Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
wirklich ernsthaft wütend auf ihn.
Gerade als sie ihm ihre Liebe offenbart hatte, gerade als sie endlich wieder zueinandergefunden hatten, beschloss Matt, fortzugehen.
Er konnte sie verstehen, litt aber auch unter ihrer Abwesenheit. Gus reichte ihm nicht. Er wollte sie in die Arme schließen, um eine Erinnerung zu haben, die ihm in schwierigen Zeiten das Herz wärmen würde.
Er beschloss, noch ein paar Minuten zu warten. Als sie sich immer noch nicht blicken ließ, entschied er, dass es Zeit zum Aufbruch war. Er bedeutete Floyd mit einer Handbewegung, voranzugehen, und verabschiedete sich von Melchiot.
»Seid vorsichtig«, riet ihm dieser. »Wir werden den Foltergeist so lange wie möglich aufhalten. Nehmt den kürzesten Weg nach Norden. Wenigstens wissen wir, dass diese Kreaturen nicht besonders schnell sind. Wenn ihr zügig marschiert, kann er euch wahrscheinlich nicht einholen.«
»Mit Floyd und Amy an unserer Seite werden wir uns nicht verirren. Jedenfalls nicht, bis wir den letzten Vorposten erreichen. Wache gut über Eden, Melchiot. Du weißt, dass ich mehr als nur Freunde hier zurücklasse.«
»Du kannst dich auf mich verlassen, Matt.«
Der kleine Trupp machte sich auf den Weg. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sechs Pans und sechs schwerbeladene Hunde durch das Nordtor der Stadt schritten und auf den dunklen Horizont zumarschierten.
Matt war in Gedanken zigmal alle Dinge durchgegangen, die sie mitnehmen mussten. Dennoch hatte er das unangenehme Gefühl, dass sie überstürzt aufgebrochen waren und etwas Wichtiges vergessen hatten.
Sie hatten genug Vorräte für eine Weile, und sie kamen an einigen Dörfern vorbei, wo sie sich mit Nahrungsmitteln eindecken konnten. Außerdem konnten sie auf die Jagd gehen.
Jeder von ihnen trug irgendeine Art von Waffe, dafür hatte Matt gesorgt. Bei einer Reise ins Ungewisse musste man auf alles gefasst sein.
Sie waren bereits seit vier Stunden unterwegs.
Der Trupp hatte die Felder und Weiden um Eden hinter sich gelassen und durchquerte nun ein Waldgebiet, das hie und da von ausgedehnten grasigen Lichtungen und sanften Hügeln unterbrochen wurde.
Matt wuschelte Plusch hin und wieder mit der Hand durch das Fell. Diese seltsame Mischung aus Furcht und Aufregung … es hatte ihm gefehlt.
In ein paar Tagen käme noch die Erschöpfung hinzu.
Er war wieder unterwegs.
Matt beugte sich vor, um den Geruch seiner Hündin einzuatmen.
Das Gewicht des Schwerts auf seinem Rücken gab ihm Sicherheit.
Auch wenn er es hasste, die Waffe zu benutzen.
Matt war durcheinander. Er war hin- und hergerissen zwischen der Freude über die wiedergewonnene Freiheit und der Angst, seine Freunde in Gefahr zu bringen.
Vielleicht hätte ich allein losziehen sollen …
Die Sonne war vor mehr als zwei Stunden aufgegangen, und es wurde immer wärmer. Die Pans legten Mäntel und Umhänge ab und packten sie den Hunden auf den Rücken. Die Tiere schienen das zusätzliche Gewicht kaum zu spüren. Matt hatte den Eindruck, dass auch sie sich darüber freuten, unterwegs zu sein.
Sie glauben, wir unternähmen einen Ausflug … Sie haben keine Ahnung, welche Gefahren auf sie lauern.
Aber konnte er da so sicher sein? Plusch war ungeheuer intelligent, und es hätte Matt nicht überrascht, wenn sie sowohl den Anlass der Reise als auch ihr Ziel gekannt hätte.
Eine Stunde später schlug er einen Halt vor, damit sie sich ausruhen, etwas trinken und eine Kleinigkeit essen konnten. Matt wusste aus Erfahrung, dass man in den ersten Tagen möglichst viel Strecke machen wollte und deshalb dazu neigte, nicht genug Pausen einzulegen und seine Kräfte zu überschätzen.
Floyd nutzte die Rast, um ein paar Pilze zu sammeln, die ihm zufolge herrlich schmecken würden, und am frühen Nachmittag zogen sie weiter.
Diese letzten Dezembertage ähnelten einem goldenen Herbst: Die Sonne schien, es herrschten angenehme Temperaturen, und es regnete nur wenig. Niemand wusste, wieso das Klima verrücktspielte, aber immerhin konnten die Pflanzen auf diese Weise weiterwachsen, ohne eine sechsmonatige Winterpause einzulegen. Und Matt hoffte, dass das schöne Wetter auf ihrer Reise anhalten würde. Er hatte allen Expeditionsteilnehmern aufgetragen, für den Fall, dass es kalt wurde und schneite, warme Kleidung einzupacken, hoffte aber, dass sich seine Vorsichtsmaßnahme als überflüssig erweisen würde.
Sie marschierten seit einer ganzen Weile schweigend dahin, nur das monotone Stampfen ihrer Schritte war zu
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