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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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anderer mehr erzählen könnte. Vielleicht ist es bald so weit, dass ich Sie informieren kann. Aber da alle tot sind, ist es möglicherweise gar nicht angebracht. In einem Punkt möchte ich Ihnen noch auf die Sprünge helfen. Sie haben sicher über den Prozess dieses Kapitäns gelesen – der Name ist mir entfallen –, der verurteilt wurde und seine wohlverdiente Strafe absaß. Er hatte Landesverrat begangen. Aber Mary Jordan…«
    »Ja?«
    »Nun, nennen wir sie ruhig eine Spionin. Aber sie war keine deutsche Spionin, keine Agentin einer feindlichen Macht. Hören Sie genau zu, mein Lieber!«
    Mr Robinson senkte die Stimme und beugte sich über den Schreibtisch vor.
    »Sie gehörte zu uns!«

15
     
    » A ber das ändert alles«, sagte Tuppence.
    »Ja.« Tommy nickte. »Ja. Es war – ein Schlag aus heiterem Himmel.«
    »Warum hat er es dir erzählt?«
    »Das weiß ich nicht. Ich dachte… ach, mir sind mehrere Möglichkeiten eingefallen.«
    »Hat er… Tommy, wie sieht er eigentlich aus? Du hast ihn mir gar nicht beschrieben.«
    »Vor allem ist er gelb. Gelb, groß, fett und sehr alltäglich, gleichzeitig ist er aber überhaupt nicht alltäglich. Er ist, wie Mutton-Chop sagte, ganz oben.«
    »Du klingst, als redest du von einem Popsänger.«
    »An diese Ausdrücke gewöhnt man sich allmählich.«
    »Aber warum? Warum verrät er dir was, das er offenbar gar nicht verraten wollte?«
    »Es ist so lange her! Ich vermute, dass es keine Rolle mehr spielt. Wenn du bedenkst, was heute an Geheimmaterial frei gegeben wird. Sie halten nichts mehr unter Verschluss und geben alle Tatsachen bekannt, wer wann was geschrieben oder gesagt hat, worüber gestritten und was vertuscht wurde.«
    »Du bringst mich ganz durcheinander, Tommy. Außerdem ist unser Blickwinkel falsch, findest du nicht?«
    »Wieso?«
    »Na ja, als wir diese unterstrichenen Stellen im Schwarzen Pfeil fanden, schien alles ganz klar. Es musste ein Familienmitglied oder ein Hausbewohner sein, der Mary Jordans Ermordung inszenierte. Wir wussten nur nicht, wer Mary Jordan war, und das war sehr verwirrend.«
    »Weiß der Himmel, es stimmt!«, bestätigte Tommy.
    »Viel haben wir nicht über sie herausbekommen – nur…«
    »… dass sie anscheinend eine deutsche Spionin war. Das meinst du doch, nicht? Das hast du entdeckt.«
    »Ja, und das habe ich auch geglaubt und…«
    »Und jetzt wissen wir, dass es nicht wahr ist. Sie war das genaue Gegenteil!«
    »Sie war eine Art englische Spionin.«
    »Sie muss im englischen Nachrichtendienst oder Geheimdienst beschäftigt gewesen sein und ist hergekommen, um etwas aufzudecken. Sie sollte etwas über – na, wie heißt er nochmal –, über diesen Marineoffizier herausfinden. Vielleicht war hier ein Nest deutscher Agenten – wie damals im Fall N. und M. –, die einen Coup vorbereiteten.«
    »Das scheint fast so.«
    »Und sie kam mit dem Auftrag, möglichst viel herauszufinden.«
    »Hm.«
    »Dann bedeutet ›einer von uns‹ nicht das, was wir geglaubt haben. ›Einer von uns‹ muss jemand gewesen sein, der hier in der Nähe lebte oder etwas mit unserem Haus zu tun hatte oder aus einem besonderen Anlass im Haus war. Und sie starb eines gewaltsamen Todes, weil jemand herausfand, wer sie wirklich war. Und das wiederum hat Alexander entdeckt.«
    »Vielleicht hat sie vorgegeben, für Deutschland zu spionieren«, sagte Tuppence, »und sich mit diesem Kapitän – wer das auch gewesen ist – angefreundet.«
    »Nennen wir ihn einfach Kapitän X«, schlug Tommy vor.
    »Schön, Kapitän X.«
    »Übrigens hat hier auch ein Agent einer ausländischen Macht gelebt, der Chef einer großen Organisation. Er wohnte in einem kleinen Haus nicht weit vom Quai, wenn ich richtig informiert bin, und hat Propagandaschriften veröffentlicht, dass es das Beste wäre, wenn wir uns Deutschland anschlossen und gemeinsame Sache machten.«
    »Das ist alles so verwirrend, Tommy. So viele Pläne und Geheimdokumente und Verschwörungen… jedenfalls haben wir an den falschen Orten gesucht.«
    »Nein, das finde ich nicht«, sagte Tommy.
    »Wieso nicht?«
    »Weil… wenn Mary Jordan hier war, um etwas herauszufinden, und das auch schaffte, dann hat vielleicht Kapitän X oder jemand anders – es müssen noch mehr Leute in die Sache verwickelt gewesen sein –, also, als die dahinter kamen…«
    »Jetzt bring mich nicht schon wieder durcheinander!«
    »… als sie dahinter kamen, mussten sie sie…«
    »Zum Schweigen bringen«, vollendete Tuppence den

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