteckt und trug wenig Make-up, aber sie sah aus wie…
Mein Gott, sie ist es. Es ist Marilyn Monroe.
Hatte ihre Großmutter tatsächlich Marilyn Monroe gekannt? Gut genug, um mit ihr in einem Restaurant zu sitzen? Andererseits hatte sie schließlich in einem Filmstudio gearbeitet… Dennoch, es erschien ihr einfach erstaunlich.
Zoe steckte das Foto mit dem Film zu der Ikone in den Seehundfellbeutel und verstaute alles in ihrer Tasche, dann schob sie den Stuhl zurück und stand auf.
» Au revoir, Monsieur«, rief sie aus. Sie erhielt keine Antwort.
Doch als sie den purpurnen Vorhang zur Seite zog und die Tür zum Hinterhof öffnete, brach vorn im Laden eine Symphonie aus Glöckchen, Gongs und Glockenspielen los.
19
Zoe hätte nicht bemerkt, dass sie verfolgt wurde, wenn der Feuerschlucker nicht gewesen wäre.
Sie kam aus dem Weinlokal zurück auf den Boulevard Saint-Michel, wie es der alte Mann versprochen hatte. Ein Jongleur und ein Mann mit einer brennenden Fackel standen vor einem Straßencafé an der Ecke. Der Jongleur warf einen Ballon, eine Billardkugel und eine Bowlingkugel von einer Hand in die andere und hatte eine ziemlich große Zuschauermenge angelockt. Zoe beobachtete die Darbietung, ohne sie wirklich zu sehen, während sie überlegte, was sie tun sollte. Sie brauchte ein Hotel, etwas zu essen… und Schlaf.
Zumindest für den Augenblick hatte es aufgehört zu regnen.
Sie glaubte ein Stück weiter vorn, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, ein Hotel zu sehen und hatte eben ein Dutzend Schritte in diese Richtung gemacht, als sie hinter sich ein lautes » Ooohhh!« hörte.
Sie wirbelte herum und sah einen Feuerstrahl aus dem Mund des Mannes mit der Fackel schießen.
Aus dem Augenwinkel hatte sie jedoch eine plötzliche Bewegung weiter vorn in der Straße bemerkt– ein Mann, der sich zu ruckartig herumdrehte, um in das Schaufenster eines Schirmgeschäfts zu blicken. Er war groß und drahtig gebaut, und er hatte einen langen braunen Pferdeschwanz wie der Mann, der sie in San Francisco mit der Kette angegriffen hatte.
Sie tat, als würde sie dem Feuerschlucker zusehen,
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