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ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: ALTEA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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seinem Blick sah man die Herablassung. Meine Finger bohrten sich noch tiefer in das Material des Sitzes. Ich wollte nicht daran erinnert werden und sein Lachen war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich musste wieder an Aljoscha denken und was er für diese Flucht alles gegeben hatte. Diesen Mann interessiert das nicht. Mehr noch, es war ihm egal. Er lachte ihn tatsächlich aus. Die Wut brauchte nicht einmal eine Sekunde, um in mir aufzusteigen und meinen Puls zum Rasen zu bringen. Wieder war es Radu, der mich davon abhielt Emil diese Emotionen spüren zu lassen. Er packte mich sanft bei der Schulter und lehnte mich wieder zurück in den Sitz. Danach nahm er mein Kinn und brachte mich dazu, ihn anzusehen. Sein Ausdruck war weich aber mahnend. Seine Augen ruhten fest auf meinen. Ohne ein Wort zu sagen, beruhigte er mich. Ich konnte einfach keinen Hass fühlen, wenn ich ihm direkt in die Augen sah.
             „Ist alles in Ordnung?“ Emil drehte sich wieder leicht zu uns um und suchte meinen Blick aber ich war es Leid in sein verlogenes Gesicht zu sehen. Ich war es auch Leid ihm irgendetwas vorzuheucheln und beschloss, seine Frage einfach zu ignorieren. Es war das Beste, was ich tun konnte um nicht noch irgendwann in Rage zu geraten. Nachdem ihm dämmerte, dass er keine Antwort bekommen würde, drehte er sich einfach wieder nach vorne und schwieg. Radus Mundwinkel wanderten ein wenig nach oben. Er lächelte. Ich konnte nur vermuten, was er gerade dachte, aber wahrscheinlich freute es ihn zu sehen, dass auch ich jähzornig werden konnte.
    Objekt 208 war ein gigantischer Quader aus Beton am Rande des Zentrums von Hypercity. Es stand da, wie ein gleichmäßig geformtes Ungetüm, das vom Rest der Stadt isoliert bleiben musste. Nur zwei gläserne Schächte verbanden es mit dem Rest der vogelnestartigen Struktur der Stadt. Hinter dem Gebäude, weit in der Ferne, sah man den Rauch aus unzähligen Schloten aufsteigen. Die Sonne verschwand gerade am Horizont und erleuchtete dabei ein scheinbar riesiges Industriegebiet. Es war ganz so, als würden an diesem Ort nur die Superlative bestand haben. Alles in diesem Land schien viel zu groß zu sein, für die Menschen, die hier lebten.
    Als wir das Objekt erreichten, konnte ich förmlich sehen, wie sich der Smog der unteren Ebene in die Fassade gefressen hatte. Dünne, schwarze Schlitze, die erst wie aufgemalt wirkten, stellten sich bei näherer Betrachtung als Fenster heraus. Viele gab es nicht. Auch einen Eingang konnte ich zuerst nicht erkennen, abgesehen von den Glasröhren, die über unseren Köpfen im Gebäude verschwanden. Der Wagen bog noch einmal um die Ecke und da war er. Ein großes Vordach, das von zwei Säulen getragen wurde, markierte den Eingang, der merkwürdig deplatziert wirkte. Wie ein Fremdkörper in der Struktur des Betonklotzes. Ich wartete nicht darauf, dass jemand kam, um mir die Tür zu öffnen. Kaum stand der Wagen, sprang ich schon raus. Dies war der Ort, wo die Menschen lebten, die den gleichen Leidensweg hinter sich gebracht hatten wie ich. Vielleicht hatten viele von ihnen sogar noch Schlimmeres erlebt als ich. Als wir jeder in unserer Gruppe. Sie waren aus ihrer Heimat geflohen, weil auch sie erkannt hatten, dass es nur eine Scheinwelt war. Ich brannte darauf, wenigstens ein paar Geschichten zu hören, in die Gesichter dieser Leute zu sehen und ihnen zu sagen, ich würde alles tun, was in meiner Macht stand, um auch dem verbliebenen Rest in Europa zu helfen. Ich hörte Emils Stimme, die hinter mir her rief, während ich weiter auf das Gebäude zumarschierte. Er wollte, dass ich stehen blieb und wartete, aber meine Aufregung übermannte mich einfach. Erst direkt am Eingang blieb ich abrupt stehen. Meine Augen wanderten den Rahmen der schweren Metalltüren ab. Er war ganz neu. Auch die Türen waren es. Die Schnittkanten im Beton waren noch scharf. Wie gerade erst hineingefräst. Diese Tür wurde tatsächlich erst vor kurzem nachträglich angebracht. Mir stockte der Atem. Ich sah wieder nach oben, wo man noch ein Stück der Glasröhren erkennen konnte, die seitlich im Gebäude verschwanden. Sie waren schmal. Niemals konnten darin mehr als zwei Personen neben einander laufen. Wenn sie wirklich bis vor kurzem der einzige Ein- und Ausgang waren, dann war das einfach lächerlich. Noch schlimmer: Es war vollkommen verrückt.
    Auch der Rest der Gruppe erreichte den Eingang, während ich noch immer fassungslos vor mich hin starrte. Emils Blick kreuzte meinen

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