Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
bezüglich des Tathergangs? Ist es das, wonach es aussieht?«
»Davon kann man wohl ausgehen«, bemerkte ein Spezialist der Forensik. »Natürlich untersuchen wir das noch genau, aber vermutlich hat Herr Gerster dem Hausherrn mit seiner Dienstwaffe in den Kopf geschossen. Anschließend wurde dem Kommissar dann aus einer anderen Waffe in die Brust geschossen. Das Projektil hat den Oberkörper durchschlagen und ist in der Wand stecken geblieben.«
»Gut, die Details wird die Ballistik klären«, sagte Rita. »Wer einen Polizisten erschießt, benutzt seine Waffe dabei kaum zum ersten Mal.«
»Das mit der Ballistik ist nicht ganz so einfach«, kommentierte Bernhard Schmitz. »Das Projektil wurde aus der Wand entfernt. Dazu wurde wahrscheinlich ein normales Küchenmesser benutzt, welches wir auf dem Boden gefunden haben.«
»Verdammt«, sagte Paul. »Wer ist so abgebrüht, einen Menschen zu erschießen und anschließend daran zu denken, die Munition zu suchen und zu entfernen? Vermutlich ist auch die Hülse nicht aufzufinden?«
»So ist es«, bestätigte Schmitz. »Das war ein Profi.«
»Na, dann wird der Dorfpolizist nicht mehr gebraucht«, meinte Willi Hurtz. »Ihr macht dat schon.«
Rita sagte: »Herr Hurtz, Sie tun immer dümmer, als Sie sind. Wir könnten Sie im Team brauchen. Sie kennen sich hier besser aus als jeder andere.«
Willi Hurtz schüttelte den Kopf. »Nee, Frau Bertold. Da fragen Sie mal besser Ihren Opa. Der wird die Ermittlungen schon aufgenommen haben, da bin ich mir sicher.«
»Ich leider auch«, murmelte Rita leise. »Ich auch.«
23. Kapitel
Kommissar Wollbrand spürte an diesem Abend besonders deutlich, dass er nicht mehr der Jüngste war.«
Lorenz tippte sehr langsam auf der Tastatur seines Computers herum und verfolgte argwöhnisch, wie die Buchstaben auf dem Bildschirm erschienen. Als er den Satz geschrieben sah, fragte er sich, warum sein in Ehren ergrauter Ermittler so missmutig war. Der Tag war verregnet gewesen, es war gar nicht richtig hell geworden. Viel zu kalt für Juli. Und das Bein tat ihm weh, vermutlich auch wegen des Wetters. Das mochte als Grund für eine kleine Depression herhalten. Andererseits war die Meldung von der Ermordung eines Dürener Kriminalpolizisten und des Stadtrats Kellermann in dessen Haus in Nideggen wie eine Bombe eingeschlagen. Eigentlich müsste er jetzt mit seinen Freunden zusammensitzen und diskutieren, was die Hintergründe dieses aufsehenerregenden Doppelmordes sein mochten und ob es einen Zusammenhang mit der Ermordung des alten Floto gab.
»Natürlich gibt es den«, knurrte Lorenz und stand auf. Er ging ein paar Schritte im Raum umher. Abgesehen von dem bläulichen Schimmer, der von dem Computerbildschirm ausging, war es dunkel. Lorenz trat ans Fenster. Nichts zu sehen. Die Scheibe reflektierte das wenige Licht, das im Zimmer flimmerte, und verwehrte ihm den Blick in den abendlichen Wald. Er schirmte das Glas und seine Augen mit beiden Händen ab. Das Rurtal hüllte sich in abweisendes Dunkel. Kaum hoben sich die Wipfel der hohen Bäume vom schwarzen Himmel ab. Lorenz gab sich einen Ruck und ging zum Schreibtisch zurück. Er setzte sich hin und schrieb, wobei er die Worte leise vor sich hin murmelte: »Wollbrand wusste, dass er immer mehr Probleme bekam, sich in neuen Situationen zurechtzufinden, je älter er wurde. Und es war durchaus neu für ihn, dass der einzige Freund, den er in den letzten Monaten gefunden hatte, schwul war.«
Lorenz speicherte den Text ab, dann löschte er den letzten Satz wieder und stand auf. »Verdammt noch eins«, fluchte er. Warum musste Gustav schwul sein? Und warum war das wichtig? Dann fiel Lorenz ein, dass Gustav nicht der einzige Freund war, den er in der Seniorenresidenz gefunden hatte. Da war Bärbel, die lebenslustige, charmante Künstlerin. Aber sie war eine Frau. Konnte man eine Frau als Freund bezeichnen? Als Maria noch lebte, hatte Lorenz nur mit Frauen zu tun gehabt als Bekannte seiner Ehefrau oder früher als Arbeitskolleginnen. Aber eine Frau als Freund? War es dann nicht eine Freundin, und hatte das dann nicht immer etwas zu tun mit dem Gedanken, dass aus einer solchen Beziehung zwangsläufig mehr wurde oder dass man sich, wenn es nicht mehr sein konnte, wieder aus den Augen verlor?
Und Gustav? War der alte Schlafwandler, wenn er Männer liebte, nicht ebenso zu behandeln wie eine Freundin? Und war er nicht das einzige Hindernis für eine nähere Beziehung zu Bärbel gewesen? Nun fiel er als
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