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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sammle alte Fotoalben. Solche.«
    Wie durch Zauberei hielt sie plötzlich das alte Album in der Hand, das Mrs Griffin ihr geschenkt hatte.
    »Oh, das muss sehr alt sein«, sagte Mr Durrance. »Ich schätze, mindestens fünfzig Jahre. Damals hatten alle Leute solche Alben.«
    »Ja, und auch Geburtstagsbücher.«
    »Geburtstagsbücher – daran erinnere ich mich noch. Meine Großmutter hatte eines. Alle ihre Bekannten mussten sich eintragen. Wir führen übrigens Geburtstagskarten, obwohl die gar nicht mehr so viel gekauft werden. Jetzt müssen es Karten zum Valentinstag sein und natürlich in allen Variationen zu Weihnachten.«
    »Ich wusste nicht, ob Sie noch alte Fotoalben haben – wie sie heute keiner mehr kauft. Mich interessieren sie, weil ich sie sammle. Ich möchte möglichst viele verschiedene zusammenbekommen.«
    »Nun ja, heute sammelt jeder etwas. Es ist kaum zu glauben, was alles gesammelt wird. Ich fürchte nur, dass ich kein so altes Album habe wie das Ihre. Ich will gern nachsehen.«
    Mr Durrance trat hinter die Theke und zog eine große Schublade auf.
    »Hier liegt eine Menge altes Zeug«, sagte er, »das ich schon immer mal durchsortieren wollte. Ich bin nicht sicher, was sich davon verkaufen lässt. Hochzeitsfotos in Mengen. Doch Hochzeiten sind leider etwas Aktuelles. Später kommt niemand mehr, um sich Fotos von früheren Hochzeiten anzusehen.«
    »Erscheint denn nie jemand bei Ihnen und sagt zum Beispiel: ›Meine Großmutter hat hier geheiratet. Kann es sein, dass Sie noch Bilder von der Hochzeit haben?‹«
    »Das hat mich, glaube ich, noch nie jemand gefragt«, sagte Durrance. »Aber man kann nie wissen. Die Leute haben die merkwürdigsten Wünsche. Manchmal kommt jemand und erkundigt sich, ob wir ein Negativ von einem Babyfoto aufgehoben haben. Sie wissen ja, wie Mütter sind. Sie fragen nach Babybildern ihrer Kinder. Und was sind das oft für schreckliche Fotos! Manchmal ist sogar die Polizei schon bei uns aufgetaucht. Wissen Sie, um jemand zu identifizieren, der hier als Junge gelebt hat; sie wollen wissen, wie er aussieht – oder vielmehr, wie er ausgesehen hat und ob er dem gleicht, den sie erwischt haben oder nach dem sie wegen Mordes oder Betrugs suchen. Ich muss sagen, dass so was das Geschäft gelegentlich ein bisschen in Schwung bringt.« Mr Durrance lächelte fröhlich.
    »Oh, Sie scheinen sich für Verbrechen ja sehr zu interessieren!«
    »Ach, wissen Sie, man liest doch jeden Tag davon. Warum etwa ein bestimmter Mann vor sechs Monaten seine Frau getötet hat. Das ist doch interessant. Da gibt es immer Leute, die beschwören, dass sie noch lebt. Andere wieder behaupten, er hätte sie irgendwo vergraben und sie wäre noch nicht gefunden worden. Stellen Sie sich mal vor, wie wichtig ein Foto dieses Mannes wäre!«
    »Ja«, sagte Tuppence.
    Obwohl sie sich gut mit Mr Durrance verstand, hatte sie das Gefühl, dass sie nicht viel Nützliches erreichen würde.
    »Sie haben nicht zufällig noch alte Fotos von einer jungen Frau, die – soviel ich weiß – Mary Jordan hieß? Es ist schon sehr lange her, fast sechzig Jahre, glaube ich. Sie ist hier gestorben.«
    »Das ist lange vor meiner Zeit«, antwortete Mr Durrance. »Mein Vater hat sehr viel aufgehoben. Wissen Sie, er war ein richtiger Sammler. Er konnte einfach nichts wegwerfen. Schade, er hätte es bestimmt gewusst oder sich erinnert… Mary Jordan – irgendwie kommt mir der Name bekannt vor. Ging es nicht um die Marine und ein U-Boot? Und dann wurde behauptet, sie wäre eine Spionin, nicht wahr? Sie war eine halbe Ausländerin. Hatte eine russische oder deutsche Mutter – eine japanische wäre auch nicht ausgeschlossen.«
    »Ja, das ist sie. Ich dachte nur, dass Sie vielleicht noch Bilder von ihr hätten.«
    »Ich glaube kaum. Wenn ich später etwas mehr Zeit habe, werde ich gern nachsehen und Ihnen dann Bescheid geben, ob sich was findet. Sind Sie etwa Schriftstellerin?«, fragte er hoffnungsvoll.
    »Mein Beruf ist es nicht«, sagte Tuppence, »aber ich wollte einen kleinen Band veröffentlichen. Wissen Sie, ein Rückblick auf die Zeit von vor hundert Jahren bis heute. Sie verstehen sicher: seltsame Ereignisse, die sich abgespielt haben, zusammen mit Verbrechen und Abenteuern. Natürlich mit alten Fotografien. Das interessiert die Leute und für so ein Buch wären sie hervorragende Illustrationen.«
    »Ich werde mir jede Mühe geben, Ihnen zu helfen. Das muss eine interessante Beschäftigung für Sie sein. Eine interessante

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