Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
Regenvorhang.
Die Pans hatten ihre zweite Schlacht gewonnen.
Aber es war ein freudloser Sieg.
Ein bitterer Triumph.
52. Gang durch die Mauer
M elchiot ritt neben Zelie.
»Die Erste Armee hatte sich in kleine Trupps aufgeteilt«, sagte er, »da hatten wir leichtes Spiel. Und die Dritte Armee war uns zahlenmäßig unterlegen. Trotzdem haben wir beide Male hohe Verluste einstecken müssen. Ich sage es dir ganz ehrlich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das lange durchhalten. Die Zyniks sind stark, und sie kämpfen verbitterter als wir, bis zum letzten Mann. Bei einem Frontalangriff haben wir gegen die Zweite Armee keine Chance.«
»Ich weiß. Deswegen haben wir ja die Tarnschilde aus Gras gebaut. Wenn es uns gelingt, einen Keil zwischen die Soldaten zu treiben und einen Großteil der Armee so weit auf Abstand zu halten, dass unsere Bogenschützen und die Feuerwerfer allein mit ihnen fertig werden, können wir es schaffen.«
»Die Sache mit den Tarnschilden ist riskant. Die Kavallerie ist so schnell losgestürmt, dass sie die Pans fast über den Haufen geritten hätte, bevor sie aus der Deckung gesprungen sind. Und dann wäre unsere ganze Kampfaufstellung durcheinandergeraten.«
»Eine bessere Idee habe ich leider auch nicht.«
Nach Einbruch der Dunkelkeit kehrte Maylis mit schlechten Nachrichten von ihrem Erkundungsritt zurück.
»Die Armee der Mampfer, von der Floyd uns berichtet hat, ist in der Festung im Pass«, platzte sie heraus, sobald sie ins Zelt trat.
»Bewachen sie die Burg?«
»Nein, sie lagern dort nur. Außerdem habe ich südlich der Festung Tausende von Zyniks anmarschieren sehen, das ist bestimmt die Zweite Armee. Sie werden warten müssen, bis die Mampfer Richtung Norden aufbrechen, bevor sie die Burg passieren können.«
»Sie werden alle zusammen durch den Pass der Wölfe nach Eden ziehen. Die Strategie hat sich nicht geändert, es sind nur mehr geworden.«
»Wir können nicht gegen das Heer der Mampfer und die Zweite Armee gleichzeitig kämpfen, das würde keiner von uns überleben!«, protestierte Maylis.
»Alle feindlichen Truppen werden die Festung passieren. Wir müssen sie einnehmen, wenn gerade niemand dort stationiert ist.«
»Wir sollen uns also in der Festung einschließen, nachdem die Mampfer weg sind und bevor die Zweite Armee eintrifft? Dann sitzen wir doch in der Falle! Die Ratsversammlung war sich einig, dass wir uns nie einkesseln lassen dürfen!«
»Ja, aber die Umstände haben sich geändert. Es wäre tatsächlich Selbstmord, die Mampfer frontal anzugreifen, wenn hinter ihnen schon die nächste Zynik-Armee anrückt. Die Festung ist der einzige strategische Vorteil, den wir uns beschaffen können. Sobald Malronce zu Ohren kommt, dass wir hier aufmarschieren und bewaffnet sind, wird sie ihre Pläne verwerfen und alle ihre Truppen zusammenziehen, um sie auf uns zu hetzen.«
»Und dann wäre es unmöglich, die Festung zu erobern«, begriff Maylis.
»Genau. Solange wir den Überraschungseffekt noch auf unserer Seite haben, können wir uns sicher eine List ausdenken, um in die Festung zu kommen.«
Maylis, die seit dem Morgen nichts gegessen hatte, nahm sich einen Apfel und biss kräftig hinein.
»Gut, wir warten, bis die Mampfer die Festung verlassen haben«, sagte sie kauend. »Unsere Regimenter verstecken sich im Wald und unter den Tarnschilden, und wir schicken eine Kommandotruppe los, die uns das Tor öffnet.«
»Wir müssen schnell sein«, fügte Zelie hinzu. »Sollte die Zweite Armee währenddessen das Tor auf der anderen Seite erreichen, sind wir geliefert.«
»Das kann klappen.«
»Nein, es muss klappen.«
Maylis schluckte einen Apfelbissen hinunter und sah ihre Schwester an.
»Ich hoffe, dass wir die richtige Entscheidung treffen. Denn wenn wir erst einmal drin sind, können wir nicht mehr raus.«
Der Regen war noch stärker geworden.
Man sah keine fünfzig Meter weit.
Nur mit Mühe machten die Pans die schaukelnden Lichter in der Mitte des Passes aus. Hunderte von Laternen, die im unbeholfenen Marschrhythmus der Mampfer schwankten. Das Heer war so riesig, dass es zwei Stunden dauerte, bis alle Mampfer die Festung verlassen hatten, begleitet von einigen dunklen Gestalten zu Pferd.
Floyd und Franklin, die als Weitwanderer gelernt hatten, sich unauffällig an Gefahren anzupirschen, wagten sich ganz in die Nähe der Karawane vor. Nachdem sie die Armee genau inspiziert hatten, kehrten sie zu dem Kommandoposten zurück, wo Zelie und Maylis die
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