ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
müssen wir aus diesem Hexenkessel raus. Danach überlegen wir uns etwas.“ Aljoscha sah besorgt auf mich runter, während ich immer langsamer lief.
„Was… was ist mit den anderen?“
„Denen geht es gut. Mach dir keine Sorgen.“ Beruhigte er mich.
Nur wenige Minuten später erreichten wir den Stadtrand. Ich blickte noch einmal zurück und sah das Feuer, das sich wie ein glühender Mantel über die kleine Stadt gelegt hatte. Am Horizont schlug es in kraftvollen Wellen Richtung Himmel aus und ließ die Nacht noch schwärzer erscheinen. In der Ferne hörte man immer noch Explosionen und das Rauschen von weiteren Kampfjets.
„Sind Anna und Veit noch in der Stadt?“
„Nein. Sie sind jetzt schon auf dem Weg zu unserem Treffpunkt. Und wir sollten uns auch beeilen dort hinzukommen. Du bist verletzt und brauchst medizinische Versorgung.“
„Was ist mit Radu?“ Aljoscha legte seine Hand an meine unverletzte Schulter.
„Wir finden ihn.“
Er sagte es mit dieser Überzeugungskraft in seiner Stimme, die mich alles glauben ließ. Er log nicht. Er würde zumindest alles tun, um ihn zu finden. Wieder einmal. Aber diesmal würde ich ihn nicht alleine gehen lassen.
Wir drangen ein Stück in das Waldgebiet ein, das die kleine Stadt von östlicher Seite umschloss. Aljoscha blieb abrupt stehen und drehte sich zu mir um.
„Bleib immer zwei Schritte hinter mir. Bleib genau auf meinem Pfad. Zur Ostseite ist das Gebiet um diese Stadt vermint.“ Warnte er mich.
Ich musste schwer schlucken. Ich konnte mir kaum einen grausameren Tod vorstellen, als von einer Landmine zerrissen zu werden.
„Und du kannst die Minen erkennen?“
„…Nein.“ Sagte er mit einem leisen Lachen „Aber trotzdem bleibst du besser immer hinter mir.“
19
Ich fiel hinter Aljoscha zurück, als ich mich an einem Baum festhielt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Meine Verletzungen bluteten kaum noch, trotzdem fühlte ich mich immer schlechter. Was war nur los mit mir? Langsam wich das Adrenalin aus meinem Körper und die Schmerzen waren wieder sehr präsent. Aljoscha bemerkte, dass ich nicht mehr hinter ihm war und kam zurück. Er lehnte mich gegen den Baum und wischte mir mit seinen Fingern den Schweiß von der Stirn. Durch das massive Feuer in der Stadt, die wir noch nicht weit hinter uns gelassen hatten, war es gerade noch hell genug, um im Wald nicht völlig die Orientierung zu verlieren. Erst jetzt schaltete Aljoscha die kleine Taschenlampe an, die auf sein Gewehr aufgesetzt war. Es war nur meine Vermutung, aber er sah bestimmt auch nachts noch sehr gut. Er machte sie für mich an. Damit ich ihn besser sehen konnte.
„Wir machen eine Pause.“
„Aber… aber wir sind noch… so nah an der Stadt. Wir müssen… zum Treffpunkt.“ Sagte ich keuchend und in abgehackten Sätzen. Wir liefen nicht, wir gingen nur schnell und trotzdem war ich bereits außer Atem. Ich versuchte ruhig zu atmen und wartete darauf, dass mein Puls sich normalisierte.
„Okay, dann trage ich dich, obwohl ich eigentlich nicht will, dass uns die Landmine dann beide zerfetzt, wenn ich nicht-.“
„Nein.“ Unterbrach ich ihn. „Nein, schon okay. Wir machen eine kurze Pause… Aber nicht wegen der Minen…“
Er begann zu grinsen.
„Schon klar.“ War seine einzige Antwort darauf.
Ich ließ mich langsam zu Boden sinken und lehnte mich wieder gegen den Baum. Aljoscha hockte sich zu mir und leuchtete mit der Lampe auf den Boden direkt vor meinen Füßen. Für eine Weile schwiegen wir einfach, obwohl ich etwas sagen wollte. Obwohl ich vieles sagen wollte.
„Wie wird es jetzt weitergehen?“ Fragte ich schließlich.
Es war von allen Fragen die mit Abstand wichtigste also stellte ich sie auch zuerst, obwohl ich fürchtete etwas zu hören, was ich nicht hören wollte. Bevor Aljoscha antwortete, nahm er den Kommunikator ab und steckte ihn in seine Tasche. Ich begriff sofort: Was er jetzt sagen würde, sollte besser niemand wissen.
„…Wir… werden von der Bildfläche verschwinden.“ Sagte er leise, aber voller Überzeugung in der Stimme.
„Und mit ‚wir‘ meinst du dich
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