Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Zwischenfall gesagt? Ich meine, Isaac.«
»Dass man mit so was rechnen müsste, weil die Kutsche so alt wäre.«
»Aber er hat auch gemeint, dass jemand daran herummanipuliert haben könnte?«
»Ja«, antwortete Tuppence. »Er war ganz sicher. ›Oh‹, hat er gesagt, ›die Kinder müssen da gewesen sein und sind damit gefahren. Sie machen alles kaputt, wissen Sie. Nicht, dass ich sie beobachtet hätte, die richten es immer so ein, dass ich sie nicht erwische. Sie warten, bis ich weg bin, Madam.‹ Na, dann habe ich ihn gefragt, ob er es nur für einen dummen Streich hielt?«
»Und?«
»Er wusste es nicht so recht!«
»Das kann es natürlich auch gewesen sein«, sagte Tommy. »Die Menschen sind leider so.«
»Willst du damit andeuten, dass das Ganze Absicht war? Aber, Tommy, das ist doch Unsinn!«
»Ja, es hört sich unsinnig an, aber manchmal ist es das gar nicht. Es hängt ganz vom Wo und Wie ab. Und warum es geschieht.«
»Ich sehe in diesem Fall wirklich keinen Grund.«
»Vermutlich will man uns von hier vertreiben.«
»Warum denn? Wenn jemand unbedingt das Haus haben will, braucht er uns doch nur ein verlockendes Angebot zu machen.«
»Ja, das ginge natürlich.«
»Hm, komisch – soweit wir wissen, hat keiner das Haus haben wollen. Bei der Besichtigung waren wir allein. Allgemein wurde angenommen, dass es so billig angeboten wurde, weil es altmodisch ist und man so viel reparieren muss.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass man uns umbringen wollte. Vielleicht war man nur über deine Neugier beunruhigt. Weil du zu viel gefragt hast.«
»Du meinst, dass ich etwas aufgerührt habe, das nicht aufgerührt werden sollte?«
»Ja, etwas in der Art. Zum Beispiel wäre es angenehm, wenn wir plötzlich feststellten, dass es uns hier nicht gefällt, das Haus zum Verkauf anböten und fortzögen. Damit wären sie sicherlich zufrieden. Ich glaube nicht, dass man…«
»Wen meinst du mit ›man‹?«
»Keine Ahnung«, sagte Tommy. »Damit müssen wir uns später befassen.«
»Und was ist mit Isaac?«
»Wieso?«
»Ich weiß auch nicht. Ich überlege nur, ob er etwa damit zu tun hat.«
»Er ist ein sehr alter Mann; er lebt schon lange hier und weiß ziemlich viel. Wenn ihm jemand eine Fünfpfundnote zusteckt, glaubst du, dass er dann die Räder von Wahreliebe losschraubt?«
»Nein, das glaube ich nicht. Dazu ist er zu vernünftig.« Tuppence schüttelte den Kopf.
»Darum geht es nicht. Er braucht nur den Geldschein zu nehmen, ein paar Schrauben loszudrehen oder hier und da ein Stückchen Holz abzubrechen, damit – damit das Wägelchen in die Brüche geht, wenn du das nächste Mal den Hügel hinunterfährst.«
»Deine Fantasie geht mit dir durch!«
»Na, du hast dir auch schon allerhand dummes Zeug eingebildet.«
»Ja, aber es passte dann doch. Es passte zu dem, was wir gehört hatten.«
»Wenn man das Ergebnis meiner Ermittlungen oder Nachforschungen – oder wie immer du es nennen willst – auswertet, scheinen wir nicht das Richtige gehört zu haben.«
»Das habe ich doch eben schon gesagt: Es ändert alles! Jetzt, da wir wissen, dass Mary Jordan keine ausländische, sondern eine britische Agentin war. Sie hatte hier einen Auftrag auszuführen. Vielleicht hat sie ihn tatsächlich erledigt.«
»Dann«, sagte Tommy, »lass uns das erst genau klären und unsere neueste Information einfügen. Also: Sie war hier, um etwas herauszubekommen.«
»Ja. Vermutlich etwas über diesen Kapitän X. Du musst dich nach seinem Namen erkundigen. Es ist so langweilig, ihn nur X nennen zu können.«
»Schon gut. Aber du weißt, wie kompliziert so was ist.«
»Weiter: Sie hat etwas entdeckt und darüber berichtet. Vielleicht hat jemand den Brief geöffnet.«
»Welchen Brief?«, fragte Tommy.
»Den, den sie an ihre Kontaktperson schrieb.«
»Ja.«
»Vielleicht war’s ein Verwandter, ihr Vater oder ihr Großvater?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. So werden solche Dinge nicht gehandhabt. Vielleicht hat sie den Namen Jordan ohne besonderen Grund angenommen oder man hielt ihn für unverfänglich, weil er sie in keiner Weise festlegte.«
»Und dann kam sie hierher – als was? Das wissen wir nicht. Und sie muss ja nicht unbedingt einen Brief geschrieben haben. Sie kann nach London gefahren sein und Bericht erstattet haben. Sagen wir, sie hatte ein Stelldichein im Regent’s Park.«
»Gewöhnlich ist es umgekehrt«, wandte Tommy ein. »Ich meine, man trifft sich dort mit einem Mitglied der Botschaft des
Weitere Kostenlose Bücher