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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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leid?«
    »Das«, sagte eine Stimme in ihrem Rücken.
    Grimm hielt ihr die Spitze eines Dolches an den Hals. Sechs Soldaten sprangen hinter den Fässern hervor.
    »Sie begehen einen großen Fehler«, sagte Zelie in dem verzweifelten Versuch, sich zu wehren. »Ich bin Botschafterin, haben Sie das vergessen?«
    Grimm grinste breit und entblößte seine schiefen gelben Zähne.
    »Bald bist du eine unserer Sklavinnen«, sagte er hämisch. »Soldaten, schafft mir die beiden fort und bringt sie in die Kloake. Der Doktor wird ihnen ein paar Fragen stellen, bevor er ihnen Nabelringe anlegt!«
    Zelies Knie gaben nach.
    Der Nabelring.
    Der schlimmste Alptraum auf Erden.

46. Entropia
    E ine endlose Vorhölle.
    Ambre und Tobias ritten auf Gus und Plusch durch die trostlose Landschaft Entropias. Keine Pflanze hatte überlebt, übrig blieben nur staubtrockene, rußige Gräser, die bei der kleinsten Berührung zerfielen, Wälder aus verrenkten, toten Stämmen und blattlosen Ästen. Es herrschte tiefe Stille, kein Vogel war weit und breit zu hören, nur hin und wieder eine eisige Windböe und in der Ferne das Grollen des Donners.
    Der entropische Sturm trocknete die Natur aus. Auch den Verfall der Städte schien er zu beschleunigen. Zwar machten sie jedes Mal, wenn sie auf die Überreste von Häusern trafen, einen großen Bogen darum, um unliebsame Begegnungen mit wilden Tieren zu vermeiden, doch selbst aus der Ferne war nicht zu übersehen, dass die Städte nur noch aus verwitterten Ruinen bestanden.
    In allen Bächen und Flüssen, an denen sie vorbeikamen, schien das Wasser stillzustehen, und in ihren Tiefen gab es kein Leben mehr.
    Entropia vernichtete alles, selbst die grundlegenden Kräfte der Natur.
    Die einzige Veränderung war der stetige Wechsel von Tag und Nacht. Richtig hell wurde es allerdings nie. Vier Tage lang ritten die beiden Freunde forsch durch die ewige Dämmerung dahin. Ihre Wasserreserven gingen allmählich zur Neige. Wenn sie ihr Ziel nicht innerhalb von drei Tagen erreichten, würde ihnen nicht genug Wasser für den Rückweg bleiben. Erst in Quebec konnten sie ihre Flaschen wieder auffüllen. Der Sankt-Lorenz-Strom war bisher zum Glück noch nicht von Entropia verseucht.
    Auf dem Weg begegneten ihnen viele grauenhafte Kreaturen, meistens Rieseninsekten, vor denen sie sich verstecken mussten. Zweimal benutzte Tobias seinen Bogen und erledigte mit Ambres Hilfe einen Skorpion von Pluschs Körpermaßen und einen wildschweingroßen Käfer.
    Ambre gebrauchte nur ihre Alteration und nicht das Herz der Erde, um ihre Kräfte zu schonen.
    Die größte Gefahr drohte ihnen jedoch von oben.
    Zahlreiche Vögel, die wie tote Krähen aussahen, kreisten tief am Himmel von Entropia: die Späher der Foltergeister. Jedes Mal, wenn sich vor ihnen ein Schatten abzeichnete, versteckten sich die beiden Freunde hinter dem nächsten Felsen oder krochen in ein trockenes Dornengebüsch, in der Hoffnung, dass die Vögel sie nicht bemerkt hatten.
    Je weiter sie ins Innere von Entropia vordrangen, desto kälter und unwirtlicher wurde die Gegend. Der Sturm hatte die Erdkruste aufgerissen, Risse und Spalten klafften im Boden, Verwerfungen brachten neues Gestein zum Vorschein, Steine und Felsen brachen aus dem Boden hervor und formten eine immer aggressiver anmutende Landschaft.
    Die Kreaturen, denen sie begegneten, nahmen immer größere Körpermaße an. Sie sahen einen Ohrwurm von der Größe eines Busses und erstarrten angesichts der Silhouette eines etwa dreißig Meter langen Spinnenbeins, das vor ihnen herabfuhr und sich wieder hob, ohne dass seine Besitzerin sie bemerkte.
    Sollte Entropia Eden erreichen, war ihre Welt verloren. Schlimmer noch: Breitete sich der Sturm auf dem ganzen Erdball aus, würden weder Pans noch Große länger als wenige Wochen überleben.
    Ambre und Tobias hatten das Ende der Welt vor Augen.
    Die Hölle auf Erden.
    Wer war dieser Gagöl, dieses Wesen, das Entropia entfesselte und die Foltergeister befehligte?
    Woher stammte er?
    Hatte er den Sturm verursacht, der die menschliche Zivilisation verändert hatte? Je näher Ambre und Tobias ihm kamen, desto mehr zweifelten sie daran. Der Sturm hatte den Menschen eine Lehre erteilt, sie zurechtgewiesen und zu mehr Demut ermahnt. Er hatte der Natur neue Kräfte verliehen, damit sie in der Lage war, sich durchzusetzen und der Menschheit den Respekt einzuflößen, den sie im Laufe der Zeit verloren hatte.
    Es ging um Harmonie zwischen Mensch und Natur.
    Entropia hingegen

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