Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
Lorenz.
»Du streitest also nicht ab, diese Leute zu kennen?«
»Kann ich ja wohl kaum, oder? Vielleicht hab ich euch ein bisschen unterschätzt, alle Achtung.«
»Vielen Dank, Opa«, sagte Rita kopfschüttelnd. »Wir haben diese Informationen auch erst seit heute Morgen. Ich hatte eine Observation angeordnet, das hat sich ausgezahlt. Und jetzt sage uns bitte, was du über diese Männer weißt, die ihr auf Burg Vogelsang fotografiert habt.«
Lorenz atmete tief durch. »Also dieser Typ mit dem verletzten Arm, das ist kein Linker. Ganz im Gegenteil, das ist ein Neonazi. Und angeblich ein ganz übler, gefährlicher Kerl. Den daneben hat Paul schon erkannt, das ist Albert Finkel, ein brauner Politiker. Und der hat Kontakte zu Hermann Floto, dem Sohn des ermordeten Floto. Der ist nämlich auch Neonazi und führt eine kleine Gruppe von Schlägern an. Die waren es, die den Kratz angegriffen haben.«
»Und die wurden gestoppt von anderen Neonazis?«, fragte Rita.
»Das ist seltsam, nicht wahr?«, meinte Lorenz. »Und dieser Henry Drechsler war dabei, aber der ist kein Nazi.«
»Zu dem wollten wir gerade eben, aber der ist unauffindbar«, sagte Paul. »Genauso wie der falsche Antifa-Mann. Die sind beide untergetaucht.«
»Na so was«, meinte Lorenz. »Der Drechsler war eben noch zu Hause. Vielleicht haben ihn meine Fragen nervös gemacht.«
Rita stöhnte auf. »Opa, du bist schrecklich. Worüber habt ihr denn gesprochen?«
»Ich habe ihm nur mal auf den Zahn gefühlt, habe ihn gefragt, was er mit Neonazis zu schaffen hat. Und er hat den Korger erwähnt.«
»Wer ist das denn nun schon wieder?«
Lorenz grinste. »Ach so, habe ich beinahe vergessen zu erwähnen. Das ist der hagere Weißkopfadler auf dem Foto. Der mit den Nazis da zusammensteht. Der ist ein Unternehmensberater, beschäftigt sich aber in den letzten Jahren hauptsächlich eher mit politischer Bildung, historischer Forschung und solche Sachen. Der hat vermutlich die Ordensburg aus nostalgischen Gründen besucht, weil er damals dort ausgebildet worden ist.«
»Was?«, stieß Paul hervor. »Das war doch eine Fortbildungsstätte für Nazis! Und man weiß, wer dort war?«
Lorenz nickte lächelnd. »Aber das wollte ich euch nicht verheimlichen. Wir haben es eben erst herausgefunden. Man muss eben manchmal Querverweisen folgen.«
Rita sah ihn kopfschüttelnd an, sagte aber nichts dazu.
»Ach, nun seid ihr mal nicht so scheinheilig«, brummte Lorenz. »Diese Amerikanerin zum Beispiel. Die jagt hier Nazis, sucht nach braunen Immobiliengeschäften, bei denen Nideggener Juden um ihr Vermögen gebracht wurden, und ich erfahre das auch nur, weil ich Leute kenne und Fragen stelle.«
Rita stampfte wütend mit dem Fuß auf. »Opa! Ich wusste bisher nicht, dass wir verpflichtet sind, dir alle Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei mitzuteilen! Umgekehrt dagegen ist das schon etwas anders, findest du nicht?«
»Ach mein Täubchen«, versuchte Lorenz zu beschwichtigen. »Du hast vermutlich recht. Bitte verzeih einem alten Mann.«
Rita winkte ab. »Es hat wohl keinen Sinn, dir böse zu sein.«
Lorenz grinste. »Damit hast du auf jeden Fall recht.«
Rita wollte ihn in den Arm nehmen, wurde aber durch das Klingeln ihres Telefons abgelenkt. Sie nahm das Gespräch an. Nachdem sie kurz gelauscht hatte, sagte sie knapp: »Wir sind schon unterwegs«, und steckte ihr Handy wieder ein. Dann sagte sie: »Hermann Floto liegt im Lendersdorfer Krankenhaus. Er wurde heute Morgen auf dem Parkplatz seiner Firma gefunden. Zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Schmitz sagt, er sei zurzeit nicht vernehmungsfähig, aber ich denke, wir sollten sofort hinfahren. Nicht dass der uns stirbt, ohne noch die Zähne auseinanderzukriegen.«
Paul nickte zustimmend. »Und du«, sagte er zu Lorenz gewandt, »solltest jetzt deine Privatermittlungen endgültig einstellen. Wir wollen dich nicht als nächstes Opfer sehen.«
Rita umarmte Lorenz. »Bitte Opa, hör auf Paul. Da sind Leute am Werk, die vor keiner Gewalttat zurückschrecken.«
Lorenz streichelte Rita über das Haar. »Keine Angst, Liebes. Ich bin zwar alt und verrückt, aber noch hänge ich am Leben.«
Er lächelte den beiden zu, dann schloss er die Tür hinter ihnen. Langsam ging er zurück zu seinem Schreibtisch, wo noch die Fotos lagen, die ihm die beiden eben vorgelegt hatten. Kopfschüttelnd betrachtete er das Bild des Antifa-Aktivisten und murmelte: »Der alte Kommissar hatte es natürlich vorausgesehen. Aber
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